Sachsen-Anhalt/Politik (ots) -
Halle - Sachsen-Anhalts früherer Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Jens Bullerjahn ist tot. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung. Der Sozialdemokrat ist am Samstagnachmittag in einer Klinik in Eisleben (Kreis Mansfeld-Südharz) an den Folgen einer schweren und seltenen Erkrankung im Alter von 60 Jahren verstorben. Das bestätigte sein früherer Staatssekretär Jörg Felgner auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung. Wie es heißt, ist Bullerjahn im Beisein seiner engsten Familie friedlich entschlafen. Der verheiratete Vater zweier erwachsener Söhne war einer der profiliertesten Politiker in Sachsen-Anhalt nach der Wiedervereinigung. In seinem letzten Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung hatte der SPD-Politiker im vergangenen Mai öffentlich gemacht, dass er an der seltenen Nervenkrankheit ALS leidet. Dabei handelt es sich um eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des Nervensystems, die zu Muskelschwund führt. "Das ist eine Besonderheit meiner Krankheit: Hoffnung auf Heilung gibt es nicht. Damit muss man umgehen", sagte Bullerjahn.
Der gelernte Elektroingenieur hatte vor der Wiedervereinigung als Ingenieur für Prozessautomatisierung im Mansfeld Kombinat gearbeitet. Nach der Wende ging er in die Politik, wurde Gemeinderats- und Kreistagsmitglied und gehörte 16 Jahre lang dem Landtag von Sachsen-Anhalt an. Als Parlamentarischer Geschäftsführer war er in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre einer der Väter des Magdeburger Modells, der Tolerierung einer SPD-geführten Landesregierung durch die damalige PDS. Er war zeitweilig Landtagsfraktionschef und stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Bundesweit Aufmerksamkeit erregte Bullerjahn mit dem visionären Finanzkonzept "Sachsen-Anhalt 2020". 2006 und 2011 war er Spitzenkandidat seiner Partei bei den Landtagswahlen und konnte sich zwischenzeitlich Hoffnungen machen, als Ministerpräsident in die Staatskanzlei einzuziehen.
2006 wurde er unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) Finanzminister. In seiner zehnjährigen Amtszeit als Minister und Vize-Regierungschef verordnete Bullerjahn dem Bundesland im Kampf gegen die zunehmende Staatsverschuldung einen strengen Konsolidierungskurs. Es gelang ihm schließlich, dass Sachsen-Anhalt keine neuen Schulden aufnehmen musste, Kredite tilgen und sogar Rücklagen in dreistelliger Millionenhöhe bilden konnte. Die massive Streichung von Stellen im Öffentlichen Dienst und Strukturreformen in der Landesverwaltung brachten ihm aber auch den Vorwurf ein, das Land "kaputtzusparen".
Seinen politischen Kurs erklärte Bullerjahn in seinem letzten Interview mit der MZ so: "Ich habe schon früher immer im Kabinett und im Landtag gesagt: Was mich vor allem umtreibt, ist die Frage, ob Geld effektiv ausgegeben wird. Wenn ein System nicht funktioniert, ist in der Politik zu oft die Reaktion, einfach noch mehr Geld auszugeben. Mir geht es darum anzuregen, ob man die Dinge nicht anders und besser machen kann." Er sei mit sich im Reinen, so Bullerjahn. Und es gelte: "Nur mit immer mehr Geld löst man die Probleme nicht, vor allem nicht in Sachsen-Anhalt."
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung
Marc Rath
Telefon: 0345 565 4200
marc.rath@mz.de
Original-Content von: Mitteldeutsche Zeitung, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/47409/5380172
Halle - Sachsen-Anhalts früherer Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Jens Bullerjahn ist tot. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung. Der Sozialdemokrat ist am Samstagnachmittag in einer Klinik in Eisleben (Kreis Mansfeld-Südharz) an den Folgen einer schweren und seltenen Erkrankung im Alter von 60 Jahren verstorben. Das bestätigte sein früherer Staatssekretär Jörg Felgner auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung. Wie es heißt, ist Bullerjahn im Beisein seiner engsten Familie friedlich entschlafen. Der verheiratete Vater zweier erwachsener Söhne war einer der profiliertesten Politiker in Sachsen-Anhalt nach der Wiedervereinigung. In seinem letzten Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung hatte der SPD-Politiker im vergangenen Mai öffentlich gemacht, dass er an der seltenen Nervenkrankheit ALS leidet. Dabei handelt es sich um eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des Nervensystems, die zu Muskelschwund führt. "Das ist eine Besonderheit meiner Krankheit: Hoffnung auf Heilung gibt es nicht. Damit muss man umgehen", sagte Bullerjahn.
Der gelernte Elektroingenieur hatte vor der Wiedervereinigung als Ingenieur für Prozessautomatisierung im Mansfeld Kombinat gearbeitet. Nach der Wende ging er in die Politik, wurde Gemeinderats- und Kreistagsmitglied und gehörte 16 Jahre lang dem Landtag von Sachsen-Anhalt an. Als Parlamentarischer Geschäftsführer war er in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre einer der Väter des Magdeburger Modells, der Tolerierung einer SPD-geführten Landesregierung durch die damalige PDS. Er war zeitweilig Landtagsfraktionschef und stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Bundesweit Aufmerksamkeit erregte Bullerjahn mit dem visionären Finanzkonzept "Sachsen-Anhalt 2020". 2006 und 2011 war er Spitzenkandidat seiner Partei bei den Landtagswahlen und konnte sich zwischenzeitlich Hoffnungen machen, als Ministerpräsident in die Staatskanzlei einzuziehen.
2006 wurde er unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) Finanzminister. In seiner zehnjährigen Amtszeit als Minister und Vize-Regierungschef verordnete Bullerjahn dem Bundesland im Kampf gegen die zunehmende Staatsverschuldung einen strengen Konsolidierungskurs. Es gelang ihm schließlich, dass Sachsen-Anhalt keine neuen Schulden aufnehmen musste, Kredite tilgen und sogar Rücklagen in dreistelliger Millionenhöhe bilden konnte. Die massive Streichung von Stellen im Öffentlichen Dienst und Strukturreformen in der Landesverwaltung brachten ihm aber auch den Vorwurf ein, das Land "kaputtzusparen".
Seinen politischen Kurs erklärte Bullerjahn in seinem letzten Interview mit der MZ so: "Ich habe schon früher immer im Kabinett und im Landtag gesagt: Was mich vor allem umtreibt, ist die Frage, ob Geld effektiv ausgegeben wird. Wenn ein System nicht funktioniert, ist in der Politik zu oft die Reaktion, einfach noch mehr Geld auszugeben. Mir geht es darum anzuregen, ob man die Dinge nicht anders und besser machen kann." Er sei mit sich im Reinen, so Bullerjahn. Und es gelte: "Nur mit immer mehr Geld löst man die Probleme nicht, vor allem nicht in Sachsen-Anhalt."
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