BRÜSSEL (dpa-AFX) - Innerhalb der EU gibt es erhebliche Differenzen über den richtigen Umgang mit Einladungen zur Zeremonie zum Start der fünften Amtszeit von Russlands Präsident Wladimir Putin. Wie mehrere EU-Diplomaten am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel sagten, wollen Länder wie Frankreich und Ungarn Vertreter zur Vereidigung Putins schicken, um Gesprächskanäle offenzuhalten. Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten halten eine Teilnahme jedoch insbesondere angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine für unangemessen. "Deutschland wird an diesem Termin nicht teilnehmen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen am Montag in Berlin.
Im Fall der Bundesrepublik kommt hinzu, dass die Regierung den deutschen Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, nach Cyberangriffen auf die SPD und deutsche Unternehmen für eine Woche zu Konsultationen nach Berlin zurückgerufen hat. Die Bundesregierung macht für die Attacken eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes verantwortlich.
Ob die Vertretung der Europäischen Union in Moskau am Dienstag bei der Zeremonie vertreten sein wird, war am frühen Abend noch nicht abschließend geklärt. Der Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich nach Angaben eines Sprechers gegen die Teilnahme der EU an der Veranstaltung ausgesprochen. Denkbar sei aber auch noch eine Kompromisslösung, hieß es am späten Nachmittag aus dem Auswärtigen Dienst. Als ein Argument dafür wurde genannt, dass ein Fernbleiben bei der Zeremonie Russland einen Vorwand geben könnte, künftig noch mehr diplomatische Regeln und Normen zu ignorieren.
Putin will an diesem Dienstagvormittag den Eid für eine weitere Amtszeit als russischer Präsident ablegen. Damit beginnen für ihn sechs weitere Jahre als Staatschef. Die Zeremonie im Moskauer Kreml findet vor Vertretern der Regierung, beiden Kammern des russischen Parlaments und weiteren hochrangigen Gästen statt. Der 71 Jahre alte Putin, der die Politik im Land seit 24 Jahren beherrscht, hatte sich bei der Präsidentenwahl im März ein Rekordergebnis von mehr als 87 Prozent der Stimmen bescheinigen lassen.
Die EU hatte am Ablauf der Wahl scharfe Kritik geübt. In einer Erklärung hieß es, die russische Wählerschaft habe nur sehr beschränkten Zugang zu faktischen Informationen und "keine echte Wahl" gehabt. Grund dafür sei unter anderem gewesen, dass zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten ausgeschlossen worden sein - darunter auch all jene, die sich gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgesprochen hätten./aha/DP/he