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WIESBADEN (dpa-AFX) - Klarer Sieg für die CDU und Platz zwei für die AfD: Bei der Landtagswahl in Hessen haben die Berliner Ampel-Parteien ein Debakel erlitten. Die CDU von Ministerpräsident Boris Rhein gewann mit Abstand vor allen anderen Parteien. Die AfD fuhr nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF (22.00/21.30 Uhr) ihr bestes Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland ein. Die SPD mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin erzielte ihr schlechtestes Ergebnis in Hessen. Die Partei lieferte sich mit den Grünen am Sonntagabend ein knappes Rennen um Platz drei. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag stand lange auf der Kippe. Die Linke schaffte ihn nicht.
Den Hochrechnungen zufolge steigerte sich die CDU auf 34,4 bis 34,6 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD fiel auf 15,1 bis 15,2 Prozent (19,8) - ein historisch schlechtes Ergebnis. Die mitregierenden Grünen von Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir verloren ebenfalls und landeten bei 14,8 Prozent (19,8). Die AfD gewann deutlich hinzu und kam auf 18,4 bis 18,6 Prozent (13,1).
Die FDP musste mit 5,0 Prozent bangen, am Ende doch noch an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern: Ihr Einzug in den Landtag war am Abend lange unsicher. Die Linke rutschte ab auf 3,1 bis 3,2 Prozent (6,3). Die Freien Wähler kamen mit 3,5 Prozent ebenfalls nicht in den Landtag (3,0). Die Wahlbeteiligung lag mit 65,5 bis 65,6 Prozent etwas unter der von 2018 (67,3 Prozent).
Die seit fast 25 Jahren regierende CDU erhält laut den Hochrechnungen 43 bis 52 Sitze im hessischen Landtag. Die SPD kommt auf 19 bis 23. Die Grünen erringen 19 bis 22 Mandate. Die AfD bekommt 23 bis 28 Sitze. Die FDP würde - soweit das Endergebnis der Hochrechnung entsprechen sollte - 6 bis 7 Mandate erlangen.
CDU sieht "klaren Regierungsauftrag" - Weiter mit Schwarz-Grün?
Damit wäre eine Fortsetzung der seit knapp zehn Jahren amtierenden schwarz-grünen Koalition möglich. Aber auch eine große Koalition aus CDU und SPD hätte eine Mehrheit.
Ministerpräsident Rhein bot sowohl SPD als auch Grünen und FDP Gespräche über eine Zusammenarbeit an. "Wir werden eine Regierung bilden aus der Mitte dieser Gesellschaft, aus der Mitte des Landes", sagte er.
Für Grünen-Spitzenkandidat Al-Wazir zeigte die Wahl, dass es in Hessen keine Wechselstimmung gibt. "Und ich finde, das ist auch ein deutlicher Hinweis darauf, was die Bürgerinnen und Bürger auch von uns in den nächsten Wochen erwarten", sagte er mit Blick auf eine mögliche Fortsetzung der Koalition von CDU und Grünen.
SPD-Spitzenfrau mit viel Gegenwind
SPD-Spitzenkandidatin Faeser nannte das Ergebnis "sehr enttäuschend" und beklagte, viel Gegenwind gehabt zu haben. Auf die Frage, ob sie SPD-Landesvorsitzende bleibe, sagte sie im ZDF: "Das werden wir sehen in den nächsten Tagen und Wochen." In der ARD äußerte sie sich zuversichtlich, ihr Ministeramt in Berlin fortführen zu können. "Ich habe sehr viel Solidarität heute aus Berlin erhalten."
SPD-Parteichef Lars Klingbeil hatte ihr zuvor den Rücken gestärkt. Sie habe beim Thema Migration große Erfolge vorzuweisen und bei der Reform des europäischen Asylsystems "einen großen Verhandlungserfolg" erzielt. Co-Chefin Saskia Esken sagte dem Sender Welt TV, Faeser habe als Innenministerin bislang einen "großartigen Job" gemacht. "Den soll sie auch weiterhin tun, denn es sind wichtige Aufgaben." SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in der "Berliner Runde" der ARD, die Parteispitze stehe klar hinter Faeser.
Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), verlangte hingegen eine Kabinettsumbildung in Berlin. Faeser kehre geschlagen nach Berlin zurück. "Sie wird nun noch weniger die notwendige Autorität besitzen, um die anhaltende Migrationskrise auf Berliner und Brüsseler Ebene zu lösen", sagte er.
Nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen traf "ein blasser Ministerpräsident" auf eine "völlig indisponierte Herausforderin" Faeser. Beim Wähler-Ansehen landete Faeser demnach auf einer +5/-5-Skala weit im Negativbereich mit minus 1,3 - dem schlechtesten Image eines SPD-Kandidaten überhaupt bei einer Landtagswahl.
FDP zeigt auf die Ampel im Bund
Die hessische FDP-Vorsitzende Bettina Stark-Watzinger führte das schwache Abschneiden ihrer Partei auch auf die Ampel-Koalition im Bund zurück. "Alle drei Koalitionsparteien haben Einbußen hier in Hessen hinnehmen müssen", sagte die Bundesbildungsministerin.
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigte sich hocherfreut über das Abschneiden ihrer Partei. "Unsere Politik gibt uns recht", sagte Weidel. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der "Verbotspolitik" der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.
Die Linke-Parteivorsitzende Janine Wissler äußerte sich schwer enttäuscht. "Es ist so bitter, dass wir unsere Arbeit nicht weiter fortsetzen können", sagte sie mit Blick auf ihr Heimatland Hessen, wo die Linke nicht mehr im Landtag vertreten sein wird. Immens geschadet hätten auch die Spekulationen über eine Parteineugründung durch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.
Schwarz-Grün regiert bislang mit knapper Mehrheit
Seit knapp 25 Jahren wird Hessen von der CDU regiert, seit fast zehn Jahren gemeinsam mit den Grünen - derzeit mit einer Mehrheit von einem Mandat. Ziel des derzeitigen Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir (52) sowie von SPD-Spitzenkandidatin Faeser (53) war es gewesen, Rhein (51) an der Spitze der Landesregierung abzulösen. Vor der Wahl hatte Faeser klargestellt, nur bei einem solchen Wahlsieg aus Berlin zurück in die Landespolitik zu wechseln.
Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte waren in Hessen aufgerufen, ihre Kreuzchen zu machen. Insgesamt hat das Bundesland in der Mitte Deutschlands mehr als 6 Millionen Einwohner./bg/DP/zb