ROM (dpa-AFX) - In Italien regiert seit dem Wochenende eine rechte Regierung. Mit Giorgia Meloni ist erstmals eine Frau in der Geschichte des Mittelmeerlandes im Amt der Ministerpräsidentin. Am Samstag vereidigte Staatspräsident Sergio Mattarella die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia samt ihres Kabinetts. Am Sonntag übergab der nunmehr Ex-Ministerpräsident Mario Draghi seiner Nachfolgerin im Regierungssitz Palazzo Chigi in Rom symbolisch ein Glöckchen und verließ den Palast unter Applaus seiner ehemaligen Mitarbeiter. Die neue Meloni-Regierung bestehend aus den Fratelli, der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Berlusconi-Partei Forza Italia hielt danach ihren ersten Ministerrat ab.
Fragen von Journalisten wich Meloni seit Samstag bislang aus und kommunizierte stattdessen über ihre Social-Media-Kanäle. Nach der Vereidigung wurden sie und Politiker anderer Parteien bei der Beerdigung eines jungen Mannes in Rom gesehen, der in den Tagen zuvor von einem Auto überfahren wurde. Die Geschichte erlangte in den Medien größeres Aufsehen. Das Kabinett der 45 Jahre alten Römerin benötigt nun noch die Bestätigung per Vertrauensvotum in den beiden Parlamentskammern, wo die Rechtsallianz seit der Wahl am 25. September die absolute Mehrheit hat. Erwartet wird die Abstimmung für Anfang der Woche.
Meloni war bei der Parlamentswahl im September mit ihren Fratelli mit 26 Prozent der Stimmen als deutliche Wahlsiegerin hervorgegangen. Die Ultrarechten mit faschistischen Wurzeln waren zuvor lediglich eine kleine Oppositionspartei im Parlament. Unter der neuen rechten Regierung dürfte Italiens Haltung beim Thema Migration ablehnender werden. Das Bündnis betonte zudem, sich stärker für die Interessen Italiens einsetzen zu wollen. Melonis Haltung zur EU bereitete Europa Sorgen. Unlängst erklärte Meloni aber, Italien werde voll und ganz Teil Europas und der Atlantischen Allianz bleiben.
Am Samstag erreichten Meloni Glückwünsche aus der internationalen Politik - vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban über Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki bis zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte ihr per Twitter und schrieb, er freue sich darauf, die enge Zusammenarbeit mit Italien in der EU, in der Nato und den G7 fortzusetzen. Meloni antwortete, sie sei bereit, gemeinsame Lösungen in Energie-, Wirtschafts- und Sicherheitsfragen zu finden, vor denen Europa stehe.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beglückwünschte Meloni für ihre Ernennung und dafür, die erste Frau in dem Amt zu sein. "Das ist kein Feminismus", kritisierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Auch in anderen Beiträgen äußerten Nutzer Kritik an den Glückwünschen für Meloni und ihre rechte Regierung. Unter den Gratulanten war auch Israels Premier Jair Lapid, der sich eine Stärkung der Beziehungen zwischen Israel und Italien und im Kampf gegen den Antisemitismus in Europa wünschte. US-Präsident Joe Biden sprach in seiner Nachricht von Italien als wichtigem Nato-Verbündeten und engem Partner, "da unsere Länder gemeinsame globale Herausforderungen angehen".
Beobachter warten nun gespannt auf die ersten Schritte der neuen Meloni-Regierung. Medienberichten zufolge haben sich Meloni und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Sonntagabend in Rom getroffen. Der 44-Jährige ist am Montag bei Papst Franziskus zu einer Audienz im Vatikan geladen. Italienische Medien spekulierten außerdem über einen möglichen Blitz-Besuch Melonis in Brüssel in den kommenden Wochen.
Im neuen Kabinett haben die Fratelli mit neun Posten die meisten Minister. Lega und Forza Italia erhielten je fünf. Außenminister und Melonis Stellvertreter wird der EU-Politiker Antonio Tajani (Forza Italia). Lega-Chef Salvini ist ebenfalls Vize-Premier und musste sich mit dem Infrastrukturministerium zufrieden geben. Zunächst hatte er das Innenministerium beansprucht, das er 2018 in der Regierung Conte mit einer harten Anti-Migrationspolitik leitete. Innenminister wird nun stattdessen der Präfekt Roms, Matteo Piantedosi - einer von fünf parteilosen Experten des Kabinetts.
Der umkämpfte Posten im Justizministerium ging an den Fratelli und Ex-Staatsanwalt Carlo Nordio. Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi hatte lange darum gerungen, seine Vertraute Maria Elisabetta Casellati dort einzusetzen. Sie wird nun Reform-Ministerin. Das wichtige Finanzministerium übernimmt der Lega-Politiker Giancarlo Giorgetti. Verteidigungsminister wird der Fratelli-Mitbegründer Guido Crosetto, der zuvor wegen möglicher Interessenskonflikte als Unternehmer in der Rüstungsbranche in der Kritik stand. Am Freitag erklärte er, die Leitungsrolle bei jedem privaten Unternehmen bereits abgelegt zu haben./jon/DP/zb