Berlin (ots) -
"Polen ist zurück in Europa", so schallten nach der polnischen Parlamentswahl im vergangenen Herbst die Rufe. Unter Premierminister Donald Tusk würde sich Warschau wieder innerhalb der Leitplanken der Europäischen Union bewegen, so hofft man seitdem - auch in Berlin.
In der Tat geben sich beide Länder dies- und jenseits der Neiße Mühe, ihr angeschlagenes Verhältnis zu reparieren. Reparieren, das ist ein gutes Stichwort: Die Debatte um die Reparationszahlungen Deutschlands an Polen wegen der Gräueltaten und der Unterjochung des Landes im Zweiten Weltkrieg ist noch nicht ganz versiegt. Auch wenn Völkerrechtler den Fall mit dem offiziellen Verzicht Polens 1953 (und dessen Bekräftigung 1991) als erledigt betrachten, gibt es doch in Polen immer wieder Stimmen, die zumindest von einer moralischen Verantwortung Deutschlands sprechen.
Auch Donald Tusk hat das aufs Tapet gebracht. Zum einen liegt das daran, dass Tusk von der PiS-Partei unter Zugzwang gebracht wurde, nicht als Schwächling gegenüber Deutschland aufzutreten. Schließlich haben PiS-Politiker ihn im Wahlkampf genüsslich - wenn auch ohne jeden Beleg - als Lakaien Berlins gebrandmarkt. Zum anderen stehen solche Hinweise Tusks für ein neues Selbstbewusstsein Polens: Wir wissen, ihr braucht uns. Und wir lassen uns nicht alles gefallen.
Das kann man blöd und aufmüpfig finden. Doch wenn man genau hinschaut, kann Deutschland mit einem selbstbewussten Partner im Osten sehr viel gewinnen. Ein enger Schulterschluss an der Ostflanke der Nato kann im Ringen mit Russland nur von Vorteil sein. Die Polen warnen schon lange vor der Bedrohung durch Putin und haben sich als hellsichtig erwiesen, ähnlich wie die baltischen Staaten. Wer aus der Geschichte gelernt hat, hört ihnen künftig besser zu. Hinzu kommt das zunehmend bröckelnde deutsch-französische Verhältnis, von dem niemand genau weiß, wie es sich nach dem Sieg der Rechtspopulisten entwickeln wird.
Dass Deutschland in den kommenden Monaten Entschädigungen an noch lebende Opfer des Nationalsozialismus in Polen möglich machen will, ist deshalb ein guter und wichtiger Schritt. Er zeigt: Wir nehmen eure Meinung ernst, wir hören, was ihr sagt. Es handelt sich um eine kleine Anerkennung, ein Signal. Klar ist: Man darf es nicht überbewerten, denn den großen Geldsegen können NS-Opfer jetzt nicht erwarten. Hinzu kommt, dass die meisten der Betroffenen nicht mehr lange leben werden. Aber die Bundesregierung will nun mehr tun, als sie in den vergangenen Jahren zu tun bereit war.
Jetzt muss es darum gehen, die polnisch-deutschen Beziehungen weiter mit Leben zu füllen und beide Länder zum Motor der Europäischen Union zu machen.
Das kann dann gelingen, wenn Berlin Warschau als ebenbürtigen Partner wahrnimmt - und ihn auf EU-Ebene als solchen verkauft. Das Weimarer Dreieck bekommt schon jetzt wieder mehr Bedeutung, nachdem es jahrelang im Dornröschenschlaf verharrte. Man trifft sich öfter, tauscht sich aus, schließt Vereinbarungen wie etwa ein militärisches Schengen-Abkommen, mit dem Soldaten und Ausrüstung leichter Richtung Front in der Ukraine transportiert werden können.
Aber da geht noch mehr: Denkbar sind Joint Ventures im militärischen Bereich oder ein Projekt wie Airbus, nur eben mit einer deutsch-polnischen Kooperation im Zentrum. Möglichkeiten gibt es genug. Die Bundesregierung muss jetzt handeln, um zu zeigen, wie ernst es ihr mit der Zusammenarbeit wirklich ist.
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"Polen ist zurück in Europa", so schallten nach der polnischen Parlamentswahl im vergangenen Herbst die Rufe. Unter Premierminister Donald Tusk würde sich Warschau wieder innerhalb der Leitplanken der Europäischen Union bewegen, so hofft man seitdem - auch in Berlin.
In der Tat geben sich beide Länder dies- und jenseits der Neiße Mühe, ihr angeschlagenes Verhältnis zu reparieren. Reparieren, das ist ein gutes Stichwort: Die Debatte um die Reparationszahlungen Deutschlands an Polen wegen der Gräueltaten und der Unterjochung des Landes im Zweiten Weltkrieg ist noch nicht ganz versiegt. Auch wenn Völkerrechtler den Fall mit dem offiziellen Verzicht Polens 1953 (und dessen Bekräftigung 1991) als erledigt betrachten, gibt es doch in Polen immer wieder Stimmen, die zumindest von einer moralischen Verantwortung Deutschlands sprechen.
Auch Donald Tusk hat das aufs Tapet gebracht. Zum einen liegt das daran, dass Tusk von der PiS-Partei unter Zugzwang gebracht wurde, nicht als Schwächling gegenüber Deutschland aufzutreten. Schließlich haben PiS-Politiker ihn im Wahlkampf genüsslich - wenn auch ohne jeden Beleg - als Lakaien Berlins gebrandmarkt. Zum anderen stehen solche Hinweise Tusks für ein neues Selbstbewusstsein Polens: Wir wissen, ihr braucht uns. Und wir lassen uns nicht alles gefallen.
Das kann man blöd und aufmüpfig finden. Doch wenn man genau hinschaut, kann Deutschland mit einem selbstbewussten Partner im Osten sehr viel gewinnen. Ein enger Schulterschluss an der Ostflanke der Nato kann im Ringen mit Russland nur von Vorteil sein. Die Polen warnen schon lange vor der Bedrohung durch Putin und haben sich als hellsichtig erwiesen, ähnlich wie die baltischen Staaten. Wer aus der Geschichte gelernt hat, hört ihnen künftig besser zu. Hinzu kommt das zunehmend bröckelnde deutsch-französische Verhältnis, von dem niemand genau weiß, wie es sich nach dem Sieg der Rechtspopulisten entwickeln wird.
Dass Deutschland in den kommenden Monaten Entschädigungen an noch lebende Opfer des Nationalsozialismus in Polen möglich machen will, ist deshalb ein guter und wichtiger Schritt. Er zeigt: Wir nehmen eure Meinung ernst, wir hören, was ihr sagt. Es handelt sich um eine kleine Anerkennung, ein Signal. Klar ist: Man darf es nicht überbewerten, denn den großen Geldsegen können NS-Opfer jetzt nicht erwarten. Hinzu kommt, dass die meisten der Betroffenen nicht mehr lange leben werden. Aber die Bundesregierung will nun mehr tun, als sie in den vergangenen Jahren zu tun bereit war.
Jetzt muss es darum gehen, die polnisch-deutschen Beziehungen weiter mit Leben zu füllen und beide Länder zum Motor der Europäischen Union zu machen.
Das kann dann gelingen, wenn Berlin Warschau als ebenbürtigen Partner wahrnimmt - und ihn auf EU-Ebene als solchen verkauft. Das Weimarer Dreieck bekommt schon jetzt wieder mehr Bedeutung, nachdem es jahrelang im Dornröschenschlaf verharrte. Man trifft sich öfter, tauscht sich aus, schließt Vereinbarungen wie etwa ein militärisches Schengen-Abkommen, mit dem Soldaten und Ausrüstung leichter Richtung Front in der Ukraine transportiert werden können.
Aber da geht noch mehr: Denkbar sind Joint Ventures im militärischen Bereich oder ein Projekt wie Airbus, nur eben mit einer deutsch-polnischen Kooperation im Zentrum. Möglichkeiten gibt es genug. Die Bundesregierung muss jetzt handeln, um zu zeigen, wie ernst es ihr mit der Zusammenarbeit wirklich ist.
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