DJ Sparkassen-Ökonomen fordern Investitionsoffensive
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe haben vor einer zunehmenden Erosion des Fundaments der deutschen Wirtschaft wegen fehlender Investitionen gewarnt. Deutschland habe zwar zur Bewältigung der Corona-Krise umfangreiche Mittel bereitgestellt, doch müssten für den Umbau zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise zwingend öffentliche wie private Investitionen nachhaltig gesteigert werden. "Das Fundament unserer Wirtschaft muss dringend neu gefestigt werden. Deutschland braucht deshalb eine umfassende Investitionsoffensive", forderte der Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), Reinhold Rickes.
Investitionen für eine moderne öffentliche Infrastruktur und Investitionen in einen zeitgemäßen Kapitalstock des Privatsektors müsse man "zusammen denken". Die Sparkassen-Ökonomen rechnen mit einem zusätzlichen jährlichen Investitionsbedarf zwischen 100 und 150 Milliarden Euro für Deutschland bis 2030, allein um den Kapitalstock CO2-neutral auszurichten. Das entspreche 2,9 bis 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Jahres 2020. Ein Teil dieser Ausgaben wird nach Einschätzung der Ökonomen im öffentlichen Sektor anfallen, den Großteil werde aber der private Sektor tragen müssen.
"Wenn Deutschland seine ehrgeizigen Klimaziele erreichen möchte, sollte ein Rahmenwerk geschaffen werden, das Investitionen forciert. Notwendig sind Klarheit über die künftigen Kosten von CO2-Emissionen und steuerliche Anreize, etwa durch progressive Abschreibungen", sagte der Chefvolkswirt der Bayern LB, Jürgen Michels. Verschenkt wären Investitionen, die bloß regulatorische Vorgaben erreichen wollten. Echte Produkt- und Prozessinnovationen hingegen könnten der deutschen Wirtschaft als Technologieführer bei der "Ökologisierung" langfristige Wachstumsperspektiven eröffnen.
Die öffentliche Hand muss nach Ansicht der Chefvolkswirte die Grundlagen für zukunftsträchtige Investitionen des Privatsektors schaffen. Zwar hätten öffentliche Investitionen in Deutschland einen deutlich geringeren Anteil an der Wertschöpfung als private, sie wirkten aber neben den unmittelbaren Nachfrageimpulsen, Multiplikator- und Akzeleratoreffekten mittelfristig durch die Erhöhung des gesamtwirtschaftlichen Kapitalstocks. "Doch die Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft droht sich zu verschlechtern, weil die öffentliche Hand mit ihren Investitionen im weltweiten Vergleich seit Jahren zurückliegt, der internationale Wettbewerb schärfer wird und die strukturellen Herausforderungen größer werden", warnte der Chefvolkswirt der Nord/LB, Christian Lips.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
(END) Dow Jones Newswires
September 21, 2021 05:16 ET (09:16 GMT)
Copyright (c) 2021 Dow Jones & Company, Inc.