BERLIN (dpa-AFX) - Der Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber hat den Teilnehmern des Berliner Hungerstreiks Respekt gezollt, sie aber dringend zum Abbruch der Aktion aufgefordert. "Dass ihr alarmiert seid, ist nur folgerichtig - ich bin selbst in größter Sorge um die Zukunft unserer Zivilisation", schrieb Schellnhuber am Mittwoch in einem offenen Brief an die Aktivisten, die seit 30. August in der Nähe des Berliner Reichstags für eine radikale Klimawende hungern.
Falls irgendwann einmal alle realpolitischen Mittel ausgeschöpft seien, könne er sich sogar vorstellen, "mich selbst an einem Klimahungerstreik zu beteiligen", schrieb der langjährige Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Doch "noch steht uns eine Fülle von gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten zur Verfügung, bei denen niemand zwingend sein Leben für die Bewahrung der Schöpfung gefährden muss".
Die Bundestagswahl werde voraussichtlich Spielräume für eine Klimapolitik eröffnen, "die der dramatischen Lage eher gerecht wird". Schellnhuber bot an, sein "Netzwerk von Kontakten zu nutzen, damit ihr mit Persönlichkeiten sprecht, die zu überzeugen sich wirklich lohnt". Diese Zeit solle man sich "nach der weitgehenden politischen Untätigkeit der letzten drei Jahrzehnte" nun noch nehmen.
Die Hungerstreikenden fordern ein öffentliches Gespräch mit den Kanzlerkandidaten am (morgigen) Donnerstag (19.00 Uhr) sowie die Einsetzung eines Klima-Bürgerrats. Die Kandidaten Armin Laschet (CDU/CSU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) haben Einzelgespräche nach der Wahl angeboten und ein Ende der Aktion gefordert. Zusagen für das öffentliche Gespräch gab es bis Mittwoch nicht, wie die Sprecherin des Hungerstreiks, Hannah Lübbert, sagte.
Falls dieses nicht zustande kommt, wollen drei Hungerstreikende die Aktion beenden. Zwei weitere drohen jedoch damit, dann nicht nur die Nahrung, sondern auch Flüssigkeit zu verweigern. Ohne Trinken drohen binnen weniger Tage ernste Gesundheitsgefahren bis hin zum Tod./vsr/DP/ngu