© Foto: Peter Kneffel - picture alliance/dpa
Es geht um nicht weniger als einen der größten Wirtschaftsskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte: Der Auftakt zum Wirecard-Strafprozess.
Im Landgericht München I hat heute der Prozess gegen den ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun begonnen. Neben ihm auf der Anklagebank sitzen der ehemalige Geschäftsführer einer Tochterfirma in Dubai, Oliver Bellenhaus sowie der Ex-Chefbuchhalter des insolventen Zahlungsdienstleisters Stephan von Erffa. Die Vorwürfe sind erdrückend: Bildung einer kriminellen Bande, die Konzernbilanzen gefälscht und Geldgeber um 3,1 Milliarden Euro geprellt. Die Anklagepunkte lauten demnach: Gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue.
Braun und Bellenhaus sind in diesem Verfahren die zentralen Figuren und zugleich größten Gegenspieler. Bellenhaus, Kronzeuge der Staatsanwaltschaft, gab bei seiner Vernehmung zu Protokoll, dass wesentliche Teile des Wirecard-Geschäfts nie existiert hätten. Dabei geht es um das sogenannte Drittpartnergeschäft, bei dem Gelder für die Absicherung von Online-Kreditkartenzahlungen auf philippinischen Treuhandkonten verwahrt wurden - angeblich.
Das zumindest behauptet Ex-Vorstandschef Braun, der dafür Belege haben will. Er sei hier selbst das Opfer, und zwar vom weiterhin flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek. Gemeinsam mit Komplizen soll der Österreicher dieses Geld über verschachtelte Firmenkonstruktionen veruntreut haben. Hier greift auch der Vorwurf der Marktmanipulation - ohne die angeblichen Gewinne aus dem Drittpartnergeschäft wäre der vormalige DAX-Konzern in die Verlustzone gerutscht, hat sich so aber als überaus erfolgreiches Unternehmen präsentiert.
Von Erffa ist hingegen die große Unbekannte zwischen Braun und Bellenhaus. Als ehemaliger Chefbuchhalter nimmt er in diesem Bilanzskandal eine bedeutende Rolle ein. Von Errfa bestritt in der Vergangenheit zunächst jegliche Beteiligung an den Machenschaften, legte dann aber ein Teilgeständnis ab. Nun scheinen seine Anwälte auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren und Erffas Schuldfähigkeit infrage zu stellen - er hätte eine psychische Erkrankung. Laut Medienberichten hat die Strafkammer bereits zwei Ärzte damit beauftragt, von Erffa zu untersuchen.
Für Wirecard-Aktionäre besteht die Gefahr, beim Insolvenzverfahren leer auszugehen. Das Münchener Landesgericht hat bereits entschieden, dass Anleger ihren Verlust nicht als Forderung in die Insolvenztabelle eintragen lassen können. Ihre Ansprüche werden im Insolvenzverfahren also nachrangig bedient. Dann allerdings dürfte von der Insolvenzmasse nichts mehr übrig sein, so die Befürchtung.
Tipp: Wenn Sie noch von einer potenziellen Jahresendrallye profitieren wollen, ist der kostenfreie Report von Börsenexperte Lars Wißler etwas für Sie. Er hat die aussichtsreichsten deutschen und globalen Top Picks hier zusammengestellt!
(tl) für die wallstreet:online Zentralredaktion