Die AIDS Healthcare Foundation (AHF) richtete heute einen offenen Brief an die Führungsspitze des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS (UNAIDS) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO), in dem die beiden Organisationen aufgefordert werden, ihre HIV-Daten einer Prüfung zu unterziehen, und zwar angesichts von Bedenken, dass die globale Zahl der Menschen, die sich einer HIV-Behandlung unterziehen, erheblich überschätzt wird.
Anlass zu dieser Aufforderung seitens der AHF war die kürzliche Veröffentlichung einer Abhandlung im British Medical Journal (BMJ Open), der zu entnehmen war, dass die von UNAIDS gemeldeten Zahlen diejenigen Patienten nicht vollumfänglich berücksichtigen, die mit einer Behandlung beginnen, diese jedoch nicht fortführen. Überhöhte Zahlen würden bedeuten, dass die gegen diese Epidemie erzielten Fortschritte langsamer als erwartet sind und dass mehr Ressourcen investiert werden müssten, um die globale HIV-Reaktion wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.
"Die Kontrolle von AIDS bedeutet, dass weniger Neuinfektionen auftreten als Todesfällle. Dies entspricht jedoch keineswegs der aktuellen Realität und wir werden dieses Ziel auch bis zum Jahr 2030 nicht erreichen, wenn wir keine Kurskorrektur vornehmen und uns auf die Retention konzentrieren", so AHF-Präsident Michael Weinstein. "Wir haben UNAIDS unsere Hilfe bei dem Prüfungsverfahren auf jede praktisch durchführbare Weise angeboten."
Nachstehend der vollständige Wortlaut des offenen Briefes:
Offener Brief an UNAIDS und die WHO bezüglich unrichtiger Daten zur HIV-Behandlung
Mit diesem Schreiben möchten wir unserer Besorgnis über die Unrichtigkeit der von UNAIDS gemeldeten globalen Statistik zur HIV-Behandlung Ausdruck verleihen. Wir gelangten zu diesem Schluss auf der Basis unserer Erfahrung mit der Versorgung von über 1,9 Millionen Menschen in 46 Ländern sowie einer unlängst im British Medical Journal (BMJ Open) veröffentlichten Forschungsabhandlung. In diesem Artikel wird deutlich gemacht, warum die von UNAIDS angegebenen Zahlen, denen zufolge 76 Prozent aller diagnostizierten Patienten behandelt würden und 71 Prozent dieser Patienten virussupprimiert seien, höher sind als die tatsächlichen Zahlen.
Wenn diese Schätzungen der Realität entsprächen, dann würden mehr als 29,6 Millionen Menschen behandelt und 21 Millionen wären virussupprimiert, und dann wäre ein erheblich steilerer Rückgang in der Zahl HIV-bezogener Todesfälle und Neuinfektionen zu beobachten während diese weiterhin hartnäckig hoch sind.
Unsere praktischen Erfahrungen vor Ort stimmen mit dem Artikel im BMJ Open überein. Wenn wir in neuen Regierungseinrichtungen tätig werden und eine vollständige Prüfung der Patientenakten vornehmen, dann stellen wir häufig fest, dass etwa 25 bis 30 Prozent der angemeldeten Patienten die Versorgung nicht fortführen. Manche davon gehen zu anderen Einrichtungen, während andere nicht wiederkommen. Ungeachtet der Ursache werden in einer typischen Situation etwa ein Viertel bis ein Drittel der Patienten nicht erfasst, was bedeutet, dass sie keine Versorgung und Medikamente erhalten. Mit anderen Worten ist die in diesen Einrichtungen gemeldete Zahl der Patienten in vielen Fällen kumulativ und überholt. Wir sind bereit, unsere Unterlagen bereitzustellen, um diese Behauptungen zu belegen.
Dies ist aus mehreren Gründen von Bedeutung:
Erstens muss weltweit mehr geleistet werden, um AIDS unter Kontrolle zu bringen, als von den aktuellen Daten dargelegt wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sind weitere Finanzmittel und innovative Methoden erforderlich.
Zweitens muss die Aufmerksamkeit auf Versorgungsretention gerichtet werden, wo eine deutliche Lücke besteht. Angesichts der Tatsache, dass die HIV-Behandlung weiterhin eine lebenslange Verpflichtung ist, ist es unvermeidlich, dass die Patienten ihren Wohnort wechseln und weiterhin mit Armut, Unsicherheit, Stigmatisierung, Behandlungsmüdigkeit und zahlreichen weiteren Herausforderungen des Lebens zu kämpfen haben.
Drittens wurden bei der Behandlung von HIV weltweit zwar enorme historische Fortschritte erzielt, aber eine Unterschätzung des Arbeitspensums, das noch vor uns liegt, könnte wichtige Spender davon abhalten, ihre großzügigen Spenden weiter bereitzustellen.
Viertens könnten wiederholte und unrichtige Aussagen, dass wir auf der Schwelle stehen, die AIDS-Epidemie hinter uns zu lassen, das öffentliche Bewusstsein zu der Annahme veranlassen, dass AIDS in der Tat der Vergangenheit angehöre.
UNAIDS verlässt sich hinsichtlich der Zahlen auf Regierungsangaben. Es liegt jedoch im Interesse von Regierungen, ein möglichst rosiges Bild zu malen. Aber bei einer so wichtigen Angelegenheit wie dem aktuellen Stand der globalen HIV/AIDS-Behandlung sind der Wirklichkeit entsprechende und genaue Messwerte unerlässlich.
Wir fordern UNAIDS und die WHO dringend dazu auf, mindestens 10 Prozent der Patientenunterlagen rund um den Globus einer Prüfung zu unterziehen. Dies mag eine gigantische Aufgabe erscheinen aber die AHF führt solche Zählungen bei ihren fast 2 Millionen Patienten regelmäßig durch. Wir bieten unsere Unterstützung vor Ort und auf Landesebene an, sollte diese erwünscht sein.
Die Epidemiologie ist der Anfangspunkt einer Krankheitskontrolle. Man kann eine Krankheit nicht unter Kontrolle bringen, wenn man nicht ganz genau weiß, wer sie hat und wer dagegen behandelt wird. Wir sind der Auffassung, dass unser Vorschlag ein spannendes neues Kapitel im globalen AIDS eröffnen wird, das erfreuliche Ergebnisse ermöglicht. Wir freuen uns darauf, diesen Weg mit Ihnen zu gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Weinstein, AHF President
Über die AIDS Healthcare Foundation (AHF)
Die AIDS Healthcare Foundation (AHF) ist eine globale Non-Profit-Organisation, die 1,9 Millionen Menschen in 45 Ländern in den USA, Afrika, Lateinamerika/der Karibik, Asien/Pazifik und Europa Medizin und Beratung zur Verfügung stellt. Derzeit sind wir weltweit der größte Non-Profit-Anbieter für HIV/AIDS-Versorgung. Auf dieser Website erfahren Sie mehr über die AHF: www.aidshealth.org auf Facebook: www.facebook.com/aidshealth und folgen Sie uns auf Twitter: @aidshealthcare und Instagram: @aidshealthcare.
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