Köln. (ots) -
Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen gibt es große Wissens- und Kompetenzlücken im Umgang mit Antisemitismus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Bielefeld und der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW, über die der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet. Die bundesweit erste Untersuchung in diesem Bereich stellt ein allenfalls "rudimentäres Verständnis" von Antisemitismus fest und empfiehlt der Landesregierung, mit verbindlichen Ausbildungsteilen gegenzusteuern.
"Ausbildungszeit ist ein rares Gut - aber hier besteht eine echte Notwendigkeit", sagte Co-Autor Marc Grimm, Professor für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Uni Wuppertal, der Zeitung. Polizistinnen und Polizisten verbänden den Begriff Antisemitismus zuerst mit der Zeit des Nationalsozialismus, dann auch mit islamistischer Judenfeindlichkeit. "Damit werden andere, moderne Ausprägungen des Antisemitismus nicht gesehen oder erst gar nicht erkannt." Die meisten Beamtinnen und Beamten hätten seit ihrer Schulzeit keine verpflichtende Ausbildung mehr zu diesem Thema erhalten. Die befragten Studienteilnehmer hätten selbst mangelnde Kenntnisse beklagt und große Lernbereitschaft gezeigt.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Zeitung, die Studienergebnisse seien Anlass, "genau hinzuschauen und uns intern mit dem Thema zu befassen. Wenn wir etwas noch besser machen können, wollen wir das auch tun", so Reul weiter.
Wissenslücken und Kompetenzmängel bei der Polizei in Sachen Antisemitismus seien für Rechtsstaat und Gesellschaft ein erhebliches Problem, so die Studie. Zwar müsse nicht jeder Polizist, jede Polizistin Antisemitismus-Experte werden, räumte Grimm ein. "Aber alle brauchen ein Grundgerüst an Wissen über den Antisemitismus und müssen zum Beispiel Codes, Floskeln oder Parolen aus dem israel-feindlichen Milieu kennen, um darauf reagieren zu können." Auch Grundkenntnisse über jüdisches Leben müssten sichergestellt sein.
Volker Beck, Geschäftsführer des Berliner Tikvah-Instituts, das als Teil des Forschungsverbunds "Empathia3" an der Erstellung der Studie beteiligt war, unterstrich die Bedeutung einer gezielten Ausbildung. Die Politik weise der Polizei regelmäßig die Aufgabe zu, rote Linien durchzusetzen. "Dafür müssen Aus- und Weiterbildung die Polizistinnen und Polizisten aber auch befähigen. Die Themen Antisemitismus, jüdisches Leben und Israels Geschichte und Gegenwart müssen fester Bestandteil der Curricula werden."
Wie Grimm ausführte, war die Frage nach Antisemitismus im Polizeiapparat selbst nicht Gegenstand der Untersuchungen. "Es gab allerdings in unseren Interviews gelegentlich Äußerungen, die auf vorhandene antisemitische Einstellungen oder Stereotype schließen lassen." Es handelt sich um eine qualitative Studie, für die mit Zustimmung des NRW-Innenministeriums 39 Freiwillige aus unterschiedlichen Funktionsbereichen der Polizei interviewt wurden, um ein breites Bild vom Kenntnisstand innerhalb der Polizei zu bekommen. Er gehe davon aus, dass die Ergebnisse übertragbar sind auf den Polizeiapparat insgesamt: "Die Probleme werden gesehen und sollten angegangen werden", so Grimm.
Bericht im "Kölner Stadt-Anzeiger" online:
www.ksta.de/813454
Pressekontakt:
Kölner Stadt-Anzeiger
Newsdesk
Telefon: 0221 224 2080
Original-Content von: Kölner Stadt-Anzeiger, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/66749/5805347
Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen gibt es große Wissens- und Kompetenzlücken im Umgang mit Antisemitismus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Bielefeld und der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW, über die der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet. Die bundesweit erste Untersuchung in diesem Bereich stellt ein allenfalls "rudimentäres Verständnis" von Antisemitismus fest und empfiehlt der Landesregierung, mit verbindlichen Ausbildungsteilen gegenzusteuern.
"Ausbildungszeit ist ein rares Gut - aber hier besteht eine echte Notwendigkeit", sagte Co-Autor Marc Grimm, Professor für die Didaktik der Sozialwissenschaften an der Uni Wuppertal, der Zeitung. Polizistinnen und Polizisten verbänden den Begriff Antisemitismus zuerst mit der Zeit des Nationalsozialismus, dann auch mit islamistischer Judenfeindlichkeit. "Damit werden andere, moderne Ausprägungen des Antisemitismus nicht gesehen oder erst gar nicht erkannt." Die meisten Beamtinnen und Beamten hätten seit ihrer Schulzeit keine verpflichtende Ausbildung mehr zu diesem Thema erhalten. Die befragten Studienteilnehmer hätten selbst mangelnde Kenntnisse beklagt und große Lernbereitschaft gezeigt.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Zeitung, die Studienergebnisse seien Anlass, "genau hinzuschauen und uns intern mit dem Thema zu befassen. Wenn wir etwas noch besser machen können, wollen wir das auch tun", so Reul weiter.
Wissenslücken und Kompetenzmängel bei der Polizei in Sachen Antisemitismus seien für Rechtsstaat und Gesellschaft ein erhebliches Problem, so die Studie. Zwar müsse nicht jeder Polizist, jede Polizistin Antisemitismus-Experte werden, räumte Grimm ein. "Aber alle brauchen ein Grundgerüst an Wissen über den Antisemitismus und müssen zum Beispiel Codes, Floskeln oder Parolen aus dem israel-feindlichen Milieu kennen, um darauf reagieren zu können." Auch Grundkenntnisse über jüdisches Leben müssten sichergestellt sein.
Volker Beck, Geschäftsführer des Berliner Tikvah-Instituts, das als Teil des Forschungsverbunds "Empathia3" an der Erstellung der Studie beteiligt war, unterstrich die Bedeutung einer gezielten Ausbildung. Die Politik weise der Polizei regelmäßig die Aufgabe zu, rote Linien durchzusetzen. "Dafür müssen Aus- und Weiterbildung die Polizistinnen und Polizisten aber auch befähigen. Die Themen Antisemitismus, jüdisches Leben und Israels Geschichte und Gegenwart müssen fester Bestandteil der Curricula werden."
Wie Grimm ausführte, war die Frage nach Antisemitismus im Polizeiapparat selbst nicht Gegenstand der Untersuchungen. "Es gab allerdings in unseren Interviews gelegentlich Äußerungen, die auf vorhandene antisemitische Einstellungen oder Stereotype schließen lassen." Es handelt sich um eine qualitative Studie, für die mit Zustimmung des NRW-Innenministeriums 39 Freiwillige aus unterschiedlichen Funktionsbereichen der Polizei interviewt wurden, um ein breites Bild vom Kenntnisstand innerhalb der Polizei zu bekommen. Er gehe davon aus, dass die Ergebnisse übertragbar sind auf den Polizeiapparat insgesamt: "Die Probleme werden gesehen und sollten angegangen werden", so Grimm.
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