BERLIN (dpa-AFX) - Finanzminister Christian Lindner hat den CDU-Vorstoß für eine Reform des Spitzensteuersatzes klar zurückgewiesen. CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Wochenende ins Gespräch gebracht, dass der Spitzensteuersatz erst ab einem höheren Einkommen greifen und dafür erhöht werden könnte.
"Die Rechnung von Herrn Merz geht nicht auf", sagte FDP-Chef Lindner dazu im ARD-"Bericht aus Berlin". Der Finanzminister rechnete vor, dass der Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent auf 57 Prozent erhöht werden müsste, wenn er erst ab einem Einkommen von 80 000 Euro gelten würde. Derzeit greift er ab einem Einkommen von 63 000 Euro.
"Das wäre wirklich eine Strangulierung unserer wirtschaftlichen Entwicklung", sagte Lindner. "Und im Übrigen wäre es auch ungerecht: Mehr abgeben müssen von dem was man erarbeitet an den Staat als man behalten darf, hat nichts mit sozialer Marktwirtschaft zu tun."
CDU-Chef Friedrich Merz hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt: "Schon Leute, die nur ein bisschen mehr verdienen als der Durchschnitt, erfahren eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern. Wir müssen die Belastungskurve abflachen, denn Leistung muss sich lohnen. Ob der Spitzensteuersatz dann bei 42 oder 45 Prozent liegt, ist nicht entscheidend." Wichtig sei eine Entlastung der Mittelschicht.
Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte anschließend der Deutschen Presse-Agentur gesagt, es sei schlicht nicht fair, dass die Mittelschicht den Spitzensteuersatz zahle. "Befeuert durch die hohen Inflationsraten gerät in Deutschland die Steuergerechtigkeit in Schieflage. Zentrales Element dieser Steuerreform muss eine breite Entlastung für die Mitte dieses Landes sein."
Deutschland brauche "dringend" eine große Steuerreform. Dafür müsse zuerst der sogenannte Mittelstandsbauch abgeflacht werden. Der Spitzensteuersatz sollte deutlich später greifen als bei rund 63 000 Euro. Wenn er erst bei 80 000, 90 000 oder 100 000 Euro erhoben würde, käme es zu einer Entlastung für die breite Mitte dieses Landes, sagte Linnemann.
Dann sei es auch vollkommen gleichgültig, ob der sogenannte "Reichensteuersatz" bei 45 Prozent oder 46 Prozent oder 47 Prozent liege. Der Reichensteuersatz ist aber etwas anderes als der Spitzensteuersatz. Er liegt bei 45 Prozent und greift ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 280 000 Euro.
Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach sich für eine Reform des Spitzensteuersatzes aus: "Die SPD kämpft dafür, die Einkommensteuer aufkommensneutral zu reformieren. Wir wollen 95 Prozent der Beschäftigten im Land entlasten und im Gegenzug den Spitzensteuersatz für die obersten fünf Prozent moderat erhöhen. Der Spitzensteuersatz würde somit erst bei deutlich höheren Einkommen greifen, als dies bislang der Fall ist", sagte er dem "Tagesspiegel"./mfi/hoe/DP/he