BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU will mit Israel im Rahmen eines formellen Treffens über die Situation im Gazastreifen sprechen. "Wir haben die notwendige Einstimmigkeit erzielt, um einen Assoziationsrat mit Israel zu fordern", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel nach einem Treffen der EU-Außenministerinnen und -Minister. Bei der vorherigen Tagung des Ministerrats hatten die EU-Länder eine entsprechende Forderung demnach noch abgelehnt.
Bei dem Treffen soll es nach Angaben von Borrell um die Achtung der Menschenrechte gehen und darum, wie Israel die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) umsetzen will. Er sagte, was man seit der Verkündung der Entscheidung sehe, sei nicht die Einstellung der militärischen Aktivitäten, sondern "im Gegenteil: eine Zunahme der militärischen Aktivitäten, eine Zunahme der Bombardierungen und eine Zunahme der Opfer unter der Zivilbevölkerung".
Der IGH hatte Israel am Freitag verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah unverzüglich zu beenden. Es dürften keine Lebensbedingungen geschaffen werden, "die zur vollständigen oder teilweisen Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza führen könnten". Das höchste UN-Gericht ordnete aber keine Waffenruhe für Gaza an. Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Mittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.
Das Außenministerium in Jerusalem teilte nach dem Urteil mit, Israel habe in Rafah keine Militäraktionen durchgeführt, die Lebensbedingungen schafften, "die zur vollständigen oder teilweisen Vernichtung der palästinensischen Zivilbevölkerung führen könnten". Nach Medienberichten interpretierte der israelische Richter Aharon Barak das Urteil so, dass kein vollständiger Stopp der Militäroffensive in Rafah angeordnet worden sei.
Seit dem 1. Juni 2000 ist ein sogenanntes Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel in Kraft. Dieses regelt unter anderem, dass es jährlich einen institutionellen politischen Dialog in Form eines Assoziationsrats auf Ministerebene geben soll. Zudem geht es unter anderem um die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bereichen wie Industrie, Energie, Verkehr und Tourismus.
Nach früheren Angaben Borrells könnte die EU-Kommission ein Aussetzen des Abkommens vorschlagen, wenn Israel sich nicht mehr an Grundprinzipien halten sollte. Israel-Kritiker verweisen darauf, dass im Abkommen auch festgehalten ist, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien nicht nur auf den Grundsätzen der Demokratie, sondern auch auf der Achtung der Menschenrechte beruhen./fsp/DP/he