03.07.2024 -
Als ich im Assetmanagement anfing, waren Anleihen vor allem wegen des Zinseszinseffekts gefragt. Nach vielen Jahren mit volatilen Kursen und einer Geldpolitik, die die Renditen verzerrte, kehren wir jetzt dahin zurück. Es kommt wieder auf den laufenden Ertrag an. Natürlich darf man die Zinserwartungen nicht ignorieren, ebenso wenig wie überraschende Änderungen der Geld- und Fiskalpolitik oder der allgemeinen Kreditbedingungen. Die anhaltend hohen Zinsen haben Anleihen aber gutgetan. Alte Titel, die bald fällig werden, steigen allmählich wieder auf pari - und neue Titel bieten höhere Coupons. All das macht Anleihen wieder sehr viel attraktiver.
Der Sommer ist da: Bald beginnen die Sommerferien. Die Märkte sind ruhig, und für Erträge sorgen vor allem die Coupons. Der Quotient aus laufendem Ertrag und Volatilität ist in den letzten Monaten gestiegen, weil die laufenden Erträge jetzt höher sind (vor allem bei Anleihen) und die Volatilität nachließ. Das Makroumfeld ist offensichtlich günstig. Die Zweifel an einer weichen Landung lassen weiter nach, die Inflation fällt auch ohne Rezession.
Höhere Coupons: Die laufenden Erträge von Anleihen legen allmählich zu, weil die Coupons seit Beginn der strafferen Geldpolitik im Jahr 2022 steigen. Die durchschnittlichen Coupons dollardenominierter Investmentgrade-Anleihen sind gemessen an den klassischen Indizes jetzt um 65 bis 70 Basispunkte höher als Anfang März 2022. Bei eurodenominierten Investmentgrade-Titeln sind es sogar 100 Basispunkte, bei sterlingdenominieren 40 bis 50 und bei High-Yield-Anleihen, in US-Dollar wie in Euro, 60 bis 100. Etwa 25 Prozent der umlaufenden Euro-Unternehmensanleihen haben zurzeit einen Coupon von weniger als 2 Prozent, und bei 22 Prozent liegt er über 3,8 Prozent, der aktuellen durchschnittlichen Yield to Worst. Im März 2020 hatten 70 Prozent des Marktes Coupons unter 2 Prozent. Da die Zinsen einstweilen nicht stark gesenkt werden, werden die Durchschnittscoupons weiter steigen - und die laufenden Erträge auch.
Höherer laufender Ertrag: In den letzten zwölf Monaten betrug die Couponrendite amerikanischer Investmentgrade-Unternehmensanleihen (gemessen am ICE Bond Index) laut Bloomberg 4,6 Prozent. Bei eurodenominierten Titeln waren es 2,4 Prozent, bei sterlingdenominierten 4,8 Prozent. Ganz anders war es 2020 mit 3,8 Prozent, 1,6 Prozent und 3,7 Prozent. Außerdem hat die Volatilität nachgelassen. Die Anleihenerträge sind heute stabiler, der Anteil der Coupons ist höher und steigt weiter. Die Straffung der Geldpolitik war für Anleihen ein echtes Problem und löste die größte Baisse seit Generationen aus. Dass die Notenbanken ihre Leitzinsen aber jetzt erst einmal nicht wieder senken, hat dem Markt geholfen.
Erholung nach dem Schock von 2022: Anleihen erholen sich. 2022 war der Einbruch aber so stark, dass manche Papiere ihre Verluste noch nicht wettgemacht haben. Am schlimmsten traf es Langläufer, während Kurzläufer ihr Minus ausgeglichen haben. Sehen Sie sich dazu die folgenden Abbildungen an. Sie zeigen die Verluste amerikanischer Investmentgrade-Anleihen mit Laufzeiten von 1 bis 3 Jahren sowie von mehr als 10 Jahren.