Berlin (ots) -
Die SPD-Basis wünscht sich, vereinfacht gesagt, einen Kurs, wie ihn die frühere Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey für sich reklamiert: Bürgernah, unideologisch, pragmatisch, wirtschaftsfreundlich. So setzt sich die Wirtschaftssenatorin des schwarz-roten Senats in Szene. So hat sich auch das Duo präsentiert, das am Wochenende das Mitgliedervotum zum Landesvorsitz deutlich gewonnen hat. Es wird spannend, wie viele links gestrickte Delegierte beim Landesparteitag am Sonnabend dem Wunsch der Basis folgen und den Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel und die Ex-Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini an die Parteispitze wählen.
Ein schlechtes Ergebnis für die Sieger ist nicht ausgeschlossen. Das wäre insofern ehrlich, als es die Gräben zwischen der neuen Führung und großen Teilen der aktiven Sozialdemokraten nicht mit falscher Harmonie zukleistert. Gleichwohl bleibt diese Distanz ein Problem. Für die Landesvorsitzenden, für die SPD, für die Koalition und für die Stadt.
Drei Tage vor dem Parteitag ist nicht absehbar, welche Personen Hikel und Böcker-Giannini in den Landesvorstand holen möchten. Geschweige denn, dass diese Personalien von der linken Mehrheit dort mitgetragen werden. Zumal es bei vielen Linken gar nicht gut ankam, wie das designierte Führungsduo der Abgeordnetenhaus-Fraktion nahelegte, sich doch bitte eine Doppelspitze zu wählen. Das entscheiden allein die 32 Fraktionsmitglieder.
Natürlich darf auch die Berliner SPD alle Posten geschlechterparitätisch besetzen. Aber im Falle der Fraktion geht es aktuell weniger um Gleichberechtigung als darum, den Vorsitzenden Raed Saleh zu schwächen. Das hat nun nicht geklappt, Saleh bleibt noch mindestens ein Jahr alleiniger Vorsitzender.
Die beiden Landesvorsitzenden müssen sich mangels Hausmacht auf die Rolle der Bittsteller gegenüber der linken Mehrheit beschränken. Dass sie nun versuchen, den rechten Parteiflügel wieder zu beleben, um auch mehr Gefolgsleute in die Parteigremien zu platzieren, ist nachvollziehbar. Damit aber ausgerechnet kurz vor dem Parteitag zu starten, bei dem man noch auf die Linken angewiesen ist, zeugt nicht von großem strategischen Weitblick.
Allen Harmoniebekenntnissen zum Trotz droht der Berliner SPD ein Dauer-Streit. Die Parteichefs können nicht, wie sie wollen, weil sie absehbar von einem linken Vorstand umstellt werden. Bei den anstehenden Beschlüssen über Milliarden-Kürzungen im Haushalt wie versprochen die Parteigremien und die Basis einzubinden, dürfte kaum möglich sein. Kein Parteitag oder Parteivorstand wird sich schon in Haftung nehmen lassen für gestrichene Sozialprojekte oder abgeblasene Investitionsvorhaben. Am Ende muss doch wieder die Fraktion im Abgeordnetenhaus die Hand heben für das brutale Kürzen der Ausgaben. Da ist es für die SPD kontraproduktiv, den Vorsitzenden Saleh derart angezählt zu haben.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und seine CDU haben es noch stärker als bisher nicht mit einer SPD zu tun, sondern mit mehreren. Daran hat auch das Votum einer nicht aktiven Basis für neue Landesvorsitzende nichts geändert, im Gegenteil. Geräuschloses Regieren ohne Streit, wie es Wegner so schätzt, ist in dieser Konstellation kaum möglich. Sinnvolle Entscheidungen im Sinne der Stadt werden mit einer Partei, die um ihre Linie und zugleich ums Überleben kämpft, sehr schwierig abzustimmen sein. Das ist schlecht in einer Zeit, in der das Geld sehr knapp ist und gutes Regieren umso wichtiger wäre.
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Die SPD-Basis wünscht sich, vereinfacht gesagt, einen Kurs, wie ihn die frühere Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey für sich reklamiert: Bürgernah, unideologisch, pragmatisch, wirtschaftsfreundlich. So setzt sich die Wirtschaftssenatorin des schwarz-roten Senats in Szene. So hat sich auch das Duo präsentiert, das am Wochenende das Mitgliedervotum zum Landesvorsitz deutlich gewonnen hat. Es wird spannend, wie viele links gestrickte Delegierte beim Landesparteitag am Sonnabend dem Wunsch der Basis folgen und den Neuköllner Bürgermeister Martin Hikel und die Ex-Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini an die Parteispitze wählen.
Ein schlechtes Ergebnis für die Sieger ist nicht ausgeschlossen. Das wäre insofern ehrlich, als es die Gräben zwischen der neuen Führung und großen Teilen der aktiven Sozialdemokraten nicht mit falscher Harmonie zukleistert. Gleichwohl bleibt diese Distanz ein Problem. Für die Landesvorsitzenden, für die SPD, für die Koalition und für die Stadt.
Drei Tage vor dem Parteitag ist nicht absehbar, welche Personen Hikel und Böcker-Giannini in den Landesvorstand holen möchten. Geschweige denn, dass diese Personalien von der linken Mehrheit dort mitgetragen werden. Zumal es bei vielen Linken gar nicht gut ankam, wie das designierte Führungsduo der Abgeordnetenhaus-Fraktion nahelegte, sich doch bitte eine Doppelspitze zu wählen. Das entscheiden allein die 32 Fraktionsmitglieder.
Natürlich darf auch die Berliner SPD alle Posten geschlechterparitätisch besetzen. Aber im Falle der Fraktion geht es aktuell weniger um Gleichberechtigung als darum, den Vorsitzenden Raed Saleh zu schwächen. Das hat nun nicht geklappt, Saleh bleibt noch mindestens ein Jahr alleiniger Vorsitzender.
Die beiden Landesvorsitzenden müssen sich mangels Hausmacht auf die Rolle der Bittsteller gegenüber der linken Mehrheit beschränken. Dass sie nun versuchen, den rechten Parteiflügel wieder zu beleben, um auch mehr Gefolgsleute in die Parteigremien zu platzieren, ist nachvollziehbar. Damit aber ausgerechnet kurz vor dem Parteitag zu starten, bei dem man noch auf die Linken angewiesen ist, zeugt nicht von großem strategischen Weitblick.
Allen Harmoniebekenntnissen zum Trotz droht der Berliner SPD ein Dauer-Streit. Die Parteichefs können nicht, wie sie wollen, weil sie absehbar von einem linken Vorstand umstellt werden. Bei den anstehenden Beschlüssen über Milliarden-Kürzungen im Haushalt wie versprochen die Parteigremien und die Basis einzubinden, dürfte kaum möglich sein. Kein Parteitag oder Parteivorstand wird sich schon in Haftung nehmen lassen für gestrichene Sozialprojekte oder abgeblasene Investitionsvorhaben. Am Ende muss doch wieder die Fraktion im Abgeordnetenhaus die Hand heben für das brutale Kürzen der Ausgaben. Da ist es für die SPD kontraproduktiv, den Vorsitzenden Saleh derart angezählt zu haben.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und seine CDU haben es noch stärker als bisher nicht mit einer SPD zu tun, sondern mit mehreren. Daran hat auch das Votum einer nicht aktiven Basis für neue Landesvorsitzende nichts geändert, im Gegenteil. Geräuschloses Regieren ohne Streit, wie es Wegner so schätzt, ist in dieser Konstellation kaum möglich. Sinnvolle Entscheidungen im Sinne der Stadt werden mit einer Partei, die um ihre Linie und zugleich ums Überleben kämpft, sehr schwierig abzustimmen sein. Das ist schlecht in einer Zeit, in der das Geld sehr knapp ist und gutes Regieren umso wichtiger wäre.
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