Die Analyse und Ratinggesellschaft Morningstar listet Nissan und Renault aktuell unter den Top five der am stärksten unterbewerteten Aktien der Welt. Was meinen die besten deutschen Auto-Experten Dudenhöffer und Pieper?
Japans Nissan und Frankreichs Renault werden derzeit laut Schätzungen von Morningstar mehr als 50 Prozent unter ihrem Fair Value gehandelt. Das Verhältnis von Kurs zu Fair Value soll Investoren Aufschluss darüber geben, wo der Aktienkurs eines Unternehmens im Vergleich zum geschätzten fairen Preis steht. So deute ein Verhältnis von eins zum Beispiel darauf hin, dass eine Aktie völlig fair bewertet sei, während ein Verhältnis von 0,50 eine Unterbewertung um 50 Prozent signalisiere.
Die beiden Automobilhersteller sind Mitglieder der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi, die insgesamt fast acht Millionen Fahrzeuge pro Jahr produziert. Die jüngste Performance von Nissan sei düster gewesen, schreibt Morningstar, da die Pandemie das Turnaround-Programm des Unternehmens verlangsamt habe. Der Aktienkurs sank in den vergangenen fünf Jahren um 43 Prozent. Die hohe Fluktuation in den Führungsetagen habe den Aufschwung nicht begünstigt. Dennoch gehöre Nissan zu den ersten Automobilherstellern, die ein Antriebssystem für reine Elektrofahrzeuge entwickelten, und profitiere daher von einem Erstanbieter-Vorteil.
Besonders krasse Unterbewertung
Jürgen Pieper, Auto-Analyst vom Bankhaus Metzler, teilt grundsätzlich diese Meinung der starken Unterbewertung, allerdings müsse man einschränkend sagen, dass ähnliches gerade auf den gesamten Autosektor zutreffe und historisch beide Unternehmen oft sehr niedrig bewertet waren: "Die Unterbewertung von Nissan und Renault ist allerdings besonders krass." Pieper sieht den wesentlichen Grund, der Renault und Nissan aus Investorensicht relativ unattraktiv mache, in ihrer relativ schwachen Aufstellung. So würden sie in vielen Punkten (Produktqualität, Wachstum, Rentabilität, Marktposition in China) unterdurchschnittlich abschneiden.
Oder doch eher zu hoch bewertet?
Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer blickt zunächst zurück: "Nissan und Renault waren unter Carlos Ghosn gemeinsam sehr stark. Dann sind aber die Japaner in eine Art Krieg gegen Ghosn eingetreten. Verloren haben dabei Nissan und Renault und es wird schwer, sich jetzt gegenüber VW, Toyota, Stellantis, Hyundai-Kia, GM, Ford sowie den jungen Chinesen im harten Wettbewerb im internationalen Automarkt durchzusetzen."
Die Ertragskraft der Nissan-Renault-Allianz, geschätzt nach dem Discounted Cashflow, sei nach Dudenhöffers Einschätzung deutlich geringer als der Vermögenswert der Auto-Allianz. "Daher machen Schätzungen wie von Morningstar zwar grundsätzlich Sinn. Fair Value sagt aber nichts über die zukünftige Ertragskraft aus. Nach meiner Einschätzung sind also Renault und Nissan an der Börse nicht unterbewertet, sondern eher zu hoch bewertet", fasst der Autoexperte zusammen.
Autorin: Gina Moesing, wallstreet:online Zentralredaktion
Enthaltene Werte: JP3672400003,FR0000131906