08.03.2024 -
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die jüngsten Fortschritte im Disinflationsprozess begrüsst und als Beginn des Leitzinserhöhungszyklus unmissverständlich den Juni ins Spiel gebracht. Wir gehen weiter davon aus, dass die Depositenrate zum Jahresende bei 3,00% liegt.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde zeigte sich im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung erfreut über die neusten Inflationszahlen. Der unterliegende Preisdruck habe weiter nachgegeben. Die Währungshüter sind entsprechend zuversichtlich, in absehbarer Zeit das Inflationsziel zu erreichen. Dies spiegelt sich auch in den neuen EZB-Inflationsprognosen wider, die abwärtskorrigiert wurden (siehe Tabelle).
Allerdings besteht aufseiten der Währungshüter noch kein 100-prozentiges Vertrauen in die Nachhaltigkeit des Disinflationsprozesses. Weitere Daten seien erforderlich, die den Trend bestätigten. Laut Lagarde würden aller Voraussicht nach im Juni ausreichend Informationen zur Verfügung stehen, um eine Entscheidung in der Zinspolitik zu treffen. Das war ein klarer Hinweis, den Zinssenkungszyklus in drei Monaten zu beginnen. Lagarde ergänzte schliesslich, im April sei man vermutlich noch nicht so weit, um abgewogen zu urteilen.
Sorge bereitet der EZB nach wie vor die vergleichsweise hohe Teuerung bei Dienstleistungen, deren Jahresrate im Februar 3,9% betrug. Hier spielt wiederum der Lohndruck eine entscheidende Rolle. Um zusätzliches Vertrauen in die rückläufigen Inflationszahlen zu erhalten, wollen die Notenbanker daher unter anderem weitere Hinweise für nachlassendes Lohnwachstum erhalten. Die Währungshüter setzen überdies darauf, dass ein Teil des Lohndrucks von den Unternehmen über das Abschmelzen der Gewinnmargen absorbiert wird.
Lagarde machte klar, dass der EZB-Rat erstmals ausführlich über geldpolitische Lockerungen debattiert habe. Wie der anstehende Zinssenkungszyklus voraussichtlich aussehen wird, also z.B., in welcher Geschwindigkeit die Leitzinsen gesenkt werden, liess sie aber offen. Keine Rolle spiele in diesem Zusammenhang, wie die Fed agiere. Die EZB werde notfalls auch allein voranschreiten.
Alles in allem hat die EZB-Präsidentin die Tür für Leitzinssenkungen weit aufgestossen und als Startpunkt den Juni ins Visier genommen. Ausschlaggebend dafür, ob der Schritt tatsächlich erfolgt, ist insbesondere die weitere Entwicklung der Kerninflation. Zuletzt hat sich hier die Abwärtsbewegung zwar etwas verlangsamt. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich der übergeordnete Trend in den nächsten Monaten fortsetzt. Eine Ausnahme stellt der März dar. Die frühe Lage des Osterfests wird die Jahresraten einiger Preiskomponenten (z.B. Pauschalreisen und Restaurantdienstleistungen) nach oben verzerren. In der Folge dürfte die Kerninflation im laufenden Monat nochmals ansteigen. Bereits im April sollte jedoch die Gegenbewegung folgen. Insgesamt dürfte die Kerninflation im 2. Quartal erkennbar unter 3,0% absacken und damit den Weg für geldpolitische Lockerungen ebnen.
Wir rechnen ab Juni mit insgesamt vier Leitzinssenkungen in diesem Jahr. Die Depositenrate sollte Ende 2024 mithin bei 3,00% liegen. Ob 2025 weitere Schritte erfolgen, hängt von der konjunkturellen Entwicklung ab. In unserem Basisszenario erwarten wir eine vorsichtige Wachstumsbeschleunigung, weshalb es vermutlich bei einem kurzen Zinssenkungszyklus bleibt.
Quelle: EZB, * Jahresdurchschnitt, in Klammern Projektionen vom Dezember 2023
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