DJ POLITIK-BLOG/Verdi: Budgetentwurf nicht ausreichend
Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:
Verdi: Budgetentwurf nicht ausreichend
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hält die Verständigung in der Ampelkoalition auf den Bundeshaushalt 2025 für zu defensiv. "Das ist ein Haushalt, der unterhalb dessen bleibt, was notwendig ist. Das erneute Festhalten der Ampelkoalition an der Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse für Deutschland. Damit wird sich die Spaltung der Gesellschaft weiter vertiefen", erklärte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Es sei anzuerkennen, dass die Ampel-Koalition versuche, den Umfang der Streichungen im Bundeshaushalt zu begrenzen. Auch die geplanten Verbesserungen beim Kindergeld, der Kindersofortsicherung und bei der Wohnungsbauförderung bewerte man positiv. Gleichzeitig führten die geplanten steuerlichen Maßnahmen für die Wirtschaft und die Veränderungen am Einkommenssteuertarif aber absehbar zu einer weiteren Schwächung der Einnahmebasis für die Kommunen. Das sei "eine denkbar schlechte Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger". Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und dringend notwendige zusätzliche Mittel für die Reparatur der maroden Verkehrsinfrastruktur blieben auf der Strecke, und es gebe keine ausreichenden Antworten für die immer drängenderen Probleme in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Pflege.
BEE warnt Regierung bei Erneuerbaren vor Experimenten
Der Ökostromverband BEE hat angesichts des Haushaltsentwurfs der Regierung vor Experimenten gewarnt. Erneuerbare müssten Fortschrittsmotor bleiben. "Mit dem Haushaltsentwurf bekundet die Bundesregierung den klaren Willen, die Bedeutung der Erneuerbaren für die Energie- und Versorgungssicherheit sowie für die Einhaltung der Klimaziele weiter zu stärken. Hierfür sind einige Wegmarken gesetzt, aber es drohen auch unbekannte Wegweiser, die für neue Unsicherheit und Investitionshemmnisse sorgen können", sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. Die Branche warnt vor Experimenten in einem für den Zukunftsstandort wichtigen Wachstumsbereich. Flexibilität sei als neue Leitwährung im Strommarkt erkannt. Flexible Kraftwerke wie Batteriespeicher, Bioenergieanlagen und Wasserkraftwerke erhielten eine neue Bedeutung als dezentrales steuerbares Back-up zu Wind und Sonne. Es sei zudem richtig, die finanzielle Absicherung der Erneuerbaren über das EEG zu reformieren. Vor einem harten Instrumentenwechsel habe der BEE allerdings immer gewarnt, die Marktprämie hat sich etabliert.
ZVEI: Nur erster Zwischenschritt zu "Wachstumsturbo"
Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI mahnt nach der Budgeteinigung der Koalition eine zügige Umsetzung des angekündigten Wachstumspakets an, das zudem nur ein erster Zwischenschritt zu einem geplanten "Wachstumsturbo" sei. "Die Einigung beim Bundeshaushalt 2025 stimmt optimistisch", sagte der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, Wolfgang Weber. "Die Bundesregierung lässt erkennen, dass die großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit gezielt aus der politischen Mitte heraus adressiert werden können." Ein wichtiger Baustein hierfür seien die nunmehr beabsichtigten Wachstumsimpulse für die Unternehmen und den Wirtschaftsstandort. Die Richtung der angekündigten Maßnahmen stimme in der Summe. Entscheidend sei jedoch, "dass die Ankündigungen schnell in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden".
BGA: Wachstumspaket gut, aber noch nicht gut genug
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) hat die Haushaltseinigung der Koalition überwiegend positiv bewertet. "Ich begrüße die Einigung auf einen verfassungsgemäßen Bundeshaushalt ausdrücklich. Dass in die Einhaltung der Schuldenbremse bestätigt wurde, ist notwendig", sagte BGA-Präsident Dirk Jandura. Die Wachstumsinitiative sei gut, "aber noch nicht gut genug, um aus der Krise zu kommen", betonte er allerdings. Für den mittelständisch geprägten Handel seien die geplanten Infrastrukturausgaben wichtig. Die Ausweitung der degressiven AfA und die Entlastung bei der kalten Progression seien gerade für kleine und mittlere Unternehmen eine enorme Hilfe. "Die Entlastungen müssten angesichts der strukturellen wirtschaftlichen Krise aber deutlich höher ausfallen", verlangte Jandura. "Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags wäre eine solche Maßnahme." Ausdrücklich befürwortete er die Anreize bei der Fachkräfteeinwanderung und die verbesserten Möglichkeiten für die Anwerbung von Arbeitskräften über die Zeitarbeit. Das sei "endlich ein mutiger Schritt in diesem Bereich".
VCI: Haushaltseinigung kein großer Wurf
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßt, dass sich die Bundesregierung nach monatelangem Streit über den Bundeshaushalt 2025 geeinigt hat, bewertet das vorgestellte Wachstumspaket aber als nicht ausreichend. "Es ist ein Lichtblick, dass uns die Ampelkoalition ein erneutes Haushaltsdrama erspart hat", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. Positiv sei auch, dass die Schuldenbremse eingehalten werde. "Das Wachstumspaket ist aber kein großer Wurf", kritisierte er. "Es mag ein großer Sprung für die Koalition sein, in der Realität ist es aber nur ein kleiner Schritt für den Standort Deutschland." Die Bundesregierung habe die Chance auf eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik vertan, monierte er. Die geplante langfristige Senkung der Stromsteuer, weitere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage seien zwar wichtige, aber zu zaghafte Impulse für Wachstum und Innovation. Der VCI bezweifle auch, dass die angekündigten Maßnahmen zum Bürokratieabbau ausreichten.
DIW: Restriktive Finanzpolitik schwerwiegender Fehler
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Haushaltseinigung der Koalitionsspitzen kritisch bewertet. "Der Entwurf des Bundeshaushalts 2025 zeigt die Bemühungen aller Ampelparteien, eine konstruktive Lösung zu finden und ihre Differenzen zu überwinden", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Er bietet aber viel politischen Sprengstoff", sagte er. Im neuen Bundeshaushalt fehlten Kürzungen klimaschädlicher Subventionen, die in Deutschland über 60 Milliarden Euro im Jahr ausmachten, wie auch ein Abbau anderer Steuerprivilegien, um wirtschaftlichen Wettbewerb zu stärken und eine faire Lastenverteilung sicherzustellen. "Die restriktive Finanzpolitik der Bundesregierung ist mit die größte Bremse für die wirtschaftliche Erholung und daher ein schwerwiegender politischer Fehler", urteilte der Ökonom.
BDI sieht nur moderate Impulse für Wachstum und Investitionen
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet nach der Budgeteinigung der Koalition "keine nachhaltige Stärkung von Wachstumskräften" durch das angekündigte Maßnahmenpaket. "Dieser Haushalt setzt moderate Impulse für wirtschaftliches Wachstum und Investitionen", sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Er enthalte einige von der Industrie schon lange geforderte Erleichterungen. "Unter dem Strich ist das dennoch zu wenig, um Wachstumskräfte nachhaltig zu stärken." Die bisher bekannten steuerlichen Beschlüsse förderten über die verfassungsrechtlich ohnehin gebotene Anpassung von Freibeträgen und über Tarifanpassungen eher den Konsum. Eine Investitionsprämie für Unternehmen fehle, monierte Gönner. Dass die beschleunigten Abschreibungen von Investitionen bis 2028 verlängert und ausgeweitet und die Forschungszulage verbessert werden sollten, seien richtige Signale. Die Länder seien nun gefordert, für diese Vorhaben den Weg freizumachen.
Merz erwartet nach Budgeteinigung weiteren Streit in der Koalition
Unions-Fraktionschef Freidrich Merz (CDU) hat mit heftiger Kritik auf die Haushaltseinigung der Koalition reagiert. "Dies alles reicht aus für einen Burgfrieden einer erschöpften Koalition für wenige Tage" sagte er bei einem Pressestatement in Berlin. "Schon mit dem Kabinettsbeschluss wird der Dissens wieder offen zutage treten. Und wenn wir dann im September zurückkehren aus der parlamentarischen Sommerpause, dann wird der Streit in der Koalition über den Haushalt 2025 erst richtig losgehen", sagte der CDU-Vorsitzende voraus. Merz monierte, es fehle ein Finanztableau. "Das heißt, alle Entscheidungen im Detail stehen noch an." Es sei im Detail nichts entschieden. Die Koalition werde in den nächsten knapp zwei Wochen bis zum 17. Juli noch sehr viel Arbeit haben, "und meine Prognose ist, dann geht der Streit erst richtig los". Dann müssten noch in vielen Sachfragen Einzelentscheidungen getroffen werden, die jetzt alle nicht getroffen worden seien.
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July 05, 2024 10:47 ET (14:47 GMT)
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