TEL AVIV/WASHINGTON (dpa-AFX) - US-Außenminister Antony Blinken hat die israelische Führung bei einem Besuch in Israel in verschärfter Tonlage ermahnt, im Krieg gegen islamistische Hamas mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die Entmenschlichung, die Israel bei dem Massaker durch die Hamas im Oktober erlebt habe, könne "kein Freibrief" sein, um selbst andere zu entmenschlichen, sagte Blinken am Mittwoch nach Gesprächen in Tel Aviv.
Die USA drängten Israel schon länger, den Schutz der Zivilbevölkerung zu verstärken und mehr Hilfe für die Bevölkerung in Gaza zu ermöglichen, betonte er. "Und in den vergangenen vier Monaten hat Israel wichtige Schritte unternommen, um genau das zu tun." Doch die täglichen Opfer, die die Militäroperationen der unschuldigen Zivilbevölkerung abverlangten, seien "immer noch zu hoch". Das habe er auch dem israelischen Premierminister Benjamin und Netanjahu und anderen Regierungsmitgliedern bei seinen Gesprächen gesagt. Er habe auch mehrere wesentliche Schritte genannt, die Israel unternehmen sollte - unter anderem, um mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zuzulassen.
"Die Israelis wurden am 7. Oktober auf grausamste Weise entmenschlicht", betonte Blinken mit Blick auf das Massaker von Hamas-Terroristen in Israel vor vier Monaten. Die damals verschleppten Geiseln seien seitdem jeden Tag entmenschlicht worden. "Aber das kann kein Freibrief dafür sein, selbst andere zu entmenschlichen." Die überwältigende Mehrheit der Menschen in Gaza habe nichts mit dem Angriff der Hamas vom Oktober zu tun. Die Familien in Gaza, deren Überleben von israelischen Hilfslieferungen abhängig sei, seien wie Familien überall auf der Welt, die ein normales Leben leben und ihre Kinder zur Schule schicken wollten. "Wir können und dürfen unsere gemeinsame Menschlichkeit nicht aus den Augen verlieren", mahnte Blinken.
Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas in Israel ein verheerendes Massaker an Zivilisten angerichtet. Seitdem führt Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Bei dem Überfall auf Israel waren damals auch mehr als 200 Menschen gewaltsam verschleppt worden. Einige davon wurden inzwischen freigelassen.
Seit Kriegsbeginn sind nach Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde mehr als 100 000 Menschen getötet und verletzt worden oder werden unter Trümmern vermisst. Die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg und die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung durch den Konflikt haben international scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst./jac/DP/he