Berlin (ots) -
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat eine Nahost-Tournee hinter sich. Israel, Westjordanland, Ägypten und am Mittwoch Libanon: Seit den fürchterlichen Attacken der Hamas vom 7. Oktober ist die Lage in der Region gefährlich wie selten zuvor. Israel geht mit aller Macht gegen die Terrororganisation im Gazastreifen vor und nimmt dabei wenig Rücksicht auf Zivilisten. Das Risiko, dass sich der Krieg zum Flächenbrand ausweitet, ist beträchtlich. Europäer und Amerikaner versuchen alles, um das zu verhindern.
In Deutschland wird der Krieg bisher vorwiegend als außenpolitisches Thema diskutiert. Die Frage ist, wie lange das noch so sein wird. Wer Baerbock in den vergangenen Tagen beobachtet hat, der konnte die Zerrissenheit der Bundesregierung und ihrer Chefdiplomatin förmlich mit Händen greifen: Auf der einen Seite die unbedingte Solidarität mit Israel, dessen Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist. Deutschland, das Land des Holocaust, muss in dieser historischen Situation an der Seite des jüdischen Staates stehen. Es geht nicht anders. Alles andere wäre ein Verrat an den grundlegenden Werten, denen sich das demokratische Deutschland nach 1945 verschrieben hat.
Auf der anderen Seite aber geschehen im Gazastreifen Dinge, die diesen Werten diametral entgegenstehen. In dem abgeriegelten Gebiet spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Ihre Ausmaße lassen sich allenfalls erahnen, weil es an überprüfbaren Informationen fehlt und Journalisten nicht frei aus dem Gebiet berichten können. Die Hamas benutzt Zivilisten als menschliche Schutzschilde, was die israelische Armee wenig beeindruckt. Mehr als 20.000 Menschen sollen durch die Militäroperation bereits ums Leben gekommen sein. Gaza ist die Hölle auf Erden.
1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Aber sie können nicht raus aus dem abgeriegelten Küstenstreifen. Und Hilfsgüter lassen die Israelis nur spärlich hinein. Vertreter der Vereinten Nationen, die einiges gewöhnt sind, sagen, dass sie so viel Leid noch nie erlebt hätten. In dem Moment, in dem es mehr Bilder und mehr Berichte aus dem Gazastreifen geben wird, dürfte in Deutschland eine heftige Debatte darüber losbrechen, ob die Bundesrepublik in diesem Konflikt tatsächlich auf der richtigen Seite der Geschichte steht. Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln - aber das Elend im Gazastreifen kann niemanden kaltlassen, der zur Empathie fähig ist. Das gilt selbstverständlich auch für all jene, für die das Existenzrecht Israels unverhandelbar ist.
Die große Frage ist, wie lange die Ampelkoalition diesen Widerspruch aushält, wenn er eines Tages zum Großthema der öffentlichen Debatte wird. In diesem Jahr finden Europawahlen und Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern statt. Ganz rechts und ganz links im politischen Spektrum gibt es genügend Akteure, die keine Hemmungen haben dürften, mit Israel- und Außenpolitik Wahlkampf zu machen. Das Thema eignet sich hervorragend zur Mobilisierung.
Am Beispiel der Ukraine kann man sehen, dass auch hierzulande der Rückhalt für die Unterstützung eines bedrängten Landes mit der Zeit deutlich schwinden kann. Und im Falle des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind die Rollen noch ziemlich klar verteilt. In Sachen Israel und Gaza ist die Lage ungleich verworrener. Für die Berliner Regierung ist das keine gute Ausgangslage, um ihr Handeln im Nahen Osten überzeugend zu erklären. Gaza als innenpolitisches Problem: Das hat der angeschlagenen Ampel gerade noch gefehlt.
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Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat eine Nahost-Tournee hinter sich. Israel, Westjordanland, Ägypten und am Mittwoch Libanon: Seit den fürchterlichen Attacken der Hamas vom 7. Oktober ist die Lage in der Region gefährlich wie selten zuvor. Israel geht mit aller Macht gegen die Terrororganisation im Gazastreifen vor und nimmt dabei wenig Rücksicht auf Zivilisten. Das Risiko, dass sich der Krieg zum Flächenbrand ausweitet, ist beträchtlich. Europäer und Amerikaner versuchen alles, um das zu verhindern.
In Deutschland wird der Krieg bisher vorwiegend als außenpolitisches Thema diskutiert. Die Frage ist, wie lange das noch so sein wird. Wer Baerbock in den vergangenen Tagen beobachtet hat, der konnte die Zerrissenheit der Bundesregierung und ihrer Chefdiplomatin förmlich mit Händen greifen: Auf der einen Seite die unbedingte Solidarität mit Israel, dessen Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist. Deutschland, das Land des Holocaust, muss in dieser historischen Situation an der Seite des jüdischen Staates stehen. Es geht nicht anders. Alles andere wäre ein Verrat an den grundlegenden Werten, denen sich das demokratische Deutschland nach 1945 verschrieben hat.
Auf der anderen Seite aber geschehen im Gazastreifen Dinge, die diesen Werten diametral entgegenstehen. In dem abgeriegelten Gebiet spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Ihre Ausmaße lassen sich allenfalls erahnen, weil es an überprüfbaren Informationen fehlt und Journalisten nicht frei aus dem Gebiet berichten können. Die Hamas benutzt Zivilisten als menschliche Schutzschilde, was die israelische Armee wenig beeindruckt. Mehr als 20.000 Menschen sollen durch die Militäroperation bereits ums Leben gekommen sein. Gaza ist die Hölle auf Erden.
1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Aber sie können nicht raus aus dem abgeriegelten Küstenstreifen. Und Hilfsgüter lassen die Israelis nur spärlich hinein. Vertreter der Vereinten Nationen, die einiges gewöhnt sind, sagen, dass sie so viel Leid noch nie erlebt hätten. In dem Moment, in dem es mehr Bilder und mehr Berichte aus dem Gazastreifen geben wird, dürfte in Deutschland eine heftige Debatte darüber losbrechen, ob die Bundesrepublik in diesem Konflikt tatsächlich auf der richtigen Seite der Geschichte steht. Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln - aber das Elend im Gazastreifen kann niemanden kaltlassen, der zur Empathie fähig ist. Das gilt selbstverständlich auch für all jene, für die das Existenzrecht Israels unverhandelbar ist.
Die große Frage ist, wie lange die Ampelkoalition diesen Widerspruch aushält, wenn er eines Tages zum Großthema der öffentlichen Debatte wird. In diesem Jahr finden Europawahlen und Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern statt. Ganz rechts und ganz links im politischen Spektrum gibt es genügend Akteure, die keine Hemmungen haben dürften, mit Israel- und Außenpolitik Wahlkampf zu machen. Das Thema eignet sich hervorragend zur Mobilisierung.
Am Beispiel der Ukraine kann man sehen, dass auch hierzulande der Rückhalt für die Unterstützung eines bedrängten Landes mit der Zeit deutlich schwinden kann. Und im Falle des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sind die Rollen noch ziemlich klar verteilt. In Sachen Israel und Gaza ist die Lage ungleich verworrener. Für die Berliner Regierung ist das keine gute Ausgangslage, um ihr Handeln im Nahen Osten überzeugend zu erklären. Gaza als innenpolitisches Problem: Das hat der angeschlagenen Ampel gerade noch gefehlt.
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