Berlin (ots) -
Die Politik zaudert beim Schutz vor hohen Temperaturen
Der Hitzetod ist einsam und still. Deswegen spielt er in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Fachleute wie der Präsident der Berliner Ärztekammer, Peter Bobbert, sehen darin einen Skandal, die Wahrnehmung müsste sich angesichts häufigerer Hitzewellen ändern. Nur wer die Gefahr erkennt, kann wirksam dagegen vorgehen. Laut Statistischem Landesamt gab es allein im vergangenen Jahr 416 Hitzetote in Berlin. Menschen, die durch Hitzschlag oder Dehydrierung starben oder deren Kreislauf unter den hohen Temperaturen aus anderen Gründen kollabierte. In den vergangenen fünf Jahren waren es zusammengenommen 1270. Die Dunkelziffer ist hoch, denn die Todesursache lässt sich nicht einfach diagnostizieren. Die Tendenz steigt.
Es wäre also angesagt, sich frühzeitig mit den Gefahren auseinanderzusetzen und Abhilfe zu leisten. Anders als zum Beispiel bei der Frage der Energieversorgung könnte hier mit kleinen Mitteln schnell Vorsorge getroffen werden. Aber die Politik zögert. Zwar gibt es - zumindest bei den meisten Regierenden - kein Erkenntnisproblem, aber wie so oft ein Umsetzungsproblem. Das Geld soll dann doch lieber für andere Dinge ausgegeben werden, die einen schnellen politischen Erfolg versprechen.
Deswegen wird die Hitzeprävention nicht so ernst genommen, wie es nach Ansicht der Fachleute längst der Fall sein müsste. Auch der Koalitionsvertrag von Berliner CDU und SPD bleibt dazu vage. Man wolle prüfen und Akteure unterstützen, heißt es darin wenig entschlossen. Im Bund sieht es kaum besser aus. Immerhin hat Umweltministerin Steffi Lemke gerade ein Klimaanpassungsgesetz in Aussicht gestellt, das sich auch mit Fragen des Hitzeschutzes auseinandersetzen soll. Mehr Grün, mehr Schatten, weniger Beton, so lautet das Motto des Vorhabens.
Aber genau hier lauert die Gefahr: Das Vorhaben droht im Dauerstreit um die Mobilitätswende und die künftige Energieversorgung hinten runter zu fallen. Mehr Grün, mehr Schatten und weniger Beton würde eben auch bedeuten: weniger Straße. Die Flächenkonkurrenz zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern wird gerade derzeit aggressiv geführt, so dass für die Hitzeprävention kein Raum bleibt. Mehr grüne Oasen wären aber gerade in den stickigen Innenstädten dringend notwendig, um Abkühlung zu schaffen. Aber wo sonst sollen sie entstehen, wenn nicht da, wo derzeit die Sonne ungeschützt auf den Asphalt knallt?
Allerdings steht nicht nur die Politik in der Pflicht. Es sind oft auch die kleinen Dinge, die unmittelbar helfen, vor allem älteren, einsamen und kranken Menschen, die am häufigsten von Hitzegefahren betroffen sind. So geht es in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen nicht nur darum, ausreichend Getränke zur Verfügung zu stellen, sondern auch darum, zu kontrollieren, ob die Menschen ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.
Hitzeschutzpläne entstehen derzeit in allen öffentlichen Einrichtungen. Es geht darum, überall kühlende Orte zu schaffen, auch für die Medikamente, damit sie ihre Wirkung nicht verlieren. Gesundheitsmediziner sprechen davon, die Hitzekompetenz in der Bevölkerung zu stärken und ins Bewusstsein zu bringen, wie es zum Beispiel in Südeuropa längst der Fall ist.
Wer die Hitzegefahren, wie den Klimaschutz auch, allein als grünes Horrorszenario diffamiert, macht einen Fehler. Es wird das bestimmende Thema der kommenden Jahrzehnte bleiben. Es ist höchste Zeit, die ideologischen Windmühlenkämpfe sein zu lassen. Das endlich zu verstehen, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.
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Die Politik zaudert beim Schutz vor hohen Temperaturen
Der Hitzetod ist einsam und still. Deswegen spielt er in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Fachleute wie der Präsident der Berliner Ärztekammer, Peter Bobbert, sehen darin einen Skandal, die Wahrnehmung müsste sich angesichts häufigerer Hitzewellen ändern. Nur wer die Gefahr erkennt, kann wirksam dagegen vorgehen. Laut Statistischem Landesamt gab es allein im vergangenen Jahr 416 Hitzetote in Berlin. Menschen, die durch Hitzschlag oder Dehydrierung starben oder deren Kreislauf unter den hohen Temperaturen aus anderen Gründen kollabierte. In den vergangenen fünf Jahren waren es zusammengenommen 1270. Die Dunkelziffer ist hoch, denn die Todesursache lässt sich nicht einfach diagnostizieren. Die Tendenz steigt.
Es wäre also angesagt, sich frühzeitig mit den Gefahren auseinanderzusetzen und Abhilfe zu leisten. Anders als zum Beispiel bei der Frage der Energieversorgung könnte hier mit kleinen Mitteln schnell Vorsorge getroffen werden. Aber die Politik zögert. Zwar gibt es - zumindest bei den meisten Regierenden - kein Erkenntnisproblem, aber wie so oft ein Umsetzungsproblem. Das Geld soll dann doch lieber für andere Dinge ausgegeben werden, die einen schnellen politischen Erfolg versprechen.
Deswegen wird die Hitzeprävention nicht so ernst genommen, wie es nach Ansicht der Fachleute längst der Fall sein müsste. Auch der Koalitionsvertrag von Berliner CDU und SPD bleibt dazu vage. Man wolle prüfen und Akteure unterstützen, heißt es darin wenig entschlossen. Im Bund sieht es kaum besser aus. Immerhin hat Umweltministerin Steffi Lemke gerade ein Klimaanpassungsgesetz in Aussicht gestellt, das sich auch mit Fragen des Hitzeschutzes auseinandersetzen soll. Mehr Grün, mehr Schatten, weniger Beton, so lautet das Motto des Vorhabens.
Aber genau hier lauert die Gefahr: Das Vorhaben droht im Dauerstreit um die Mobilitätswende und die künftige Energieversorgung hinten runter zu fallen. Mehr Grün, mehr Schatten und weniger Beton würde eben auch bedeuten: weniger Straße. Die Flächenkonkurrenz zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern wird gerade derzeit aggressiv geführt, so dass für die Hitzeprävention kein Raum bleibt. Mehr grüne Oasen wären aber gerade in den stickigen Innenstädten dringend notwendig, um Abkühlung zu schaffen. Aber wo sonst sollen sie entstehen, wenn nicht da, wo derzeit die Sonne ungeschützt auf den Asphalt knallt?
Allerdings steht nicht nur die Politik in der Pflicht. Es sind oft auch die kleinen Dinge, die unmittelbar helfen, vor allem älteren, einsamen und kranken Menschen, die am häufigsten von Hitzegefahren betroffen sind. So geht es in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen nicht nur darum, ausreichend Getränke zur Verfügung zu stellen, sondern auch darum, zu kontrollieren, ob die Menschen ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.
Hitzeschutzpläne entstehen derzeit in allen öffentlichen Einrichtungen. Es geht darum, überall kühlende Orte zu schaffen, auch für die Medikamente, damit sie ihre Wirkung nicht verlieren. Gesundheitsmediziner sprechen davon, die Hitzekompetenz in der Bevölkerung zu stärken und ins Bewusstsein zu bringen, wie es zum Beispiel in Südeuropa längst der Fall ist.
Wer die Hitzegefahren, wie den Klimaschutz auch, allein als grünes Horrorszenario diffamiert, macht einen Fehler. Es wird das bestimmende Thema der kommenden Jahrzehnte bleiben. Es ist höchste Zeit, die ideologischen Windmühlenkämpfe sein zu lassen. Das endlich zu verstehen, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.
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