KAIRO (dpa-AFX) - Die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten sind angesichts des Gaza-Kriegs äußerst angespannt: Ägypten will Israel nun vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen illegale Praktiken in den Palästinensergebieten vorwerfen. Das Land habe ein entsprechendes Memorandum beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eingereicht, teilte der Leiter des ägyptischen Staatsinformationsdiensts (SIS), Diaa Raschwan, am Sonntag mit.
Israels Besatzung der palästinensischen Gebiete, der Siedlungsbau, die Vertreibung von Palästinensern und andere Praktiken der israelischen Politik verstoßen demnach gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts. Raschwan kündigte an, Kairo werde am Mittwoch mündliche Beweise vor Gericht vorbringen. Am höchsten UN-Gericht beginnt am Montag bereits in einem anderen Verfahren eine Anhörung zu Israels Vorgehen in den besetzten palästinensischen Gebieten.
Ägypten will den Angaben zufolge auch den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalems, erwirken. Kairo will demnach zudem eine Entschädigung für die Palästinenser fordern.
Ägypten war 1979 das erste arabische Land, das einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet hatte. Die 2006 von Israel verschärfte Blockade des Gazastreifens hat das Nachbarland mitgetragen. Die Beziehungen haben sich im Zuge des Gaza-Kriegs jedoch verschlechtert. Die Regierung in Kairo sorgt sich, dass im Zuge der Kämpfe massenhaft Palästinenser aus dem Gazastreifen über die Grenze strömen könnten.
Im Sechs-Tage-Krieg hatte Israel 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben inzwischen Hunderttausende israelische Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat.
Seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in Israel hat die Siedlergewalt gegen Palästinenser noch einmal zugenommen. Hunderte Palästinenser im Westjordanland wurden seitdem von ihrem Land vertrieben. Mehrere westliche Staaten verhängten jüngst Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler. Israelischen Medien zufolge gab es in den vergangenen anderthalb Jahren im Westjordanland zugleich mehr Angriffe palästinensischer Attentäter auf israelische Zivilisten und Sicherheitskräfte.
Die ägyptische Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi steht selbst wegen massiver Verstöße gegen grundlegende Menschenrechte international in der Kritik. Menschenrechtler werfen dem Land unter anderem unrechtmäßige Tötungen, massenhafte willkürliche Verhaftungen, schwere Unterdrückung und Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung vor./cir/DP/he