Schnabel: EZB weiter als zuvor von ihrem Ziel entfernt
Von Hans Bentzien
LONDON (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach Einschätzung von EZB-Direktorin Isabel Schnabel derzeit weiter als zuvor von ihrem Ziel entfernt, die Inflation im Euroraum auf 2 Prozent zu senken. Schnabel sagte bei einer Konferenz in London, dass derzeit nachlassende Zinserhöhungserwartungen und eine zu expansive Fiskalpolitik die Bemühungen der EZB um eine Straffung ihrer Geldpolitik konterkarierten. Aktuelle Daten zeigten, dass der Spielraum für eine Verringerung des Zinserhöhungstempos begrenzt sei.
Agenturberichten zufolge gibt es im EZB-Rat inzwischen weniger Unterstützung für eine abermalige Zinserhöhung um 75 Basispunkte im Dezember. Grund ist, dass die EZB ihre Zinsen seit dem Sommer um 200 Basispunkte angehoben und sich damit dem "neutralen Bereich" angenähert hat, in dem sie das Wachstum weder bremst noch verstärkt.
"Die Markterwartung einer (geldpolitischen) 'Wende' hat zuletzt unseren Bemühungen entgegengewirkt, die Akkommodation zu verringern und damit die tatsächliche Geldpolitik von einer Ausrichtung wegbewegt, die notwendig ist, um die Inflation wieder auf den Zielwert zu bringen", sagte Schnabel. Das erhöhe das Risiko von Zweitrundeneffekten und eines dauerhaften Anstiegs der Inflationserwartungen.
Das größte Risiko für die Zentralbanken bleibt Schnabel zufolge derzeit eine Politik, die auf der Annahme eines schnellen Rückgangs der Inflation und damit auf einer Unterschätzung der Inflationspersistenz beruht. "In Anbetracht dessen werden wir die Zinssätze weiter anheben müssen, wahrscheinlich bis in den restriktiven Bereich, um sicherzustellen, dass die Inflation so schnell wie möglich zu unserem mittelfristigen Inflationsziel zurückkehrt und keine Zweitrundeneffekte auftreten", sagte sie.
Die bisher vorliegenden Daten deuteten darauf hin, dass der Spielraum für eine Verlangsamung der Zinsanpassung begrenzt bleibe, "auch wenn wir uns den Schätzungen für den 'neutralen' Zinssatz nähern." "Die außerordentlich große Unsicherheit, mit der solche Schätzungen behaftet sind, bedeutet, dass sie nicht als Maßstab für das angemessene Tempo von Zinsanpassungen dienen können."
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November 24, 2022 10:06 ET (15:06 GMT)
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