19.02.2024 -
Impact Investoren sollten sich mit drei Themenblöcken im Jahr 2024 vertraut machen: Künstliche Intelligenz und dessen Rolle in zukünftigen Energiesystemen. EU-Verordnungen und Entwicklungen in der legislativen Landschaft. Das weltweite "Superwahljahr" und die aktuellen globalen Herausforderungen.
Künstliche Intelligenz (KI): Welche Rolle spielt sie bei der Gestaltung zukünftiger Energiesysteme? Mit dem weltweiten Anstieg der Nachfrage nach Elektrizität und dem Fortschritt bei der Dekarbonisierung durchlaufen Energiesysteme bedeutende Veränderungen. Das einst zentralisierte Modell zur Lenkung von Energie aus Kraftwerken entwickelt sich zu einem komplexen Netzwerk von multi-direktionalen Energieflüssen. Dezentrale Generatoren, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Solaranlagen für Wohnhäuser tragen zu einer fragmentierten Energielandschaft bei. Künstliche Intelligenz (KI) soll nun als Schlüsseltechnologie und mächtiges Werkzeug beim Energiemanagement zum Einsatz kommen. Doch zuerst muss über den Energieverbrauch der KI selbst gesprochen werden. Besonders energieintensiv ist dabei das Training mit Sprachmodellen und die Inferenz, also die Modellvorhersagen selbst. KI-gestützte Systeme benötigen ausreichend Kühlung, geeignete Serverstandorte und eine entsprechende Hardware-Effizienz (Stichwort: NVIDIA). Diese Variablen haben einen immensen Einfluss darauf, wie energie- und kosteneffizient gearbeitet werden kann.
Entscheidend ist, wie die Energieintensität von KI-gestützten Systemen in den nächsten Jahren optimiert werden kann. Die Fähigkeiten von KI haben sich seit 2010 rasant weiterentwickelt und erfordern nun alle fünf bis sechs Monate eine Verdopplung der Rechenleistung. Das maschinelle Lernen steht in jedem Fall an vorderster Front der Revolutionierung von Energiesystemen.
Fazit: Während sich Energiesysteme weiterentwickeln, um den Anforderungen einer sich verändernden Energielandschaft gerecht zu werden, entpuppt sich Künstliche Intelligenz als entscheidender Verbündeter. Von der Optimierung von Prognosen für Klimakatastrophen, der Messung von Angebot und Nachfrage von Energie, bis zur Verbesserung der Netzstabilität durch vorbeugende Instandhaltung: KI bietet transformative Lösungen. Ein koordinierter globaler Ansatz aus Wirtschaft und Politik kann den Übergang zu einer effizienten, dekarbonisierten und widerstandsfähigen Energieversorgung beschleunigen. Anleger sollten vor allem auf "Early Adopters" und eine gesamtheitliche Abdeckung dieses Trends achten, dabei aber die fundamentalen Gegebenheiten (Bewertung, Realisierbarkeit, Signifikanz, etc.) nicht außer Acht lassen.
EU-Verordnungen und Umsetzung: Ein Leitfaden durch die legislative Landschaft Die Europäische Union spielt eine Schlüsselrolle im nachhaltigen Investitionsbereich, wobei 2024 von der Umsetzung und Optimierung bestehender Verordnungen geprägt sein wird. Die bevorstehenden EU-Wahlen im Juni könnten Veränderungen in der nachhaltigen Finanzagenda mit sich bringen. Während sich die Finanzwelt auf die zweite Offenlegungsperiode der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) vorbereitet, müssen immer mehr Unternehmen ihren Berichtspflichten im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) nachkommen.
SFDR 2.0: Welche Veränderungen sind zu erwarten? Im September 2023 leitete die Europäische Kommission eine umfassende Überprüfung der SFDR ein und erkannte potenzielle Mängel an, indem sie Rückmeldungen von Finanzmarktakteuren und Stakeholdern einholte - bis einschließlich 15. Dezember 2023. Eine wesentliche Kritik an der SFDR besteht in der Unklarheit ihrer Offenlegungsanforderungen mit vagen Begrifflichkeiten und mehrdeutigen Definitionen. Auf diese Entwicklung haben wir im Rahmen unserer I-AM-SFDR-Fallstudie mehrfach hingewiesen. Bereits 2022 erlebte der Markt während der "Great Reclassification" eine Herabstufung von 70% der Artikel-9-Fonds auf Artikel-8-Fonds.
Neben dem Wegfall der Klassifizierungen haben sich besonders zwei Verbesserungsvorschläge herauskristallisiert: die Erweiterung bestehender Klassifikationen oder die Schaffung neuer Kategorien, die mit Anlagestrategien in Einklang stehen. Neben der Notwendigkeit einer klareren Definition von "Nachhaltigkeit", bzw. nachhaltigen Aktivitäten, sind im Sinne der Taxonomie erheblich schädliche Aktivitäten auch noch nicht gänzlich deklariert.
Für Optimisten besteht trotz allem Grund zur Hoffnung. Laufende Konsultationen und versprochene klarere Definitionen könnten zu einer Wiederbelebung der Klassifizierungen nach Artikel 9 führen, was für ESG-bewusste Investoren attraktiv ist.
Bislang haben ESG-Rating-Anbieter das Vakuum der Gesetzesgeber für eine massive Geschäftsexpansion genutzt. Das breite Becken an Ratingagenturen, mit teilweise erheblich unterschiedlichen Methodologien, soll nun durch Qualitätsstandards "übersichtlicher" werden, womit man sich eine Verbesserung des Wettbewerbs und eine Vermeidung von Interessenkonflikten erwartet. Die vorgeschlagenen Vorschriften zielen darauf ab, die Transparenz bei ESG-Ratings zu erhöhen, um Finanzmarktakteuren die Möglichkeit zu geben, fundierte Entscheidungen über Daten und Dienstleistungen zu treffen, die ihren Anforderungen entsprechen. EU-Rat und -Parlament haben sich am 6. Februar 2024 vorläufig auf die Verabschiedung der Verordnung zu ESG-Rating geeinigt. Fazit: Viele geplante Veränderungen, aber kaum vor den Parlamentswahlen
Die Zukunft nachhaltiger Finanzen hängt davon ab, regulatorische Veränderungen zu navigieren, die Einhaltung sicherzustellen und die transformative Kraft verantwortungsbewusster Investitionen anzunehmen. Anleger müssen in einer sich entwickelnden rechtlichen Landschaft agil bleiben. Eine verstärkte Fokussierung auf Biodiversität und Menschenrechte erfordert von Anlegern strategische Anpassungen. Die vorgeschlagenen Vorschriften für ESG-Ratinganbieter signalisieren einen Wendepunkt und betonen die Notwendigkeit einer erhöhten Transparenz, sowie der Auseinandersetzung mit Bedenken hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte. Die Branche wird dazu aufgefordert, sich aktiv am kommenden Gesetzgebungsprozess zu beteiligen.
Globale Herausforderungen in einem weltweiten "Superwahljahr" Anfang Januar sind wieder führende Experten, Politiker und Unternehmer zum Weltwirtschaftsforum in Davos zusammengekommen. Einer der Hauptpunkte war die sich verändernde Risikolandschaft, skizziert durch den "Global Risks Report 2024". Dieser hebt unter den Top-Risiken, neben der extremen Wetterbedingungen, vor allem gezielte Falschinformationen hervor. Letztere seien nicht nur maßgeblich durch KI-gestützte Systeme beeinflussbar, sondern bergen auch immenses Potenzial für soziale und politische Unruhen. Angesichts des "Superwahljahres" 2024 scheint das intuitiv, wenn man bedenkt, dass etwa 40% der Weltbevölkerung zu Wahlen antreten werden.
Darüber hinaus wird auch der "Kostenkrise" eine sozialpolitische Schlüsselrolle zugeteilt. Staaten müssen neben einer starken Wohlfahrt auch den Lebensstandard ihrer Bürger erhalten, bzw. steigern können. Wirtschaftliche Herausforderungen ergeben sich unter anderem aus internationalen Konflikten, den Folgen der Pandemie und einer Zerrüttung der Lieferketten. Bei einer Fehlkalibrierung zwischen Geld- und Finanzpolitik könnten eine Rezession und weitreichende Verschuldungsprobleme ausgelöst werden. Generell stehen die Regierungen vor einer delikaten Balance zwischen der Bewältigung der Lebenshaltungskosten und dem Management der Verschuldung in einem herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld, was zu einer wachsenden Kluft zwischen reichen und armen Ländern führen könnte.