Berlin (ots) -
Boris Pistorius hat das Image eines vor Tatkraft strotzenden Politikers. Der Sozialdemokrat genießt und pflegt dieses Bild von sich. In der Bevölkerung kommt er damit gut an: Der Verteidigungsminister führt die Ranglisten der beliebtesten Politiker souverän an. Über seine Stellung innerhalb der Koalition sagt das allerdings wenig aus.
Das beweisen nun die von Pistorius vorgelegten Pläne für einen neuen Wehrdienst. Von einer Rückkehr zur Wehrpflicht oder anderen weitreichenden Modellen kann keine Rede sein. Pistorius schlägt das absolute Minimum dessen vor, was in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP derzeit politisch machbar ist. Der Pistorius-Plan: Alle 18-Jährigen sollen einen Fragebogen von der Bundeswehr bekommen, aber nur Männer sollen verpflichtend antworten müssen. Durch diesen Kontakt mit der Bundeswehr sollen alle jungen Menschen mit der Frage konfrontiert werden, ob sie sich einen Dienst in der Truppe vorstellen können. Aus den Interessierten wählt die Truppe dann die aus ihrer Sicht für den Dienst Geeigneten zur Musterung aus.
Ob das in der aktuellen Bedrohungslage ausreicht, ist zweifelhaft. Die Bundeswehr hat ohnehin ein massives Personalproblem, das sich in den kommenden Jahren allerdings absehbar verschärfen wird. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente, um die junge Generation buhlen in Zeiten des Fachkräftemangels auch weitaus attraktivere Arbeitgeber, als es die Bundeswehr heute ist. Unter diesen Voraussetzungen hat der Verteidigungsminister bereits ein Problem, die personelle Größe der Truppe stabil zu halten und in den kommenden Jahren um 20.000 Soldatinnen und Soldaten auf gut 200.000 zu erhöhen, wie es die bisherige Planung vorsieht.
Das Personalproblem des Verteidigungsministers fällt jedoch deutlich größer als das. Die Kalkulation stammt aus Zeiten, in denen die Nato, in denen Deutschland keinen Angriff von Russland fürchten musste. Der Überfall des russischen Präsidenten auf die Ukraine hat bewiesen, dass Wladimir Putin zu den irrationalsten Handlungen fähig ist. Nach Analyse von Boris Pistorius und seinen Beratern gehört dazu möglicherweise auch ein Angriff auf uns - und zwar schon innerhalb der nächsten Jahre. Nun ist es keinesfalls sicher, dass es so kommt. Das Prinzip Hoffnung kann aber nicht das politische Handeln leiten. Für den Ernstfall müsste Deutschland kurzfristig wesentlich mehr Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung haben als bisher geplant. Pistorius spricht von "Kriegstüchtigkeit". Die drastische Wortwahl mag abschrecken, hinter der Formulierung steht aber eine konsequente Umsetzung dessen, was Bundeskanzler Olaf Scholz wenige Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine als "Zeitenwende" bezeichnet hatte.
Nicht nur innerhalb der eigenen Koalition, sondern auch in seiner SPD fehlt Pistorius dafür allerdings die Rückendeckung. Das zeigt sich an den Widerständen, die Kosten für die Modernisierung der Bundeswehr über das verplante Sondervermögen hinaus verlässlich zu stemmen, aber auch an der Ablehnung innerhalb des Ampel-Bündnisses gegen weitreichendere Pläne für einen neuen Wehrdienst.
Pistorius will noch in dieser Legislaturperiode die Grundlagen dafür schaffen, immerhin seine Vorschläge umzusetzen. Die Koalition ist allerdings ausgelaugt - von all den Krisen in der Welt und den internen Reibereien. Möglicherweise fehlt ihr sogar die Kraft, die Minimalpläne des Verteidigungsministers umzusetzen.
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Boris Pistorius hat das Image eines vor Tatkraft strotzenden Politikers. Der Sozialdemokrat genießt und pflegt dieses Bild von sich. In der Bevölkerung kommt er damit gut an: Der Verteidigungsminister führt die Ranglisten der beliebtesten Politiker souverän an. Über seine Stellung innerhalb der Koalition sagt das allerdings wenig aus.
Das beweisen nun die von Pistorius vorgelegten Pläne für einen neuen Wehrdienst. Von einer Rückkehr zur Wehrpflicht oder anderen weitreichenden Modellen kann keine Rede sein. Pistorius schlägt das absolute Minimum dessen vor, was in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP derzeit politisch machbar ist. Der Pistorius-Plan: Alle 18-Jährigen sollen einen Fragebogen von der Bundeswehr bekommen, aber nur Männer sollen verpflichtend antworten müssen. Durch diesen Kontakt mit der Bundeswehr sollen alle jungen Menschen mit der Frage konfrontiert werden, ob sie sich einen Dienst in der Truppe vorstellen können. Aus den Interessierten wählt die Truppe dann die aus ihrer Sicht für den Dienst Geeigneten zur Musterung aus.
Ob das in der aktuellen Bedrohungslage ausreicht, ist zweifelhaft. Die Bundeswehr hat ohnehin ein massives Personalproblem, das sich in den kommenden Jahren allerdings absehbar verschärfen wird. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente, um die junge Generation buhlen in Zeiten des Fachkräftemangels auch weitaus attraktivere Arbeitgeber, als es die Bundeswehr heute ist. Unter diesen Voraussetzungen hat der Verteidigungsminister bereits ein Problem, die personelle Größe der Truppe stabil zu halten und in den kommenden Jahren um 20.000 Soldatinnen und Soldaten auf gut 200.000 zu erhöhen, wie es die bisherige Planung vorsieht.
Das Personalproblem des Verteidigungsministers fällt jedoch deutlich größer als das. Die Kalkulation stammt aus Zeiten, in denen die Nato, in denen Deutschland keinen Angriff von Russland fürchten musste. Der Überfall des russischen Präsidenten auf die Ukraine hat bewiesen, dass Wladimir Putin zu den irrationalsten Handlungen fähig ist. Nach Analyse von Boris Pistorius und seinen Beratern gehört dazu möglicherweise auch ein Angriff auf uns - und zwar schon innerhalb der nächsten Jahre. Nun ist es keinesfalls sicher, dass es so kommt. Das Prinzip Hoffnung kann aber nicht das politische Handeln leiten. Für den Ernstfall müsste Deutschland kurzfristig wesentlich mehr Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung haben als bisher geplant. Pistorius spricht von "Kriegstüchtigkeit". Die drastische Wortwahl mag abschrecken, hinter der Formulierung steht aber eine konsequente Umsetzung dessen, was Bundeskanzler Olaf Scholz wenige Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine als "Zeitenwende" bezeichnet hatte.
Nicht nur innerhalb der eigenen Koalition, sondern auch in seiner SPD fehlt Pistorius dafür allerdings die Rückendeckung. Das zeigt sich an den Widerständen, die Kosten für die Modernisierung der Bundeswehr über das verplante Sondervermögen hinaus verlässlich zu stemmen, aber auch an der Ablehnung innerhalb des Ampel-Bündnisses gegen weitreichendere Pläne für einen neuen Wehrdienst.
Pistorius will noch in dieser Legislaturperiode die Grundlagen dafür schaffen, immerhin seine Vorschläge umzusetzen. Die Koalition ist allerdings ausgelaugt - von all den Krisen in der Welt und den internen Reibereien. Möglicherweise fehlt ihr sogar die Kraft, die Minimalpläne des Verteidigungsministers umzusetzen.
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