OTTAWA/BERLIN (dpa-AFX) - Verteidigungsminister Boris Pistorius will spätestens in drei Wochen einen Vorschlag zur Zukunft der Wehrpflicht in Deutschland vorlegen. Das kündigte der SPD-Politiker am Freitag bei einem Besuch im kanadischen Ottawa an. Er beabsichtige, sich in der letzten Maiwoche öffentlich zu äußern, vorher werde intern beraten, sagte er nach einem Gespräch mit seinem Kollegen Bill Blair. Zuvor hatte die "Welt am Sonntag" berichtet, dass das Ministerium Pistorius unterschiedliche Modelle für eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht vorgeschlagen habe. Die Vorschläge aus dem Ministerium reichen demnach von einer Optimierung der aktuellen Vorgehensweise bis zu einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen.
Trotz einer Personaloffensive der Bundeswehr war die Truppe im vergangenen Jahr auf 181 500 Soldatinnen und Soldaten geschrumpft. Pistorius lässt nun - auch unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine - verschiedene Modelle einer Dienstpflicht prüfen, um auf dieser Basis einen Vorschlag zu präsentieren. In Deutschland war die Wehrpflicht im Jahr 2011 unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Die damals beschlossene Regelung sieht aber auch vor, die Wehrpflicht im Spannungs- oder Verteidigungsfall wieder aufleben zu lassen.
Unter den Vorschlägen der Fachleute, die Pistorius nun vorliegen, wäre der am weitesten gehende laut "Welt am Sonntag" eine "geschlechtsneutrale Wehrpflicht". Damit wären alle Männer und Frauen ab 18 Jahren verpflichtet, einen Online-Fragebogen auszufüllen und anschließend Wehrdienst oder einen zivilen Ersatzdienst abzuleisten, wenn nicht ausreichend Freiwillige zur Verfügung stehen. Ausgehend von dieser Wehrpflicht könne anschließend die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht diskutiert werden, zitiert die Zeitung aus dem Bericht. Dabei ginge nicht nur um die Bundeswehr, sondern auch um Feuerwehren, Sanitätsdienste oder das Technische Hilfswerk.
Alternativ wird laut "Welt am Sonntag" vorgeschlagen, ausschließlich Männer zum Ausfüllen des Fragebogens und einer eventuellen Musterung zu verpflichten und Frauen lediglich auf freiwilliger Basis anzuschreiben.
Die ebenfalls erwogene "Optimierung des Status quo" sieht demnach lediglich vor, allen 18-Jährigen Informationsmaterial zuzuschicken, beim Ausfüllen des Fragebogens aber auf Freiwilligkeit zu setzen. Dieses Modell gilt dem Bericht zufolge allerdings als "am wenigsten erfolgversprechend"./ax/DP/nas