GRÜNHEIDE (dpa-AFX) - Größer könnten die Gegensätze kaum sein: "Tesla nein danke" sagen die einen - andere wollen ein Zeichen setzen für eine gute Zusammenarbeit mit dem US-Unternehmen von Elon Musk. Ruhe dürfte in Grünheide bei Berlin für das einzige Tesla-Werk in Europa noch lange nicht einkehren, fünf Tage nach dem Anschlag auf seine Stromversorgung. In der Region löste der gewaltsame Angriff wachsende Verunsicherung aus.
Umweltaktivisten demonstrierten am Sonntag in Grünheide gegen die Erweiterungspläne von Tesla, begleitet von Polizeikräften. Zudem hält die Besetzung eines Waldstücks seit mehr als zehn Tagen nicht weit entfernt von der Fabrik an. Die Tesla-Ansiedlung erfuhr am Wochenende aber auch Unterstützung: Einige Anwohner, die sich an die Seite des Unternehmens stellen, gingen ebenfalls auf die Straße. Teils kam es zu verbalen Reibereien zwischen den beiden Demonstrationslagern.
Umweltinitiativen distanzierten sich inzwischen von einer linksextremen Gruppe, die sich für den Angriff auf Tesla verantwortlich erklärt hatte. Der Sprecher der Bürgerinitiative Grünheide, Steffen Schorcht, sagte, ein Anschlag sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Das Unternehmen jedenfalls muss massive Folgen hinnehmen.
Tesla rechnete damit, dass die Produktion wegen des Stromausfalls noch bis Ende der Woche stillsteht. Beschäftigte hatten sich aus Solidarität am Freitagabend vor dem Werk versammelt. Die Attacke auf einen frei zugänglichen Strommast, der auch die Autofabrik versorgt, verursachte zudem eine breite Debatte über einen besseren Schutz für Energienetze in Deutschland. Der Netzbetreiber Edis teilte mit, Spezialisten arbeiteten rund um die Uhr an der Reparatur des beschädigten Masts und erzielten Baufortschritte. Unklar blieb, wann die Stromversorgung für Tesla wieder funktionieren soll.
Umweltbündnis spricht von mehr als 1000 Menschen bei Tesla-Protestdemo
Nach Angaben der Sprecherin des Umweltbündnisses "Tesla den Hahn abdrehen", Lou Winters, demonstrierten am Sonntagnachmittag in Grünheide weit über 1000 Teilnehmer gegen eine Erweiterung des Tesla-Geländes für einen Güterbahnhof und Logistik- und Lagerflächen. Die Polizei machte keine Angaben zur Zahl der Teilnehmer. Die Demonstranten forderten die Politik auf, sie solle das Votum der Bürger gegen die Tesla-Pläne umsetzen und den Ausbau verhindern. Bei einer Befragung hatte eine Mehrheit der Anwohner die Erweiterung abgelehnt. Die Zusammensetzung der Demo-Teilnehmer war bunt gemischt, einige kamen mit dem Fahrrad, auch Familien waren bei der Demonstration dabei. "Bäume statt Beton - Stoppt Gigafactory" war auf einem Schild zu lesen.
Anwohner demonstrieren auch für enge Zusammenarbeit mit Tesla
Zeitgleich zur Protestdemo wollten Anwohner ein Zeichen der Unterstützung für Tesla senden. Es kamen laut Veranstalter mehr als 100 Menschen zusammen - hier hieß es auf einem Transparent: "Dialog statt Berufsprotest". Die Organisatoren teilten zuvor schriftlich aus Solidarität mit Tesla mit: "Wir begrüßen die Präsenz und streben eine enge Zusammenarbeit an, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Ein Angriff auf Tesla ist ein Angriff auf uns." Der Anschlag stelle eine Bedrohung für den Zusammenhalt in der Gemeinde dar. "Wir haben Bammel, dass sich das hochschaukelt", sagte Demo-Anmelder Albrecht Köhler.
Waldbesetzer wollen Camp mit Baumhäusern nicht räumen
Tesla-Gegner kündigten am Sonntag an, ihre Waldbesetzung noch lange nicht aufgeben zu wollen. Eine Sprecherin der Initiative "Tesla-stoppen" sagte auf die Frage, ob man sich bei einer drohenden Räumung kooperativ zeigen wolle: "Wir bleiben so lange, bis wir sicher sind, dass der Wald und das Wasser nicht mehr an Tesla verkauft werden." Die Polizei teilte am Sonntag mit, sie habe ein aufmerksames Auge auf das Versammlungsgeschehen im Wald. Bislang ist das Camp seitens der Polizei bis zum 15. März erlaubt. Nach dem Anschlag auf die Stromversorgung von Tesla hieß es aber auch, die Duldung werde neu bewertet.
Mehr Schutz für Energienetze gefordert
Der Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI) sieht großen Nachholbedarf beim Schutz von Strommasten in Deutschland. "Hier ist noch ein Riesen-Tätigkeitsfeld", sagte der Vize-Vorstandschef des Verbands, Hans-Walter Borries, am Samstag im rbb-Inforadio. Energieversorger und Netzbetreiber müssten in Sicherungsmaßnahmen investieren, um Kameras, Bewegungsmelder und Sensoren an Strommasten an heiklen Positionen anzubringen. Auch die Bundesnetzagentur sieht die Notwendigkeit, die Sicherheit zu verbessern und verwies auf das geplante sogenannte Kritis-Dachgesetz./mow/DP/mis