BERLIN (dpa-AFX) - Der Kochboxenversender Hellofresh stellt sich in den kommenden Jahren auf schwierige Zeiten ein. Die seit Monaten andauernde Konsumzurückhaltung belastet den MDax-Konzern . Daran dürfte sich auch in absehbarer Zukunft nichts ändern, weswegen der Vorstand nun Abstand von seinen Mittelfristzielen genommen hat. In einer Mitteilung vom Donnerstagabend teilte Hellofresh mit, dass diese unwahrscheinlich zu erreichen seien. Für die Aktie des Berliner Konzerns ging es nachbörslich steil bergab um zuletzt 14 Prozent im Vergleich zum Xetra-Schluss.
Bislang hatten sich Konzernchef Dominik Richter und Finanzchef Christian Gärtner bis 2025 einen Umsatz von zehn Milliarden Euro auf die Fahne geschrieben. Zehn Prozent davon - oder eine Milliarde Euro - sollten davon als um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Konzern bleiben. Daraus dürfte allerdings nichts mehr werden, denn bereits für das laufende Jahr zeigen sich weitere Zeichen von schwachen Geschäften.
2024 dürfte der bereinigte operative Gewinn auf 350 bis 400 Millionen Euro einbrechen. Bereits im abgeschlossenen Jahr war das Betriebsergebnis vorläufigen Erkenntnissen nach von 477 auf 448 Millionen Euro zurückgegangen. Die Prognose liegt deutlich unter den durchschnittlichen Analystenschätzungen, die von einem deutlichen Anstieg ausgegangen waren. Der Umsatz soll währungsbereinigt um zwei bis acht Prozent zulegen, nach etwa 2,8 Prozent auf rund 7,6 Milliarden Euro 2023.
Bereits der Jahresauftakt dürfte schwach verlaufen sein. Hellofresh geht davon aus, dass der Erlös im ersten Quartal währungsbereinigt nur leicht zugelegt haben dürfte. Die entsprechende bereinigte Gewinnmarge (Ebitda-Marge) dürfte im besten Fall bei Null liegen oder auch leicht negativ ausfallen. Das bedeutet, dass das operative Ergebnis entweder die Gewinnschwelle erreicht oder in einem leichten operativen Verlust endet. Der Vorstand begründete dies mit hohen Marketingausgaben sowie das schnelle Hochfahren des Fertiggerichtgeschäfts.
Bereits Mitte November hatte Hellofresh seine Ziele für 2023 zusammengestrichen. Grund waren Probleme im wichtigsten Einzelmarkt USA. In Arizona verzögerte sich das Hochfahren der neuen Produktionsstätte. Hellofresh will dort Fertiggerichte seiner Marke Factor produzieren und setzt große Hoffnung in die sogenannte Ready-To-Eat-Produktlinie, die früheren Angaben zufolge bis 2025 die größte des Unternehmens werden soll. Zudem erschweren die Wasserknappheit in dem Wüstenstaat sowie fehlendes Personal die Herstellungsprozesse. Und in Illinois dauerte die geplante Wartung einer Produktionsstätte länger als angenommen.
Doch auch damals zeigte sich schon, dass Kunden wohl nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit auf Hellofresh-Produkte anspringen: Rund um das Erntedankfest seien die Neukundenzahlen überraschend gering ausgefallen. Üblicherweise nimmt Hellofresh im Spätsommer und zu Beginn der Herbstmonate viel Geld in die Hand, um neue Kunden auf seine Produkte aufmerksam zu machen.
"Die Zahl der Aktiven Kunden im Quartal wird folglich auch etwas niedriger ausfallen als ursprünglich erwartet", warnte der Vorstand. Als aktive Kunden zählt Hellofresh jeweils Menschen, die in den letzten drei Monaten mindestens eine Kochbox bestellt haben - egal, ob sie diese zum vollen Preis bezahlt oder etwa im Rahmen von Rabattaktionen vollständig oder zum Teil vergünstigt zugeschickt bekommen haben./ngu/tih/jha/