Berlin (ots) -
Hat Sie in der letzten Zeit auch das ungute Gefühl beschlichen, dass sich unsere Gesellschaft zum Schlechten verändert, dass die Fundamente des Zusammenlebens ins Wanken geraten könnten? Dann sind Sie nicht allein: Sieben von zehn Bürgerinnen und Bürgern sind der Meinung, dass unsere Demokratie gefährdet sei. So hat es eine Umfrage für unsere Redaktion ergeben.
Der Wert ist bemerkenswert: Worauf können sich heutzutage noch 70 Prozent der Bevölkerung einigen? Auf kaum etwas. Zu individuell ist unsere Gesellschaft geworden, zu verschieden sind Lebensentwürfe und Chancen. Während manchen alle Türen und die ganze Welt offen zu stehen scheinen, fühlen sich andere allen Möglichkeiten auf Aufstieg und Wohlstand beraubt. Wenn also laut Umfrage sieben von zehn Menschen das Gefühl haben, dass die Demokratie in Deutschland in Gefahr ist, muss uns das aufrütteln. Wir müssen uns fragen, wie es so weit kommen konnte. Allerdings gibt es keinen Grund zur Verzweiflung: Denn neun von zehn Menschen wünschen sich, dass Deutschland eine Demokratie bleibt. Acht von zehn Befragten halten die Demokratie für die beste Staatsform, die es gibt.
Für den Untergang der Weimarer Republik wird oft als Grund genannt, sie sei eine Demokratie ohne Demokraten gewesen. Das, so lassen es zumindest die Ergebnisse der Umfrage schließen, gilt für unser Land nicht. Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung: Schließlich scheinen die Radikalen, die Unzufriedenen und Frustrierten die Stimmung in der Gesellschaft zu prägen. Nicht die Mehrheit der Bevölkerung, die hinter dieser Staatsform steht. Wir dürfen also nicht den Lauten und den Spaltern das Wort überlassen, wenn wir unsere Demokratie schützen und erhalten wollen.
Dazu gehört, dass wir wieder streiten lernen müssen. Wir leben in unsicheren Zeiten: Russlands Krieg gegen die Ukraine, der Klimawandel, aufsteigende Wirtschaftsmächte aus anderen Teilen der Welt. Die Folgen sind Gefahren für Frieden und Sicherheit in Europa, unser Lebenswandel steht ebenso infrage wie unser Wohlstand. Die Umbrüche sind enorm, all das kann Angst machen, wirft Fragen auf. Die Antworten darauf müssen wir als Gesellschaft finden, das geht nicht ohne Diskussion, auch Streit lässt sich nicht vermeiden. Das gehört zur Demokratie dazu. Nicht aber Hass, Angriffe auf Politiker oder eine Verrohung der politischen Kultur. Das gilt besonders fürs Netz, wo der Raum für Hetze endlos ist. Die beiden Unionsparteien müssen der Versuchung widerstehen, in der Hoffnung auf den kurzfristigen politischen Gewinn die Auseinandersetzung mit der ganz groben Keule zu führen.
Damit ist es natürlich nicht getan. Der Frust in Teilen der Gesellschaft über die Regierung ist groß. Wenn in manchen Bundesländern ein Drittel der Wählerinnen und Wählern ihr Kreuz bei der AfD machen will, ist das ein Problem, das sich nicht durch ein Parteiverbot lösen lässt. Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg später im Jahr könnten die Republik schwer erschüttern. In den vergangenen Monaten hat die Ampelkoalition von Kanzler Olaf Scholz mit ihrem Streit und mit ihrer teilweise chaotischen Regierungsführung für viel Verdrossenheit gesorgt. Nun kommt es auf Ergebnisse an und auf Verlässlichkeit. Der Bundeskanzler sollte außerdem erklären, warum es trotz der großen Zukunftsfragen in einem Land wie Deutschland auch Gründe zur Zuversicht gibt. Wir alle haben vergessen, das Gelungene zu schätzen.
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Hat Sie in der letzten Zeit auch das ungute Gefühl beschlichen, dass sich unsere Gesellschaft zum Schlechten verändert, dass die Fundamente des Zusammenlebens ins Wanken geraten könnten? Dann sind Sie nicht allein: Sieben von zehn Bürgerinnen und Bürgern sind der Meinung, dass unsere Demokratie gefährdet sei. So hat es eine Umfrage für unsere Redaktion ergeben.
Der Wert ist bemerkenswert: Worauf können sich heutzutage noch 70 Prozent der Bevölkerung einigen? Auf kaum etwas. Zu individuell ist unsere Gesellschaft geworden, zu verschieden sind Lebensentwürfe und Chancen. Während manchen alle Türen und die ganze Welt offen zu stehen scheinen, fühlen sich andere allen Möglichkeiten auf Aufstieg und Wohlstand beraubt. Wenn also laut Umfrage sieben von zehn Menschen das Gefühl haben, dass die Demokratie in Deutschland in Gefahr ist, muss uns das aufrütteln. Wir müssen uns fragen, wie es so weit kommen konnte. Allerdings gibt es keinen Grund zur Verzweiflung: Denn neun von zehn Menschen wünschen sich, dass Deutschland eine Demokratie bleibt. Acht von zehn Befragten halten die Demokratie für die beste Staatsform, die es gibt.
Für den Untergang der Weimarer Republik wird oft als Grund genannt, sie sei eine Demokratie ohne Demokraten gewesen. Das, so lassen es zumindest die Ergebnisse der Umfrage schließen, gilt für unser Land nicht. Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung: Schließlich scheinen die Radikalen, die Unzufriedenen und Frustrierten die Stimmung in der Gesellschaft zu prägen. Nicht die Mehrheit der Bevölkerung, die hinter dieser Staatsform steht. Wir dürfen also nicht den Lauten und den Spaltern das Wort überlassen, wenn wir unsere Demokratie schützen und erhalten wollen.
Dazu gehört, dass wir wieder streiten lernen müssen. Wir leben in unsicheren Zeiten: Russlands Krieg gegen die Ukraine, der Klimawandel, aufsteigende Wirtschaftsmächte aus anderen Teilen der Welt. Die Folgen sind Gefahren für Frieden und Sicherheit in Europa, unser Lebenswandel steht ebenso infrage wie unser Wohlstand. Die Umbrüche sind enorm, all das kann Angst machen, wirft Fragen auf. Die Antworten darauf müssen wir als Gesellschaft finden, das geht nicht ohne Diskussion, auch Streit lässt sich nicht vermeiden. Das gehört zur Demokratie dazu. Nicht aber Hass, Angriffe auf Politiker oder eine Verrohung der politischen Kultur. Das gilt besonders fürs Netz, wo der Raum für Hetze endlos ist. Die beiden Unionsparteien müssen der Versuchung widerstehen, in der Hoffnung auf den kurzfristigen politischen Gewinn die Auseinandersetzung mit der ganz groben Keule zu führen.
Damit ist es natürlich nicht getan. Der Frust in Teilen der Gesellschaft über die Regierung ist groß. Wenn in manchen Bundesländern ein Drittel der Wählerinnen und Wählern ihr Kreuz bei der AfD machen will, ist das ein Problem, das sich nicht durch ein Parteiverbot lösen lässt. Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg später im Jahr könnten die Republik schwer erschüttern. In den vergangenen Monaten hat die Ampelkoalition von Kanzler Olaf Scholz mit ihrem Streit und mit ihrer teilweise chaotischen Regierungsführung für viel Verdrossenheit gesorgt. Nun kommt es auf Ergebnisse an und auf Verlässlichkeit. Der Bundeskanzler sollte außerdem erklären, warum es trotz der großen Zukunftsfragen in einem Land wie Deutschland auch Gründe zur Zuversicht gibt. Wir alle haben vergessen, das Gelungene zu schätzen.
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