KIEW (dpa-AFX) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der EU für das sechste Sanktionspaket im Zuge des russischen Angriffskriegs gedankt und zugleich neue Strafmaßnahmen gefordert. Es sei ein siebtes Paket notwendig, sobald die Schritte in dem sechsten Paket umgesetzt seien, sagte er in seiner am Dienstagabend veröffentlichten Videoansprache. "Letzten Endes sollte es gar keine nennenswerten wirtschaftlichen Verbindungen mehr zwischen der freien Welt und dem Terrorstaat geben", betonte er. "Wir werden an neuen Einschränkungen gegen Russland für diesen Krieg arbeiten."
Dank des geplanten Öl-Boykotts der EU verliere Russland "Dutzende Milliarden Euro", die nun nicht mehr für die Finanzierung des Terrors genutzt werden könnten. Der Verzicht auf russisches Öl helfe auch beim Übergang auf erneuerbare Energien in der Europäischen Union, meinte Selenskyj. Russland hingegen werde insgesamt wirtschaftlich verlieren und weiter isoliert.
Die EU-Staaten hatten sich nach wochenlangen Diskussionen bei einem Gipfel in Brüssel auf einen weitgehenden Boykott von Öllieferungen aus Russland verständigt. Dies ist Teil des sechsten Sanktionspakets, dessen weiteren Details am Mittwoch in Brüssel ausgearbeitet werden sollen. Anschließend könnte das Paket förmlich beschlossen werden. Dann würden auch weitere Sanktionen in Kraft treten. Vorgesehen ist, die größte russische Bank Sberbank aus dem Kommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Zudem sollen der staatliche Fernseh-Nachrichtensender Rossija 24 sowie die Staatssender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.
In seiner jeden Abend gesendeten Ansprache begrüßte Selenskyj die Strafen gegen Russland. Zudem wies er auf Erfolge der ukrainischen Streitkräfte in den Gebieten Charkiw im Osten und Saporischschja im Süden hin. Auch im Gebiet Cherson, das russische Truppen besetzt haben, gebe es "gewisse Erfolge".
Die ukrainischen Streitkräfte blieben an der Front im Moment "Herr der Lage" ungeachtet der technischen und personellen Überlegenheit der russischen Armee. Er rief die Ukrainer auf, sich nicht nur anzuschauen, wo die Lage schwierig sei. Das Bild an der Front sei vielmehr komplex. Bei einem Besuch im Gebiet Charkiw hatte sich Selenskyj am Sonntag darüber informieren lassen, dass dort gegenwärtig noch 31 Prozent der Region von russischen Okkupanten besetzt seien. Bereits fünf Prozent seien befreit worden./mau/DP/he