(Neu: Weitere Details)
MÜNSTER/HANNOVER (dpa-AFX) - Die Landesbausparkassen West und Nord stehen vor der Fusion. Die Finanzinstitute mit Sitz in Münster und Hannover teilten am Dienstag mit, dass sie eine Fusion prüfen und dafür eine Absichtserklärung unterschrieben haben. Man sehe darin "die Chance, beide Häuser zu einer noch stärkeren und schlagkräftigeren Marktposition zu führen", erklärte LBS-West-Chef Jörg Münning. Sein Pendant bei der LBS Nord, Jan Putfarken, betonte, dass beide Bausparkassen wirtschaftlich und strukturell stark seien und sich in den vergangenen Jahren an Niedrigzinsen angepasst hätten.
Die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank macht der Bausparbranche seit langem zu schaffen. Bei klassischen Bausparverträgen gibt es zunächst eine Ansparphase, in welcher der Kunde Geld zahlt - mit der Aussicht, dass der fleißige Sparer nach etwa sieben bis zehn Jahren mit einem billigen Kredit gewissermaßen belohnt wird. Doch seit langem bekommt man auch ohne Bausparvertrag niedrigverzinste Darlehen. Daher nehmen nur wenige Sparer ihr Recht auf einen Kredit im Rahmen des Bausparvertrags in Anspruch. Die Nachfrage nach klassischen Baufinanzierungen ohne vorherige Sparphase steigt hingegen - das ist gut für die Kassen.
Aus Sicht des Bankwirtschafts-Professors Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim ist die Fusion naheliegend. Ein größeres Institut könne hohe Regulierungskosten, die als Folge von EU-Regeln anfielen, besser schultern, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Burghof sieht die Bausparkassen in einer schwierigen Lage - solange die Zinsen nicht stiegen, werde die Nachfrage nach Bausparverträgen niedrig bleiben. Positiv für die Branche sei hingegen ihr Ruf als zuverlässiger Partner in der Baufinanzierung. "Wenn ein Bürger die größte Investition seines Lebens tätigt, dann geht es bei der Wahl des Finanzinstituts auch um Vertrauen und Verlässlichkeit." Hierbei könnten Bausparkassen beim Verbraucher punkten.
Die LBS West und LBS Nord sind einander keine Unbekannte, denn bei der Immobilienvermittlung machen sie schon länger gemeinsame Sache: Ihre Töchter für dieses Geschäft legten sie 2013 zusammen.
Die in NRW und Bremen tätige LBS West hat insgesamt 549 Vollzeitstellen und die LBS Nord 425 - ihr Geschäftsgebiet ist Niedersachsen und Berlin. Die LBS West kam im vergangenen Jahr auf ein Bauspar-Neugeschäft von 5,3 Milliarden Euro und damit etwa eine Milliarde weniger als 2019. Ihr Pendant aus Hannover kam auf 2,6 Milliarden Euro - ebenfalls mit dickem Minus. Im ersten Halbjahr 2021 wuchs bei ihr das Neugeschäft wieder, was aber auch an der coronabedingten Flaute im Vorjahreszeitraum lag. Die LBS West veröffentlichte keine Halbjahreszahlen. Das Kreditgeschäft außerhalb von Bausparverträgen zog bei beiden Kassen im vergangenen Jahr an.
Die LBS Nord fusionierte 2001 mit der LBS Berlin. Die LBS West wiederum vergrößerte ihr Geschäftsgebiet 2014 durch eine Fusion mit der LBS Bremen. Der nun angepeilte Zusammenschluss ist noch nicht in trockenen Tüchern. Er dürfte wohl erst im kommenden Jahr oder erst 2023 vollzogen werden. Nun stehen Verhandlungen der Eigentümer an - also der zwei Sparkassenverbände in NRW sowie des niedersächsischen Sparkassenverbandes, der Nord LB und der Landesbank Berlin. Wo die künftige Zentrale sein wird, ist unklar. Als Name bietet sich LBS NordWest an, schließlich heißt der existierende Immobilienvermittler LBS Immobilien GmbH NordWest.
In der Bausparbranche ist Schwäbisch Hall Marktführer, die Nummer 2 ist Wüstenrot. Die LBS Nord hat nach eigenen Angaben einen Anteil von 33,5 Prozent beim Neugeschäft in Niedersachsen und von 12,7 Prozent in Berlin. Unter den derzeit noch acht und bald womöglich sieben Landesbausparkassen kommt die neue LBS nach aktuellen Zahlen auf Platz 1 und ist hierbei etwas größer als die LBS Südwest. Dieses Institut hat ebenfalls eine Fusion hinter sich: Es entstand 2016 nach dem Zusammenschluss der LBS Baden-Württemberg und der LBS Rheinland-Pfalz./wdw/DP/zb