Berlin (ots) -
Vermutlich erinnert sich jeder von uns an den 24. Februar 2022. An jenen schwarzen Donnerstag, als die russische Luftwaffe die ukrainische Hauptstadt Kiew bombardierte und Feuerbälle von Wohnvierteln in den Morgenhimmel aufstiegen. Kremlchef Wladimir Putin hielt Stunden danach eine Fernsehansprache mit finsteren Drohungen gegen die Nato.
Die Politiker im Westen spürten, dass ein Epochenbruch in der Luft lag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hielt seine "Zeitenwende"-Rede, die weltweit Wellen schlug. Der zentrale Satz: "Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf, ob wir es Putin gestatten, die Uhren zurückzudrehen in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts, oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen."
Der 24. Februar 2022, der sich an diesem Sonnabend zum zweiten Mal jährt, ist ein Datum mit historischer Sprengkraft. Die internationale Nachkriegsordnung von 1945, die die Unverletzlichkeit der Grenzen festschrieb, war durch Putins Überfall auf die Ukraine erschüttert.
Im Westen setzte sich bald die Erkenntnis durch, dass die Ukraine für die Werte kämpft, auf die Europäer und Amerikaner zu Recht stolz sind: Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Was hingegen nur äußerst schleppend anlief, waren die Waffenlieferungen an die Ukraine.
Die USA sprangen lange Zeit als militärischer Premium-Ausstatter in die Bresche. Doch nun ist Amerikas Funktion als Schutzmacht nicht mehr garantiert. Die Republikaner im Repräsentantenhaus blockieren ein Waffenpaket über 60 Milliarden Dollar. Die schrille Doktrin von US-Präsidentschaftskandidat Trump - "Amerika zuerst" - übertönt alles.
Die Ukraine ging in dem Krieg durch ein Wechselbad der Gefühle. Nach Beginn der Invasion stand das Land zunächst am Abgrund. Im Sommer und im Herbst 2022 gelangen ihren Truppen jedoch Durchbrüche in den Regionen Cherson und Charkiw. Glühende Optimisten träumten gar von einem Vorstoß bis zum Schwarzen Meer. Aber die Anfang Juni 2023 begonnene Offensive im Süden verpuffte. Im Gegensatz zur Ukraine verfügt Russland über schier unbegrenzte Ressourcen an Menschen und Material. Noch gravierender ist der eklatante Munitionsmangel. Diese Unterlegenheit erklärt, warum die Russen den Eisenbahnknotenpunkt Awdijiwka im Osten nach vier Monaten heftiger Kämpfe einnehmen konnten. Die Dynamik des Krieges hat sich zuungunsten der Ukraine gedreht.
Ist Europa bereit, Kiew mit allen Waffen auszustatten, um sich zu behaupten? Die Angst, dass sich Putins Russland nach einer Niederlage der Ukraine ermuntert fühlen könnte, selbst Nato-Gebiet anzugreifen, ist inzwischen auch in Riga, Warschau und Berlin angekommen. Der Kanzlersatz "Ohne Sicherheit ist alles andere nichts" klingt wie ein politisches Glaubensbekenntnis. Doch die innenpolitische Debatte, wie viele Milliarden Euro Deutschland künftig für die eigene Verteidigung und für die Unterstützung der Ukraine zahlen will, muss erst noch geführt werden. Scholz' Versprechen, "dauerhaft" zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr auszugeben, lässt sich nur halten, wenn an anderer Stelle massiv gespart wird oder gigantische Schulden aufgenommen werden. Was hat Priorität: Militär, Bildung, Gesundheit oder Renten? Hier ist der Kanzler in einer Disziplin gefordert, die bislang nicht zu seinen Stärken zählte: kommunizieren, erklären, die Bevölkerung mitnehmen. Es geht um riesige Summen.
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Vermutlich erinnert sich jeder von uns an den 24. Februar 2022. An jenen schwarzen Donnerstag, als die russische Luftwaffe die ukrainische Hauptstadt Kiew bombardierte und Feuerbälle von Wohnvierteln in den Morgenhimmel aufstiegen. Kremlchef Wladimir Putin hielt Stunden danach eine Fernsehansprache mit finsteren Drohungen gegen die Nato.
Die Politiker im Westen spürten, dass ein Epochenbruch in der Luft lag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hielt seine "Zeitenwende"-Rede, die weltweit Wellen schlug. Der zentrale Satz: "Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf, ob wir es Putin gestatten, die Uhren zurückzudrehen in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts, oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen."
Der 24. Februar 2022, der sich an diesem Sonnabend zum zweiten Mal jährt, ist ein Datum mit historischer Sprengkraft. Die internationale Nachkriegsordnung von 1945, die die Unverletzlichkeit der Grenzen festschrieb, war durch Putins Überfall auf die Ukraine erschüttert.
Im Westen setzte sich bald die Erkenntnis durch, dass die Ukraine für die Werte kämpft, auf die Europäer und Amerikaner zu Recht stolz sind: Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Was hingegen nur äußerst schleppend anlief, waren die Waffenlieferungen an die Ukraine.
Die USA sprangen lange Zeit als militärischer Premium-Ausstatter in die Bresche. Doch nun ist Amerikas Funktion als Schutzmacht nicht mehr garantiert. Die Republikaner im Repräsentantenhaus blockieren ein Waffenpaket über 60 Milliarden Dollar. Die schrille Doktrin von US-Präsidentschaftskandidat Trump - "Amerika zuerst" - übertönt alles.
Die Ukraine ging in dem Krieg durch ein Wechselbad der Gefühle. Nach Beginn der Invasion stand das Land zunächst am Abgrund. Im Sommer und im Herbst 2022 gelangen ihren Truppen jedoch Durchbrüche in den Regionen Cherson und Charkiw. Glühende Optimisten träumten gar von einem Vorstoß bis zum Schwarzen Meer. Aber die Anfang Juni 2023 begonnene Offensive im Süden verpuffte. Im Gegensatz zur Ukraine verfügt Russland über schier unbegrenzte Ressourcen an Menschen und Material. Noch gravierender ist der eklatante Munitionsmangel. Diese Unterlegenheit erklärt, warum die Russen den Eisenbahnknotenpunkt Awdijiwka im Osten nach vier Monaten heftiger Kämpfe einnehmen konnten. Die Dynamik des Krieges hat sich zuungunsten der Ukraine gedreht.
Ist Europa bereit, Kiew mit allen Waffen auszustatten, um sich zu behaupten? Die Angst, dass sich Putins Russland nach einer Niederlage der Ukraine ermuntert fühlen könnte, selbst Nato-Gebiet anzugreifen, ist inzwischen auch in Riga, Warschau und Berlin angekommen. Der Kanzlersatz "Ohne Sicherheit ist alles andere nichts" klingt wie ein politisches Glaubensbekenntnis. Doch die innenpolitische Debatte, wie viele Milliarden Euro Deutschland künftig für die eigene Verteidigung und für die Unterstützung der Ukraine zahlen will, muss erst noch geführt werden. Scholz' Versprechen, "dauerhaft" zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr auszugeben, lässt sich nur halten, wenn an anderer Stelle massiv gespart wird oder gigantische Schulden aufgenommen werden. Was hat Priorität: Militär, Bildung, Gesundheit oder Renten? Hier ist der Kanzler in einer Disziplin gefordert, die bislang nicht zu seinen Stärken zählte: kommunizieren, erklären, die Bevölkerung mitnehmen. Es geht um riesige Summen.
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