DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Im Streit über die Folgen von Cum-Ex-Geschäften hat der WestLB-Nachfolger Portigon eine Niederlage vor Gericht hinnehmen müssen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte, dass das Kreditinstitut einer Gruppe von Anlegern Auskunft erteilen muss. Anhand dieser Auskunft wollen die Kläger - Inhaber sogenannter Genussscheine - in einem nächsten Schritt vor Gericht Schadenersatz zugesprochen bekommen, der sich nach ihrer Schätzung auf knapp 200 000 Euro belaufen wird. Die Gerichtsentscheidung liegt der dpa vor (Aktenzeichen I-16 U 217/22). "Das Urteil ebnet den Weg für die Durchsetzung der Schadenersatzansprüche der Anleger", sagte der Kläger und Investor Malte Daniels.
Portigon wollte sich nicht zu dem Urteil äußern. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof ließen die OLG-Richter nicht zu.
Sollten sich die Genussschein-Inhaber im nächsten Schritt durchsetzen, könnte dies eine Signalwirkung für stille Einlagen haben, die nach Auskunft der Kläger ein Volumen von circa einer halben Milliarde Euro umfassen und ebenfalls an Wert verloren haben. Daran ist die Klägergruppe ebenfalls beteiligt, auch hierbei will sie finanzielle Ansprüche durchsetzen. Dies wäre dann deutlich mehr als im jetzigen Verfahren. Bei diesem Sachverhalt sind die Anleger aber nicht klageberechtigt, da sie nur indirekt an den stillen Einlagen beteiligt sind. Sollten sie in dem Genussschein-Streit Recht bekommen, könnten sie womöglich eine Klage durchsetzen. Das dürfte noch Jahre dauern.
Der nun erteilte Auskunftsanspruch bezieht sich auf Rückstellungen, die die Portigon in den Jahren 2016 bis 2019 getätigt hat, weil die WestLB in den Jahren 2005 bis 2007 in die vom Bundesgerichtshof als Straftat gewerteten Cum-Ex-Aktiendeals involviert gewesen war und der Fiskus dann Steuern zurückforderte. Wegen dieser Rückstellungen verloren die Genussscheine rapide an Wert. Aus Sicht der Genussschein-Inhaber hätten sie an den Verlusten aber nicht beteiligt werden dürfen, schließlich waren die dafür ursächlichen Geschäfte illegal und damit nicht von der Satzung gedeckt. Deshalb wollten sie Schadenersatz, für den sie aber die Auskunft brauchen.
Das Gericht folgte der Argumentation der Kläger. Bei Cum-Ex habe es sich um Geschäfte gehandelt, "die ein seriöser beziehungsweise verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann nicht durchführen würde", urteilten die Richter. Zwar hätten sich in den Jahren 2005 bis 2007 wohl viele Banken an Cum-Ex beteiligt. Das mache diese Geschäfte jedoch nicht zu gewöhnlichen bankmäßigen Geschäften aller Art, die von der Satzung gedeckt gewesen wären.
Bei Cum-Ex handelte es sich um ein Verwirrspiel von Aktienhändlern, Beratern und Banken, bei dem Steuern erstattetet wurden, die gar nicht gezahlt worden waren. Dadurch büßte der Fiskus eine zweistellige Milliardensumme ein. Der Bundesgerichtshof wertete diese Deals im Jahr 2021 als Straftat. Die juristische Aufarbeitung des größten Steuerskandals der Bundesrepublik wird noch Jahre dauern. Neben zahlreichen anderen Banken mischte auch die WestLB mit. Die in der Finanzkrise 2008/2009 ins Wanken geratene Landesbank wurde 2012 zerschlagen./wdw/DP/he