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Wann, wenn nicht jetzt: Investieren in eigentümergeführte Unternehmen: Stabilität und Wachstumschancen

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Birgitte Olsen, Portfoliomanagerin bei Bellevue Asset Management, über die Vorteile in eigentümergeführte Unternehmen zu investieren. Meinung.

Die Verunsicherung an den Finanzmärkten ist gross, Anlegerinnen und Anleger suchen zunehmend nach Orientierung. Eigentümergeführte Unternehmen bieten in diesem von erhöhter Volatilität und getrübter Sicht geprägten Klima einen möglichen Ausweg. Diese zumeist kleineren und mittelgrossen Gesellschaften sind im Vergleich zu Grosskonzernen nicht nur flexibler, sie besitzen eine Reihe von Eigenschaften wie Kontinuität, langfristige verantwortungsvolle Unternehmenspolitik, niedrige bis inexistente Verschuldung, Preissetzungsmacht, da häufig in Nischen tätig, und zuverlässige Rendite. Es sind Stärken, die sich in unsicherer und wechselvoller Zeit doppelt auszahlen.

Seit Wochen - nicht erst seit dem dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, doch seither besonders markant - bewegt sich der Fahrstuhl an den Aktienmärkten in hohem Tempo auf beiden Seiten. Zwischen und innerhalb von Sektoren haben Gewinner und Verlierer rasch und unerwartet ihre Positionen getauscht. So erlebten die davor lange vernachlässigten Energieaktien ein kräftigtes Revival, während hochgelobte Titel aus der IT-Industrie regelrecht zusammengestaucht wurden. Nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs brachen allgemein die Märkte ein, erholten sich aber schneller, als man ihnen aufgrund des doch eher trüben Umfelds mit fortgesetzten Lieferengpässen, galoppierender Inflation, Zins- und Rezessionsängsten zugestanden hätte.

Analysten hinken hinterher

Einmal mehr ist guter Rat teuer. Makroökonomen haben ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. Analysten hinken in ihrer Beurteilung der Unternehmen hinten nach. Viele warten auf die Resultate und Kommentare der Firmen zum ersten Quartal 2022, was die Transparenz verbessern dürfte. Revisionen nach unten sind unter den aktuellen Umständen zu erwarten. In Einzelfällen werden Kursrückschläge nicht zu vermeiden sein.

Mangelnde Transparenz ist ein Vorwurf, den sich eigentümergeführte Firmen lange anhören mussten. Die Kritik ist überholt. Seit rund fünf Jahren bemühen sich auch Unternehmen in festem Besitz oder mit starkem Ankeraktionär um Offenheit. ESG (Ökologie, soziale und unternehmerische Verantwortung) ist in der Finanzwelt nicht mehr wegzudenken. Eine standesgemässe, gute Corporate Governance ist heute auch unter eigentümergeführten Firmen die Regel.

Was geblieben ist, sind die traditionellen Stärken, die langfristige Perspektive, in Generationen und nicht in Quartalen denkend, Kontinuität im Management, Kapitalschutz und überdurchschnittliche Eigenkapital- und damit Aktionärsrendite. Diese Firmen haben eine natürliche Scheu vor Fremdkapital. Das macht sich besonders jetzt, wo die Zinsen steigen, bezahlt. Die Eigentümer haben ihr eigenes Geld in der Firma investiert. Die Konsequenz daraus sind eine strenge Finanzkontrolle, mit einer - wenn überhaupt - geringen Verschuldung hohem Kostenbewusstsein, guten Margen und ausreichend Mittel für Innovationen.

Immer einen Plan B zur Hand

Die Erfahrung zeigt: Eigentümergeführte Firmen handeln nicht erst, wenn es zu einem Paradigmenwechsel kommt. Sie haben aus unternehmerischer Weitsicht stets einen Plan B. In schwierigen Zeiten profitieren sie von einem Netzwerk von zuverlässigen Partnern. Auch das ein enormer Vorteil, wenn Rohstoffpreise explodieren, Lieferverzögerungen sich verschlimmern und Kunden wegzubrechen drohen.

Die konjunkturelle Lage ist ungemütlich, namentlich in Deutschland mit seiner hohen Abhängigkeit von russischem Erdöl und Gas steht viel auf dem Spiel. Trotzdem rechnen wir nicht mit einer Rezession. Auslöser dafür wäre ein abrupter Einfuhrstopp von russischer Energie. Weder Europa und erst recht nicht Deutschland riskiert mit Rücksicht auf die eigene Industrie und Bevölkerung einen solch einschneidenden Schritt.

Profiteure der Energiewende

Zwingend und auch offensichtlich ist hingegen eine noch stärkere Hinwendung zu erneuerbarer Energie. Der politische Wille dazu ist mit dem Ukraine-Krieg und den exorbitant gestiegenen Öl- und Gaspreisen vorhanden. In Deutschland zum Beispiel steht eine Gesetzesänderung zur Diskussion, die eine 80-prozentige Versorgung mit alternativer Energie bis 2030 vorsieht. Eine derart rasante Beschleunigung geht nicht ohne Subventionen. Die bis dahin dünnen Margen der Ausrüstungshersteller und Produzenten in diesem Sektor werden anschwellen. Profiteure unter den eigentümergeführten Gesellschaften in diesem Bereich sind beispielsweise der Schweizer Kompressoren-Hersteller Burkhardt Compression und der norwegische Energiedienstleister Subsea7.

Die beschleunigte energiepolitische Wende kommt einer Reihe von Unternehmen zugute. Erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Deshalb sind allgemein Firmen, die proaktiv einen nachhaltigen ESG-Kurs steuern, aus Investorensicht attraktiv. Ein Musterbeispiel ist Stora Enso. Der finnische Konzern ist der zweitgrösste Waldbesitzer weltweit. Er bewegt sich in grossen Schritten von der Papierproduktion hin zu Verpackungen, Biomaterialien und Holzprodukten. Faserbasierte Werkstoffe können erneuert und recycliert werden. Bereits heute ist es möglich, über 30-stöckige Hochhäuser aus Holz statt aus Stahl und Beton zu bauen.

Freizeit ist ein anderes Thema, das Anlegerchancen bietet. Nach zwei Jahren Pandemie wünschen sich die Konsumenten geselliges Beisammensein und Ferien. Strand statt Sofa, heisst die Devise. Konsum-, Freizeit- und Reiseunternehmen mit überschaubaren Inflationssorgen wie dem Getränkehersteller Pernod-Ricard öffnen sich neue Horizonte, dem norwegischen Lachsfarmbesitzer Bakkafrost, in der Schweiz dem Uhrenproduzenten Swatch Group, dem Flughafen Zürich oder dem noch kleinen Online-Portal für individuelle Reisearrangements Last Minute.

Die Starken werden noch stärker

Die Möglichkeiten sind breit gestreut. Wer sich nur auf defensive Werte fokussiert, vergibt sich Chancen bei Wachstumswerten, wie beispielsweise unter den gebeutelten IT-Serviceunternehmen wie U-Blox in der Schweiz und Sopra Steria in Frankreich, und umgekehrt.

Auch die Zinswende kennt nicht nur Verlierer. Allen voran Finanz- und Versicherungsunternehmen gereichen höhere Zinsen sogar zum Vorteil.

Diversifikation, auch nach Anlagestilen, drängt sich in volatilen und von hoher Unsicherheit geprägten Märkten auf. Starke Unternehmen verdrängen bei nachlassendem Wachstum die schwachen und werden noch stärker. In einem solchen Szenario mit geopolitischen Verwerfungen, aber auch Chancen, die durch den Wandel entstehen, haben eigentümergeführte Firmen gute Karten.

w:o Gastautorin: Birgitte Olsen

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