Berlin (ots) -
Kaum eine Bundestagswahl hat so wie diese das Parteiensystem verändert und erschüttert. Die Wählerschaft hat sich weiter fragmentiert - noch nie ist es passiert, dass die stärkste Kraft gerade einmal rund ein Fünftel der Wahlberechtigten erreicht. Von Volksparteien mag man da beim besten Willen nicht mehr sprechen; SPD und Union sind auf dem besten Wege, Klientelparteien wie etwa die FDP zu werden. Offenbar machen sie kein politisches Angebot mehr für die breite Masse. Die SPD steckt, auch wenn sie sich jetzt als Gewinnerin fühlt, noch immer tief in jenem wahlpolitischen Souterrain, in das sie nach der Schröder-Ära abgestiegen ist. Die CDU wiederum ist beim Abschied der Langzeitkanzlerin ein Scherbenhaufen - das gehört zur Bilanz jener Frau, der jetzt in höchsten Tönen nachgerufen wird.
Diverse Krisen - Finanz- und Eurokrise, Flüchtlingsdebatte, Turbulenzen in der EU, Fiasko in Afghanistan, Coronakrise, Klimawandel, ganz und gar nicht zuletzt die anhaltende soziale Spaltung - haben das Vertrauen in die Politik erschüttert und gezeigt, dass diese nur begrenzt in der Lage ist, zukunftsfähige Antworten auf existenzielle Fragen zu geben. Zukunftsfähig heißt: an die nächsten Generationen zu denken, Gerechtigkeit national und global zum entscheidenden Kriterium von Politik zu machen.
Gut möglich, dass nun eine Dreierkoalition kommt - auch das ein Novum auf Bundesebene. Wobei sich hier nur nachvollzieht, was in etlichen Bundesländern längst üblich ist. Es sei denn, die SPD ließe sich auf das absurde Wagnis ein, schon wieder mit der Union zu regieren. Einen Linksrutsch stellt diese Wahl aller Zweckpropaganda zum Trotz ohnehin nicht dar. Denn an den enttäuschten Grünen ist nicht viel links, und die SPD hat sich Türen in alle Richtungen offengehalten. Die linkeste Kraft aber unter den relevanten Parteien gehört zu den Verlierern; die Linkspartei rutscht auf das schlechteste Ergebnis ihrer nunmehr rund 15-jährigen Geschichte ab und fast in Bereiche, in denen sich einst die stark ostdeutsch geprägte PDS bewegte.
Dass es der SPD mit einem einstigen Hartz-IV-Protagonisten an der Spitze gelingt, die Linke zu marginalisieren, stellt diese vor ernsthafte Fragen. Wenn es genügt, dass die Sozialdemokratie ein bisschen links blinkt, um die Linke an den Rand der parlamentarischen Existenz zu drängen, dann muss darüber geredet werden, welchen eigenständigen politischen Gebrauchswert diese Linke für Wähler außerhalb ihrer engsten Anhängerschaft hat. Und ob sie mehr als ein Lückenfüller neben der SPD ist.
"Aus dem Programm für die Vielen eine Bewegung der Vielen zu machen, das ist für die verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl ein verdammt harter Job", hieß es in einem nd-Kommentar nach dem Linke-Wahlparteitag im Juni. Das hat sich bewahrheitet, und nun ist eine Debatte darüber fällig, was die Probleme sind in der Beziehung zwischen Partei und Wählerschaft. Denn bei fünf Prozent darf man durchaus von einer handfesten Beziehungskrise sprechen. Die Linke braucht ein reinigendes Gewitter, eine Auseinandersetzung über Inhalte, ihre Attraktivität für junge Leute und über den Umgang mit internen Differenzen. Einfache Antworten wird es dabei nicht geben.
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Kaum eine Bundestagswahl hat so wie diese das Parteiensystem verändert und erschüttert. Die Wählerschaft hat sich weiter fragmentiert - noch nie ist es passiert, dass die stärkste Kraft gerade einmal rund ein Fünftel der Wahlberechtigten erreicht. Von Volksparteien mag man da beim besten Willen nicht mehr sprechen; SPD und Union sind auf dem besten Wege, Klientelparteien wie etwa die FDP zu werden. Offenbar machen sie kein politisches Angebot mehr für die breite Masse. Die SPD steckt, auch wenn sie sich jetzt als Gewinnerin fühlt, noch immer tief in jenem wahlpolitischen Souterrain, in das sie nach der Schröder-Ära abgestiegen ist. Die CDU wiederum ist beim Abschied der Langzeitkanzlerin ein Scherbenhaufen - das gehört zur Bilanz jener Frau, der jetzt in höchsten Tönen nachgerufen wird.
Diverse Krisen - Finanz- und Eurokrise, Flüchtlingsdebatte, Turbulenzen in der EU, Fiasko in Afghanistan, Coronakrise, Klimawandel, ganz und gar nicht zuletzt die anhaltende soziale Spaltung - haben das Vertrauen in die Politik erschüttert und gezeigt, dass diese nur begrenzt in der Lage ist, zukunftsfähige Antworten auf existenzielle Fragen zu geben. Zukunftsfähig heißt: an die nächsten Generationen zu denken, Gerechtigkeit national und global zum entscheidenden Kriterium von Politik zu machen.
Gut möglich, dass nun eine Dreierkoalition kommt - auch das ein Novum auf Bundesebene. Wobei sich hier nur nachvollzieht, was in etlichen Bundesländern längst üblich ist. Es sei denn, die SPD ließe sich auf das absurde Wagnis ein, schon wieder mit der Union zu regieren. Einen Linksrutsch stellt diese Wahl aller Zweckpropaganda zum Trotz ohnehin nicht dar. Denn an den enttäuschten Grünen ist nicht viel links, und die SPD hat sich Türen in alle Richtungen offengehalten. Die linkeste Kraft aber unter den relevanten Parteien gehört zu den Verlierern; die Linkspartei rutscht auf das schlechteste Ergebnis ihrer nunmehr rund 15-jährigen Geschichte ab und fast in Bereiche, in denen sich einst die stark ostdeutsch geprägte PDS bewegte.
Dass es der SPD mit einem einstigen Hartz-IV-Protagonisten an der Spitze gelingt, die Linke zu marginalisieren, stellt diese vor ernsthafte Fragen. Wenn es genügt, dass die Sozialdemokratie ein bisschen links blinkt, um die Linke an den Rand der parlamentarischen Existenz zu drängen, dann muss darüber geredet werden, welchen eigenständigen politischen Gebrauchswert diese Linke für Wähler außerhalb ihrer engsten Anhängerschaft hat. Und ob sie mehr als ein Lückenfüller neben der SPD ist.
"Aus dem Programm für die Vielen eine Bewegung der Vielen zu machen, das ist für die verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl ein verdammt harter Job", hieß es in einem nd-Kommentar nach dem Linke-Wahlparteitag im Juni. Das hat sich bewahrheitet, und nun ist eine Debatte darüber fällig, was die Probleme sind in der Beziehung zwischen Partei und Wählerschaft. Denn bei fünf Prozent darf man durchaus von einer handfesten Beziehungskrise sprechen. Die Linke braucht ein reinigendes Gewitter, eine Auseinandersetzung über Inhalte, ihre Attraktivität für junge Leute und über den Umgang mit internen Differenzen. Einfache Antworten wird es dabei nicht geben.
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