(Lindner im 3. sowie Klingbeil und Lang im im 6. Absatz)
BERLIN (dpa-AFX) - In der Bundesregierung gibt es eine neue Auseinandersetzung über die Rentenpolitik. Die Ampel-Koalition verschob am Dienstag den Beschluss ihres eigentlich schon ausgehandelten zweiten Rentenpakets - wegen Bedenken der FDP. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, soll der Entwurf nun nicht am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden. Man habe sich aber geeinigt, dass dies noch im Mai geschehen solle, hieß es. Kanzler Olaf Scholz versicherte: "Das Rentenpaket kommt, und es kommt im Mai."
Die Koalitionsspitzen Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich zuvor im Kanzleramt getroffen. Das sei ein lange verabredetes Gespräch zum Bundeshaushalt und zur Dynamisierung der Wirtschaft gewesen, bei dem dann auch über das Thema Rente gesprochen worden sei, sagte Scholz.
Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung blockierte das Finanzministerium eine Verabschiedung des Rentenpakets in dieser Woche. Aus dem Haus von Minister Lindner hieß es nach dem Treffen: "Aufgrund hoher Anmeldungen für den Haushalt 2025 müssen aktuelle Vorhaben neu in den Gesamtkontext eingeordnet werden." Lindner sagte am Abend in der ZDF-Sendung "Wie geht's, Deutschland", einige Ressorts hätten "die ökonomischen Realitäten noch nicht verinnerlicht". Die Erkenntnis sei am Dienstag aber gewachsen.
Nach Informationen des "Handelsblatts" hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der das Rentenpaket mit Lindner eigentlich bereits ausgehandelt hatte, besonders hohe Forderungen in den Verhandlungen zum Haushalt 2025 gestellt. Er fordere 7,6 Milliarden Euro mehr als der Finanzminister ihm zugestehen wolle, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise.
Mit dem Rentenpaket soll wie im Koalitionsvertrag vereinbart ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 garantiert werden. Das kostet zusätzliches Geld, sodass der Beitragssatz steigen wird. Dieser Anstieg soll durch eine Milliardenanlage am Kapitalmarkt abgebremst werden. Aus den Erträgen sollen ab Mitte der 2030er-Jahre jährlich Zuschüsse an die Rentenversicherung gezahlt werden.
SPD-Chef Lars Klingbeil betonte im ZDF, es gebe eine Verabredung zur Rente in der Koalition - "und ich sehe keinerlei Hinweise darauf, dass wir davon abweichen". Grünen-Chefin Ricarda Lang bezeichnete die Rentenreform als absolut notwendig. Die Koalition müsse gemeinsam zu ihren Kompromissen stehen und dürfe nicht alles wieder aufschnüren, damit die Menschen Sicherheit hätten.
Die FDP hatte die Pläne auf ihrem Parteitag Ende April klar kritisiert und weitere Reformen gefordert. Das Paket erfülle "derzeit die Anforderungen an Generationengerechtigkeit und langfristige Finanzierbarkeit noch nicht", heißt es in dem Beschluss. Auch die Beiträge müssten stabilisiert werden, um junge Leute nicht über Gebühr zu belasten.
Die IG Metall kritisierte die Verschiebung als unverantwortlich. "Aufschieberitis und Parteitaktik bei elementaren sozialen Fragen wie der Rente zerstören jegliches Vertrauen", erklärte die Gewerkschaft. Auch der Sozialverband Deutschland übte Kritik. "Es ist unglaublich und unseriös, dass die FDP einmal mehr geplante sozialpolitische Vorhaben torpediert und für parteipolitische Macht- und Ränkespiele missbraucht", sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier der Funke Mediengruppe. Die langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus sei zu wichtig, um auf ihre Kosten Machtspiele zu treiben./tam/DP/he