Washington (ots) -
Um die aktuelle Schlagseite im nationalen Selbstgespräch der USA zu beschreiben, ist eine Zahl hilfreich. Nachdem Joe Biden in Atlanta vor elf Tagen im TV-Duell mit Donald Trump einen historischen geistigen "Platten" hatte, widmete sich die "New York Times" in über 200 Artikeln dem Gesundheitszustand Bidens. Fast durchgängiger Tenor: Er kann es nicht mehr, er muss abdanken.
Die Berichterstattung über das, was fundamentalistische Zuarbeiter im Hintergrund für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten aushecken, immerhin ein verurteilter Straftäter, der 2021 eine Art Staatsstreich versuchte, kann man dagegen im gleichen Leitmedium an drei Fingern abzählen. Gemeint ist die unter dem harmlos klingenden Titel "Project 2025" firmierende Blaupause für einen Staatsumbau, der einem einzigen Ziel verpflichtet ist: die Machtfülle des amerikanischen Präsidenten extrem auszubauen und die anderen Säulen des Systems der Gewaltenteilung, das Parlament und die Gerichte, nach und nach zu verzwergen.
Nur ein Beispiel: Im Staatsapparat sollen bis zu 50.000 Beamte durch auf Herz und Nieren geprüfte Trump-Loyalisten ersetzt werden. Einstellungsvoraussetzung: Sie müssen wie Trump von der irrigen Annahme überzeugt sein, dass die Präsidentschaftswahl 2020 zugunsten von Joe Biden manipuliert wurde.
Dahinter steht die erzkonservative Heritage-Stiftung. Eine ultrareiche Denkfabrik, die sich als führende intellektuelle Vorfeld-Organisation der MAGA-Bewegung Trumps versteht. Für das "Project 2025", eine Art Regierungsprogramm, mit dem Trump im Falle seines Sieges von Tag eins an arbeiten könnte, wurde von über 400 Experten aus Politik und Wissenschaft der komplette Regierungsapparat samt Ministerien und Agenturen neu vermessen. Es zählen nur noch zwei Loyalitäten. Die zu Trump. Und zu einer neu definierten christlich-weißen Vorherrschaft.
Kevin Roberts, der Chef der Stiftung, lässt keinen Zweifel daran, wie ernst es ihm ist. Er spricht davon, dass Amerika sich inmitten einer "zweiten Revolution" befinde. Eine größenwahnsinnige Anspielung auf den Bürgerkrieg der 1860er-Jahre. Das aufrechte Amerika hole sich gerade "von den Eliten und despotischen Bürokraten" das Land zurück, während die Demokraten unter Joe Biden kollabierten. Laut Roberts ist dieser Prozess unumkehrbar. Die Revolution gehe "unblutig" vonstatten, wenn die Linke es zulasse. Wie bitte? Die unverhohlene Gewaltandrohung, falls das konservative Amerika bei der Exekution seiner sektiererischen Pläne gestört werden sollte, hat in Washington Entsetzen ausgelöst.
Darum ist jetzt Donald Trump selber auf den Plan getreten. Er kenne das "Project 2025" gar nicht, sagt er leutselig. Auch habe er keinen Schimmer, wer dahinterstecke. Einige Vorschläge der Gruppe seien "absolut lächerlich" und "grottenschlecht" (komisch, wenn er das Projekt doch gar nicht kennt). Seine Botschaft: "Ich habe damit nichts zu tun." Was eine glatte Lüge ist. Dutzende von Trumps Büchsenspannern arbeiten mit und für Kevin Roberts. Sie leihen der Aktion ihr Gesicht. Und damit Autorität.
Trumps Distanzierungsversuch zeigt, wie sehr er den Verlust der Anschlussfähigkeit an parteiunabhängige Wählerschichten fürchtet. Sie fühlen sich von Kevin Roberts' Politbüro-Extremismus angewidert. Bidens Alter hin oder her - darüber könnte die "New York Times" auch ruhig 200-mal schreiben.
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Um die aktuelle Schlagseite im nationalen Selbstgespräch der USA zu beschreiben, ist eine Zahl hilfreich. Nachdem Joe Biden in Atlanta vor elf Tagen im TV-Duell mit Donald Trump einen historischen geistigen "Platten" hatte, widmete sich die "New York Times" in über 200 Artikeln dem Gesundheitszustand Bidens. Fast durchgängiger Tenor: Er kann es nicht mehr, er muss abdanken.
Die Berichterstattung über das, was fundamentalistische Zuarbeiter im Hintergrund für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten aushecken, immerhin ein verurteilter Straftäter, der 2021 eine Art Staatsstreich versuchte, kann man dagegen im gleichen Leitmedium an drei Fingern abzählen. Gemeint ist die unter dem harmlos klingenden Titel "Project 2025" firmierende Blaupause für einen Staatsumbau, der einem einzigen Ziel verpflichtet ist: die Machtfülle des amerikanischen Präsidenten extrem auszubauen und die anderen Säulen des Systems der Gewaltenteilung, das Parlament und die Gerichte, nach und nach zu verzwergen.
Nur ein Beispiel: Im Staatsapparat sollen bis zu 50.000 Beamte durch auf Herz und Nieren geprüfte Trump-Loyalisten ersetzt werden. Einstellungsvoraussetzung: Sie müssen wie Trump von der irrigen Annahme überzeugt sein, dass die Präsidentschaftswahl 2020 zugunsten von Joe Biden manipuliert wurde.
Dahinter steht die erzkonservative Heritage-Stiftung. Eine ultrareiche Denkfabrik, die sich als führende intellektuelle Vorfeld-Organisation der MAGA-Bewegung Trumps versteht. Für das "Project 2025", eine Art Regierungsprogramm, mit dem Trump im Falle seines Sieges von Tag eins an arbeiten könnte, wurde von über 400 Experten aus Politik und Wissenschaft der komplette Regierungsapparat samt Ministerien und Agenturen neu vermessen. Es zählen nur noch zwei Loyalitäten. Die zu Trump. Und zu einer neu definierten christlich-weißen Vorherrschaft.
Kevin Roberts, der Chef der Stiftung, lässt keinen Zweifel daran, wie ernst es ihm ist. Er spricht davon, dass Amerika sich inmitten einer "zweiten Revolution" befinde. Eine größenwahnsinnige Anspielung auf den Bürgerkrieg der 1860er-Jahre. Das aufrechte Amerika hole sich gerade "von den Eliten und despotischen Bürokraten" das Land zurück, während die Demokraten unter Joe Biden kollabierten. Laut Roberts ist dieser Prozess unumkehrbar. Die Revolution gehe "unblutig" vonstatten, wenn die Linke es zulasse. Wie bitte? Die unverhohlene Gewaltandrohung, falls das konservative Amerika bei der Exekution seiner sektiererischen Pläne gestört werden sollte, hat in Washington Entsetzen ausgelöst.
Darum ist jetzt Donald Trump selber auf den Plan getreten. Er kenne das "Project 2025" gar nicht, sagt er leutselig. Auch habe er keinen Schimmer, wer dahinterstecke. Einige Vorschläge der Gruppe seien "absolut lächerlich" und "grottenschlecht" (komisch, wenn er das Projekt doch gar nicht kennt). Seine Botschaft: "Ich habe damit nichts zu tun." Was eine glatte Lüge ist. Dutzende von Trumps Büchsenspannern arbeiten mit und für Kevin Roberts. Sie leihen der Aktion ihr Gesicht. Und damit Autorität.
Trumps Distanzierungsversuch zeigt, wie sehr er den Verlust der Anschlussfähigkeit an parteiunabhängige Wählerschichten fürchtet. Sie fühlen sich von Kevin Roberts' Politbüro-Extremismus angewidert. Bidens Alter hin oder her - darüber könnte die "New York Times" auch ruhig 200-mal schreiben.
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