10.01.2024 - Nachlassender Inflationsdruck und eine relativ zurückhaltende US-Notenbank Fed haben in den letzten Wochen zu einem Anstieg bei Anleihen und risikobehafteten Anlageklassen geführt. Doch die Risiken im Zusammenhang mit Spekulationen nehmen zu, da die Märkte bereits viel von den für 2024 erwarteten Gewinnen eingepreist haben.Wir teilen die Ansicht, dass die Zentralbanken im Jahr 2024 einen Kurswechsel vornehmen werden, gehen aber von ersten Zinssenkungen erst im Mai/Juni aus. Die Gründe für diese Schritte sind ebenfalls wichtig. Unserer Ansicht nach wird eine sich verlangsamende Wirtschaft - nicht nur eine sich verlangsamende Inflation - die Fed zu einer Lockerung der Geldpolitik drängen, wobei sie weiterhin achtsam vorgehen wird, um auf überraschende Inflationsanstiege reagieren zu können.
Die folgenden Themen sind für uns die wichtigsten Faktoren für das globale wirtschaftliche Umfeld:
- Die Inflation ist rückläufig, aber es ist noch zu früh, um sie für überwunden zu erklären. Die Kerninflation in den USA bleibt hartnäckig, und die Europäische Zentralbank EZB ist besorgt über den Anstieg der Löhne und Gehälter, während sie die Markterwartungen von Senkungen in naher Zukunft bremst. Die Zentralbanken können noch einige Monate warten, bevor sie die Geldpolitik lockern.
- Konjunkturabschwächung in den USA und Europa. Die Arbeitsmärkte entspannen sich, und die Einschätzung der Verbraucher, dass sich die Arbeitsplatzsicherheit verschlechtert, trägt dazu bei, dass wir für das erste Halbjahr eine leichte Rezession in den USA erwarten. In Verbindung mit einer Verlangsamung in China würde sich dies auch negativ auf Europa auswirken, wo die Zukunftsindikatoren schwach sind, während das übrige Asien und die Schwellenländer weiterhin widerstandsfähig bleiben dürften.
- Fiskalzwänge in den USA und Europa. Derzeit ignorieren die Märkte offenbar das Problem der langfristigen Schuldentragfähigkeit der USA und lassen sich von den Prognosen der Fed leiten. In Europa ist die Vereinbarung zum Bundeshaushalt 2024 in Deutschland ein Kompromiss, der auf Ausgabenkürzungen abzielt, jedoch das Wachstum beeinträchtigen könnte.
- Unternehmen werden vorsichtig. Umfragen deuten auf Zurückhaltung bei den Beschäftigungs- und Investitionsplänen der Unternehmen hin. Die jüngsten Unternehmensergebnisse zeigen auch eine schwache Konsumnachfrage.
- Geopolitische Fragen dominieren das beginnende Wahljahr, das mit den Taiwan-Wahlen im Januar startet.
Für Investoren könnten folgende Anlageklassen interessant sein:
- Anlageklassen-übergreifende Perspektive: Trotz der jüngsten Renditeanstiege können US-Staatsanleihen und andere ausgewählte Staatsanleihen in einer Zeit potenzieller wirtschaftlicher Spannungen im ersten Halbjahr zur Diversifizierung der Portfolios beitragen. Auf der anderen Seite bleiben wir bei den Aktien der Industrieländer (DM) eher vorsichtig, aber Investoren sollten aus unserer Sicht eine taktische Aufwärtsbewegung nicht ausschließen, die man mittels Derivaten nützen könnte. Gegenüber den Schwellenländern haben wir eine positive Haltung, sehen aber nach der Performance von Märkten wie Brasilien ein gewisses Konsolidierungspotenzial. Bei Fremdwährungen sind wir nach dem jüngsten übermäßigen Rückgang des USD gegenüber den zyklischen Währungen zu einer eher neutralen Haltung übergegangen. Wir halten jedoch an unserer vorsichtigen Einschätzung des USD gegenüber dem JPY fest. Generell bleiben wir über Rohstoffe diversifiziert.
- Anleihen: Fundamental attraktive risikofreie Renditen unterstützen eine positive Einstellung zu US-Anleihen, aber nach der jüngsten Rallye sollten Anleger aus unserer Sicht ein flexibles Management der Duration beibehalten. Die Duration (durchschnittliche Kapitalbindungsdauer) ist ein Maß für die Zinssensitivität von Anleihen. In Europa ist Duration zwar langfristig attraktiv, aber angesichts der jüngsten starken Bewegungen sind wir taktisch etwas vorsichtiger geworden. Gegenüber Japan bleiben wir defensiv und sehr aktiv eingestellt. Bei den Unternehmensanleihen haben sich die Renditeabstände (Spreads) bei US-Investment Grade-Anleihen, also Anleihen hoher Bonität, und Hochzinsanleihen auf das Niveau von Anfang 2022 reduziert, so dass wir weiterhin sehr selektiv vorgehen und uns auf qualitativ hochwertige Anleihen konzentrieren.
- Aktien: Geschäftsumfeld und Ertragslage für Aktien sind schwierig. Eine Normalisierung der Wirtschaft nach dem ersten Halbjahr sollte für eine Verbesserung der Marktstimmung sorgen. Wir bleiben vorerst neutral gegenüber Japan und vorsichtig gegenüber den USA und Europa, insbesondere gegenüber Large Caps (hohe Marktkapitalisierung), Wachstumswerten und den sieben großen US-Technologiewerten. Stattdessen bevorzugen wir eine ausgewogene Haltung und schauen auf defensive Titel, aber nicht nur in den traditionellen Sektoren. Darüber hinaus setzen wir auf Qualität, Value (wertorientierte Aktien) und dividendenorientierte Titel in Europa und den USA.
- Schwellenländer: Das robuste Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern und das Erholungspotenzial bei den Gewinnen unterstützen unsere positive Einstellung gegenüber Aktien. Uns gefallen zyklische Konsumgüter und Finanzwerte, und auf Länderebene sehen wir Chancen in Indien und Indonesien. Bei den Anleihen sind eine mögliche Zinswende der US-Notenbank, nachlassende Inflation in den Schwellenländern und ein starkes Wirtschaftswachstum die wichtigsten Faktoren für unsere Einschätzung. Auf regionaler Ebene bevorzugen wir Lateinamerika und halten Ausschau nach selektiven Chancen bei Staats- und Unternehmensanleihen.
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