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PARIS (dpa-AFX) - Frankreichs liberaler Staatschef Emmanuel Macron hat sich bei der Präsidentschaftswahl gegen die rechtsnationale EU-Kritikerin Marine Le Pen durchgesetzt. Laut Hochrechnungen nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend kam er auf 58,5 bis 58,8 Prozent der Stimmen. Le Pen erreichte demnach 41,2 bis 41,5 Prozent und holte damit trotz ihrer Niederlage das historisch beste Ergebnis ihrer Partei. Deutsche und europäische Spitzenpolitiker gratulierten dem Mitte-Politiker und zeigten sich teils von seinem Sieg erleichtert. Das Wahlergebnis zeigt dennoch ein tief gespaltenes Land.
Macron siegt mit Mauer gegen Rechts - Le Pen feiert dennoch
Macrons Sieg ist vor allem als Niederlage Le Pens zu verstehen. Denn viele Franzosen waren mit seiner ersten Amtszeit unzufrieden. Etliche Parteien hatten nach der ersten Wahlrunde dazu aufgerufen, eine Mauer gegen Rechts zu bauen und eine Präsidentin Le Pen, die trotz betont gemäßigteren Auftretens weiterhin extrem rechte Positionen vertritt, durch eine Stimme für Macron zu verhindern. Diese Strategie hatte bereits 2017 gefruchtet, als Le Pen und Macron sich erstmals in der Stichwahl gegenüberstanden, sowie 2002 als Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen krachend gegen den Konservativen Jacques Chirac verlor.
Macron zeigte sich nach seiner Wiederwahl entsprechend demütig. "Ich weiß, dass viele unserer Mitbürger heute mich gewählt haben, um die Ideen der Rechtsextremen zu verhindern und nicht um die meinen zu unterstützen", sagte er am Sonntagabend vor dem Pariser Eiffelturm vor jubelnden Anhängern. "Ich weiß, dass ihre Stimme mich für die kommenden Jahre verpflichtet."
Die Unterlegene Le Pen feierte trotz des verpassten Einzugs in den Elyséepalast das beste Resultat in der Geschichte ihrer Partei. "Das Ergebnis selbst stellt einen strahlenden Sieg dar", sagte sie am Sonntagabend. Mit Blick auf Macron, die französische Regierung und die Europäische Union kommentierte sie: "Dieses Ergebnis ist ein Zeugnis für das große Misstrauen des französischen Volkes ihnen gegenüber."
Aufatmen in Europa
Zahlreiche europäische und deutsche Spitzenpolitiker gratulierten dem Mitte-Politiker zu seiner Wiederwahl und ließen teils auch Erleichterung durchblicken. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem starken Bekenntnis der Macron-Wähler für Europa. Er freue sich, die gute Zusammenarbeit fortzusetzen. EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb: "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt."
Le Pen wollte sich von der seit Jahrzehnten engen Zusammenarbeit mit Deutschland lossagen. Die europaskeptische Nationalistin strebte an, den Einfluss der Europäischen Union in Frankreich entscheidend einzudämmen, und hätte in Brüssel etliche Vorhaben aus Eigeninteressen ausbremsen können. Auch Le Pens Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin schürte in der Krise zwischen dem Westen und Russland Sorgen. Befürchtet wurde, dass die feste Pro-Ukraine-Front des Westens unter Le Pen bröckeln könnte. Immerhin stellte sie bereits wieder eine Kooperation mit Russland nach dem Krieg in Aussicht und kündigte an, Frankreich aus der Kommandostruktur des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato auslösen zu wollen. Macron gilt im Gegensatz dazu als einer der wichtigsten westlichen Vermittler in dem Krieg. Immer wieder telefoniert er mit Putin.
Warnende Stimmen vor erstarkenden Rändern
Dass die Wahl historische Gewinne für den rechten Rand zeigte, löste auch besorgte Stimmen aus. Die ehemaligen Volksparteien der Sozialisten und Konservativen waren im ersten Wahlgang in der Bedeutungslosigkeit gelandet. Die konservative Kandidatin Valérie Pécresse, die im ersten Wahlgang ausgeschieden war, warnte etwa: "(Macrons) Sieg darf nicht die Brüche in unserem Land verdecken, die Marine Le Pen ein nie da gewesenes Ergebnis beschert haben."
Le Pen und Macron diesmal mit neuem Anstrich
Bereits 2017 standen der damalige Politjungstar Macron und die Rechte Le Pen sich in der Stichwahl um die Präsidentschaft gegenüber. Damals war Le Pen ihrem Kontrahenten aber viel deutlicher unterlegen - sie holte nur ein Drittel der Stimmen. Le Pen bemühte sich im jüngsten Wahlkampf nun um ein gemäßigtes Auftreten und gilt mittlerweile auch in Teilen der bürgerlichen Rechten als wählbar. Der Frust über Macrons Amtszeit und seinen mitunter als arrogant empfundenen Politikstil kamen ihr zugute.
Macron, der im Wahlkampf auf wirtschaftlichen Fortschritt setzte, hatte 2017 mit seiner Bewegung La République en Marche den Einzug in den Élyséepalast geschafft. Damals ein eher linker Kandidat, vertritt er mittlerweile verstärkt liberal-konservative Themen. Bevor er Präsident wurde, arbeitete der Nordfranzose als Investmentbanker, beriet den sozialistischen Präsidenten François Hollande und war unter diesem von 2014 bis 2016 Wirtschaftsminister.
Macrons Wiederwahl ist auch historisch gesehen nicht selbstverständlich: Seit Gründung der fünften Republik 1958 traten vor ihm nur drei Präsidenten eine zwei Amtszeit an, zuletzt der Konservative Jacques Chirac (1995 bis 2007). Der Konservative Nicolas Sarkozy scheiterte 2012 in seinem zweiten Anlauf auf das Amt.
In Frankreich folgt weitere entscheidende Wahl
Der französische Staatschef hat weitreichende Machtbefugnisse und amtiert fünf Jahre. Etwa 48,7 Millionen Französinnen und Franzosen waren zur Wahl eingeschrieben. In der ersten Runde vor zwei Wochen traten zwölf Kandidatinnen und Kandidaten an. Die traditionellen Volksparteien der Sozialisten und Republikaner fuhren historisch schlechte Ergebnisse ein.
Für die Geschicke Frankreichs wird es nun entscheidend sein, ob Macron bei den im Juni anstehenden Parlamentswahlen ebenfalls auf eine Mehrheit kommt. Geschieht dies nicht, müsste er einen Regierungschef aus dem Mehrheitslager benennen. Seine Macht wäre dann deutlich geschwächt und das Treffen politischer Entscheidungen würde entscheidend schwieriger. Während Macron in der Stichwahl noch auf die Unterstützung linker Parteien und der Konservativen zählen konnte, verfolgen diese für die Parlamentswahl eigene Interessen. Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, der bei den Präsidentschaftswahlen auf Platz drei landete, hofft, mit einem Wahlsieg der Linken im Juni Premierminister zu werden. Auch die Rechten dürften versuchen, durch das Parlament an Macht zu gewinnen./rbo/DP/zb