Berlin (ots) -
Passender hätte das Wetter an diesem Sonntag in Berlin nicht sein können. Leichter Nieselregen über der Hauptstadt, Menschen schlurfen mit Regenschirmen in Richtung Wahllokal. Schlangen bilden sich an diesem Tag nicht an den Wahlurnen. Es ist eigentlich eine historische Abstimmung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik muss eine Wahl in Teilen wiederholt werden: 0,9 Prozent aller Wahlberechtigten sind betroffen, ein Fünftel aller Berlinerinnen und Berliner dürfen abstimmen. Vielleicht sollte man besser sagen: müssen abstimmen. Wirkliche Spannung kam in diesem Wahlkampf nicht auf.
So kommt es, wie es kommen musste: Weit weniger Wähler haben ihre Stimme abgegeben als noch vor zwei Jahren. Das Wetter ist nicht Schuld daran.
Mit Schließung der Wahllokale beginnt die Suche nach der Sinnhaftigkeit dieser Wiederholungswahl. Viel zu lange hat es gedauert, bis ein Fünftel der Berliner erneut abstimmen durfte - jetzt ist die laufende Wahlperiode schon zur Hälfte vorbei. Die Koalition ist längst gebildet, der Kanzler längst gewählt. Der Sinn der Wiederholungswahl schwand mit jedem Monat, der verging. Zwei Jahre bis zur Korrektur von schweren Wahlversäumnissen sind deutlich zu lang. Das langwierige Prozedere der Wahlprüfung ist eine Achillesferse.
Dazu kommt, dass schon vor der Wiederholungswahl klar war, dass das Ergebnis keine praktische Rolle spielen würde. Sie bleibt eine kuriose Sondererscheinung im Berliner Politikbetrieb.
Die sogenannte politische Willensbildung war schwierig: Es gab keine Wahlprogramme, nur wenige Wahlkampfveranstaltungen und kaum inhaltliche Auseinandersetzungen. Bundesprominenz verirrte sich fast gar nicht in die betroffenen Gebiete. Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz blieben dem kuriosen Berliner Mini-Wahlkampf lieber fern.
Kurz gesagt: Es fehlte bei dieser Wiederholungswahl an vielem, was eine Bundestagswahl ausmacht. Die SPD-Vorsitzende Franziska Giffey sagte am Wahlabend: "Die Leute fragen sich schon, was bringt es, wenn ich da jetzt hingehe." Einige werden noch nicht mal verstanden haben, worum es eigentlich geht.
Was bleibt von diesem Sonntag? Die Erkenntnis, dass Wahlen ihrer Bedeutung beraubt werden, wenn sie nicht im ersten Durchgang ordentlich und ohne Pannen durchgeführt werden. Und dass in dieser Stadt nicht einmal selbstverständliche und einfache Dinge wie eine Wahl reibungslos funktionieren. Das darf sich so nicht wiederholen.
Wenn es ein bestimmendes Thema in den vergangenen Tagen gab, dann war es weniger die Auseinandersetzung mit der Politik der Ampelkoalition - sondern die Proteste gegen die AfD. Wer gehofft hatte, die Rechtsaußen-Partei werde bei der Wiederholungswahl weniger Zulauf erhalten, wurde enttäuscht. In Pankow legte die AfD deutlich zu, in anderen Bezirken zumindest leicht. Die CDU gewann ebenfalls. So wurde der Wahlabend doch noch zu einem Denkzettel für die Ampel - sowohl SPD, Grüne und FDP schnitten deutlich schlechter ab als 2021.
Wegen der schlechten Wahlbeteiligung und weil nur ein Fünftel der Stimmen neu ausgezählt wurde, blieben die Verluste moderat. Ein Denkzettel, der bei den anstehenden Landtagswahlen und der Europawahl sehr viel deutlicher ausfallen könnte. Viel Zeit hat die Koalition nicht mehr, auf die Stimmung im Land zu reagieren.
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Passender hätte das Wetter an diesem Sonntag in Berlin nicht sein können. Leichter Nieselregen über der Hauptstadt, Menschen schlurfen mit Regenschirmen in Richtung Wahllokal. Schlangen bilden sich an diesem Tag nicht an den Wahlurnen. Es ist eigentlich eine historische Abstimmung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik muss eine Wahl in Teilen wiederholt werden: 0,9 Prozent aller Wahlberechtigten sind betroffen, ein Fünftel aller Berlinerinnen und Berliner dürfen abstimmen. Vielleicht sollte man besser sagen: müssen abstimmen. Wirkliche Spannung kam in diesem Wahlkampf nicht auf.
So kommt es, wie es kommen musste: Weit weniger Wähler haben ihre Stimme abgegeben als noch vor zwei Jahren. Das Wetter ist nicht Schuld daran.
Mit Schließung der Wahllokale beginnt die Suche nach der Sinnhaftigkeit dieser Wiederholungswahl. Viel zu lange hat es gedauert, bis ein Fünftel der Berliner erneut abstimmen durfte - jetzt ist die laufende Wahlperiode schon zur Hälfte vorbei. Die Koalition ist längst gebildet, der Kanzler längst gewählt. Der Sinn der Wiederholungswahl schwand mit jedem Monat, der verging. Zwei Jahre bis zur Korrektur von schweren Wahlversäumnissen sind deutlich zu lang. Das langwierige Prozedere der Wahlprüfung ist eine Achillesferse.
Dazu kommt, dass schon vor der Wiederholungswahl klar war, dass das Ergebnis keine praktische Rolle spielen würde. Sie bleibt eine kuriose Sondererscheinung im Berliner Politikbetrieb.
Die sogenannte politische Willensbildung war schwierig: Es gab keine Wahlprogramme, nur wenige Wahlkampfveranstaltungen und kaum inhaltliche Auseinandersetzungen. Bundesprominenz verirrte sich fast gar nicht in die betroffenen Gebiete. Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz blieben dem kuriosen Berliner Mini-Wahlkampf lieber fern.
Kurz gesagt: Es fehlte bei dieser Wiederholungswahl an vielem, was eine Bundestagswahl ausmacht. Die SPD-Vorsitzende Franziska Giffey sagte am Wahlabend: "Die Leute fragen sich schon, was bringt es, wenn ich da jetzt hingehe." Einige werden noch nicht mal verstanden haben, worum es eigentlich geht.
Was bleibt von diesem Sonntag? Die Erkenntnis, dass Wahlen ihrer Bedeutung beraubt werden, wenn sie nicht im ersten Durchgang ordentlich und ohne Pannen durchgeführt werden. Und dass in dieser Stadt nicht einmal selbstverständliche und einfache Dinge wie eine Wahl reibungslos funktionieren. Das darf sich so nicht wiederholen.
Wenn es ein bestimmendes Thema in den vergangenen Tagen gab, dann war es weniger die Auseinandersetzung mit der Politik der Ampelkoalition - sondern die Proteste gegen die AfD. Wer gehofft hatte, die Rechtsaußen-Partei werde bei der Wiederholungswahl weniger Zulauf erhalten, wurde enttäuscht. In Pankow legte die AfD deutlich zu, in anderen Bezirken zumindest leicht. Die CDU gewann ebenfalls. So wurde der Wahlabend doch noch zu einem Denkzettel für die Ampel - sowohl SPD, Grüne und FDP schnitten deutlich schlechter ab als 2021.
Wegen der schlechten Wahlbeteiligung und weil nur ein Fünftel der Stimmen neu ausgezählt wurde, blieben die Verluste moderat. Ein Denkzettel, der bei den anstehenden Landtagswahlen und der Europawahl sehr viel deutlicher ausfallen könnte. Viel Zeit hat die Koalition nicht mehr, auf die Stimmung im Land zu reagieren.
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