Berlin (ots) -
Der türkische Präsident Erdogan wandelt sich zum Despoten
Für viele Türkinnen und Türken beginnt das neue Jahr mit einer schlechten Nachricht. Der staatlich festgesetzte Mindestlohn, mit dem immerhin sieben Millionen türkische Arbeitnehmer auskommen müssen, wird zum 1. Januar um 49 Prozent erhöht - nur. Denn die Inflation im Land erreichte im November 62 Prozent. Die Preise vieler Lebensmittel haben sich im Vergleich zum Vorjahr sogar mehr als verdoppelt. Der neue Mindestlohn entspricht 519,20 Euro. Die Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie liegt nach Berechnungen der türkischen Metallarbeitergewerkschaft Bisam bei umgerechnet 1343 Euro.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zwingen Präsident Recep Tayyip Erdogan, die von ihm selbst abgebrochenen Brücken zu Europa wieder aufzubauen. Denn die EU ist der wichtigste Handelspartner der Türkei. Von dort kommen die meisten Investoren. Aber von einer Aufnahme in die EU ist der ewige Beitrittskandidat Türkei heute weiter entfernt als je zuvor.
Auch wenn man jetzt mit Brüssel über eine Vertiefung der Zollunion und Visa-Erleichterungen verhandelt: Die Kopenhagener Kriterien für einen Beitrittskandidaten, die unter anderem Achtung der Menschenrechte, Demokratie, den Schutz von Minderheiten und Rechtsstaatlichkeit verlangen, erfüllt das Land schon lange nicht mehr. Eine gelenkte Justiz, geknebelte Medien, Tausende Regierungskritiker hinter Gittern: Erdogan wandelt sich immer mehr zum Despoten, die Türkei ist auf dem Weg in eine Diktatur.
Auch außenpolitisch isoliert Erdogan sein Land, statt es zu öffnen. Das alte Jahr hat der türkische Staatschef mit einer seiner schrillen Tiraden ausklingen lassen: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sei "wie Hitler", erklärte der türkische Präsident. Die Nazi-Keule schwingt Erdogan seit jeher gern. Angela Merkel warf er "Nazi-Methoden" vor, Europa sei ein Kontinent "besiedelt von Nazi-Überbleibseln", so Erdogan vor einigen Jahren.
Die ständigen Faschismus-Vorwürfe zeigen nicht nur eine eklatante Unkenntnis der europäischen Geschichte. Das Fach kam vielleicht in der islamischen Priesterschule, die Erdogan besuchte, auf dem Stundenplan zu kurz. Mit solchen Entgleisungen ist der türkische Präsident auf dem internationalen Parkett nicht gesellschaftsfähig.
Erdogan führt völkerrechtswidrige Kriege in Syrien und im Nordirak, er finanziert Söldner in Libyen und im Kaukasus. Dem Bündnispartner Griechenland drohte er noch vergangenes Jahr, Raketen auf Athen abzufeuern. Nicht nur damit strapaziert Erdogan die Geduld der Nato-Partner. Seit über 18 Monaten blockiert er die Aufnahme Schwedens in das Bündnis. Freuen kann sich darüber nur einer: Kremlchef Putin.
Ständig stellt Erdogan neue Bedingungen: Mal fordert er von Schweden die Auslieferung türkischer Regierungskritiker, in denen er "Terroristen" sieht, mal verlangt er als Preis für sein Plazet zur Nato-Erweiterung eine Beitrittszusage der EU. In jüngster Zeit ist es die Lieferung amerikanischer F-16-Kampfflugzeuge, von der Erdogan ein Ende der Beitritts-Blockade abhängig macht.
Mit dieser Politik macht der türkische Präsident sein Land zum Paria und liefert den Gegnern eines türkischen EU-Beitritts jede Menge schlagkräftige Argumente. Die Vorstellung, dass bei EU-Ratstagungen stets ein politischer Erpresser mit am Tisch sitzen würde, ist unerträglich. Für Erdogans Türkei ist deshalb in der EU kein Platz.
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Der türkische Präsident Erdogan wandelt sich zum Despoten
Für viele Türkinnen und Türken beginnt das neue Jahr mit einer schlechten Nachricht. Der staatlich festgesetzte Mindestlohn, mit dem immerhin sieben Millionen türkische Arbeitnehmer auskommen müssen, wird zum 1. Januar um 49 Prozent erhöht - nur. Denn die Inflation im Land erreichte im November 62 Prozent. Die Preise vieler Lebensmittel haben sich im Vergleich zum Vorjahr sogar mehr als verdoppelt. Der neue Mindestlohn entspricht 519,20 Euro. Die Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie liegt nach Berechnungen der türkischen Metallarbeitergewerkschaft Bisam bei umgerechnet 1343 Euro.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zwingen Präsident Recep Tayyip Erdogan, die von ihm selbst abgebrochenen Brücken zu Europa wieder aufzubauen. Denn die EU ist der wichtigste Handelspartner der Türkei. Von dort kommen die meisten Investoren. Aber von einer Aufnahme in die EU ist der ewige Beitrittskandidat Türkei heute weiter entfernt als je zuvor.
Auch wenn man jetzt mit Brüssel über eine Vertiefung der Zollunion und Visa-Erleichterungen verhandelt: Die Kopenhagener Kriterien für einen Beitrittskandidaten, die unter anderem Achtung der Menschenrechte, Demokratie, den Schutz von Minderheiten und Rechtsstaatlichkeit verlangen, erfüllt das Land schon lange nicht mehr. Eine gelenkte Justiz, geknebelte Medien, Tausende Regierungskritiker hinter Gittern: Erdogan wandelt sich immer mehr zum Despoten, die Türkei ist auf dem Weg in eine Diktatur.
Auch außenpolitisch isoliert Erdogan sein Land, statt es zu öffnen. Das alte Jahr hat der türkische Staatschef mit einer seiner schrillen Tiraden ausklingen lassen: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sei "wie Hitler", erklärte der türkische Präsident. Die Nazi-Keule schwingt Erdogan seit jeher gern. Angela Merkel warf er "Nazi-Methoden" vor, Europa sei ein Kontinent "besiedelt von Nazi-Überbleibseln", so Erdogan vor einigen Jahren.
Die ständigen Faschismus-Vorwürfe zeigen nicht nur eine eklatante Unkenntnis der europäischen Geschichte. Das Fach kam vielleicht in der islamischen Priesterschule, die Erdogan besuchte, auf dem Stundenplan zu kurz. Mit solchen Entgleisungen ist der türkische Präsident auf dem internationalen Parkett nicht gesellschaftsfähig.
Erdogan führt völkerrechtswidrige Kriege in Syrien und im Nordirak, er finanziert Söldner in Libyen und im Kaukasus. Dem Bündnispartner Griechenland drohte er noch vergangenes Jahr, Raketen auf Athen abzufeuern. Nicht nur damit strapaziert Erdogan die Geduld der Nato-Partner. Seit über 18 Monaten blockiert er die Aufnahme Schwedens in das Bündnis. Freuen kann sich darüber nur einer: Kremlchef Putin.
Ständig stellt Erdogan neue Bedingungen: Mal fordert er von Schweden die Auslieferung türkischer Regierungskritiker, in denen er "Terroristen" sieht, mal verlangt er als Preis für sein Plazet zur Nato-Erweiterung eine Beitrittszusage der EU. In jüngster Zeit ist es die Lieferung amerikanischer F-16-Kampfflugzeuge, von der Erdogan ein Ende der Beitritts-Blockade abhängig macht.
Mit dieser Politik macht der türkische Präsident sein Land zum Paria und liefert den Gegnern eines türkischen EU-Beitritts jede Menge schlagkräftige Argumente. Die Vorstellung, dass bei EU-Ratstagungen stets ein politischer Erpresser mit am Tisch sitzen würde, ist unerträglich. Für Erdogans Türkei ist deshalb in der EU kein Platz.
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