Berlin (ots) -
Die Erleichterung über den Ausgang der französischen Parlamentswahl war in fast allen europäischen Hauptstädten kaum überhörbar: Danke, Frankreich! Die Wählerinnen und Wähler haben den Vormarsch der Rechtspopulisten von Marine Le Pen vorerst gestoppt. Jordan Bardella, der Parteivorsitzende des Rassemblement National (RN), wollte Regierungschef werden, jetzt muss er im Parlament weiter kleine Brötchen backen. So weit, so gut.
Doch wer genau hinschaut, kann die neuen Konfliktlinien bereits erkennen. Denn die Franzosen haben nicht für etwas (oder jemanden), sondern gegen etwas gestimmt. Sie haben sich zusammengetan, um etwas zu verhindern, nicht, um etwas zu gestalten. Die Parallelen zu Großbritannien sind unübersehbar. Die Labour-Partei unter Keir Starmer hat nicht gewonnen, weil sie so überzeugend und so beliebt war. Die Briten hatten die Tories einfach satt: Alles - nur sie nicht mehr.
Starmer ist allerdings von den Briten mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattet worden, er regiert mit nur einer Partei im Rücken und hat die Chance, vieles besser zu machen. Das ist in Frankreich vollkommen anders.
Das linke Wahlbündnis, der Zusammenschluss von Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei LFI, war von Anfang an eine Zweckgemeinschaft - gegen Marine Le Pen und das andere Frankreich, für das sie mit ihrer Partei steht. Entsprechend dick trug Jean-Luc Mélenchon am Wahlabend auch auf: "Die Linke hat einmal mehr die Republik gerettet", sagte der Gründer der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI) nach der Bekanntgabe der ersten Prognosen. Die Neue Volksfront sei bereit zum Regieren.
Doch dazu muss sie zunächst einmal den Streit im eigenen Lager überwinden. Vor der Wahl konnten sie sich nicht einmal auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs einigen. Die Führungsfrage ist ungeklärt. Mélenchon selbst ist dabei ein großes Problem. Der linksradikale Volkstribun holte zwar bei den letzten Präsidentschaftswahlen 22 Prozent der Stimmen. Er bekam damals nur 500.000 Stimmen weniger als Le Pen und verpasste knapp die Stichwahl. Aber er ist viel zu polarisierend, viel zu radikal, um Brücken zu bauen, die Frankreich jetzt braucht, um nicht monatelang stillzustehen und um sich selbst zu kreisen.
Denn bei aller Erleichterung darüber, dass die Rechtsextremen von der Macht ferngehalten werden konnten - genau darauf setzt Marine Le Pen: Stillstand, Lähmung, Perspektivlosigkeit. Sie will im vierten Anlauf Präsidentin werden und Frankreich "umbauen". Und ihre Chancen sind, so paradox es auch klingen mag, durch den Wahlsieg des Linksbündnisses nicht kleiner geworden. "Unser Sieg ist nur verschoben worden", sagte sie am Wahlabend. Es liegt jetzt an der Kompromissfähigkeit ihrer Gegner, ob sie recht behält. Und die ist leider nicht in Sicht.
Emmanuel Macron reist also als "Lame Duck" (lahme Ente) zum Nato-Gipfel in die Vereinigten Staaten, auch wenn er mit einem staatsmännischen Auftritt alles versuchen wird, genau diesen Eindruck zu vermeiden. Doch mit einem Parlament zu Hause, das über den Haushalt abstimmt und wichtige Reformen blockieren kann, ist Macron ein gefesselter Präsident, der nicht mehr viel bewegen kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er mit seiner vorschnellen Entscheidung, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, am Ende doch Marine Le Pen den roten Teppich in den Élysée-Palast ausgerollt hat.
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Die Erleichterung über den Ausgang der französischen Parlamentswahl war in fast allen europäischen Hauptstädten kaum überhörbar: Danke, Frankreich! Die Wählerinnen und Wähler haben den Vormarsch der Rechtspopulisten von Marine Le Pen vorerst gestoppt. Jordan Bardella, der Parteivorsitzende des Rassemblement National (RN), wollte Regierungschef werden, jetzt muss er im Parlament weiter kleine Brötchen backen. So weit, so gut.
Doch wer genau hinschaut, kann die neuen Konfliktlinien bereits erkennen. Denn die Franzosen haben nicht für etwas (oder jemanden), sondern gegen etwas gestimmt. Sie haben sich zusammengetan, um etwas zu verhindern, nicht, um etwas zu gestalten. Die Parallelen zu Großbritannien sind unübersehbar. Die Labour-Partei unter Keir Starmer hat nicht gewonnen, weil sie so überzeugend und so beliebt war. Die Briten hatten die Tories einfach satt: Alles - nur sie nicht mehr.
Starmer ist allerdings von den Briten mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattet worden, er regiert mit nur einer Partei im Rücken und hat die Chance, vieles besser zu machen. Das ist in Frankreich vollkommen anders.
Das linke Wahlbündnis, der Zusammenschluss von Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei LFI, war von Anfang an eine Zweckgemeinschaft - gegen Marine Le Pen und das andere Frankreich, für das sie mit ihrer Partei steht. Entsprechend dick trug Jean-Luc Mélenchon am Wahlabend auch auf: "Die Linke hat einmal mehr die Republik gerettet", sagte der Gründer der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI) nach der Bekanntgabe der ersten Prognosen. Die Neue Volksfront sei bereit zum Regieren.
Doch dazu muss sie zunächst einmal den Streit im eigenen Lager überwinden. Vor der Wahl konnten sie sich nicht einmal auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs einigen. Die Führungsfrage ist ungeklärt. Mélenchon selbst ist dabei ein großes Problem. Der linksradikale Volkstribun holte zwar bei den letzten Präsidentschaftswahlen 22 Prozent der Stimmen. Er bekam damals nur 500.000 Stimmen weniger als Le Pen und verpasste knapp die Stichwahl. Aber er ist viel zu polarisierend, viel zu radikal, um Brücken zu bauen, die Frankreich jetzt braucht, um nicht monatelang stillzustehen und um sich selbst zu kreisen.
Denn bei aller Erleichterung darüber, dass die Rechtsextremen von der Macht ferngehalten werden konnten - genau darauf setzt Marine Le Pen: Stillstand, Lähmung, Perspektivlosigkeit. Sie will im vierten Anlauf Präsidentin werden und Frankreich "umbauen". Und ihre Chancen sind, so paradox es auch klingen mag, durch den Wahlsieg des Linksbündnisses nicht kleiner geworden. "Unser Sieg ist nur verschoben worden", sagte sie am Wahlabend. Es liegt jetzt an der Kompromissfähigkeit ihrer Gegner, ob sie recht behält. Und die ist leider nicht in Sicht.
Emmanuel Macron reist also als "Lame Duck" (lahme Ente) zum Nato-Gipfel in die Vereinigten Staaten, auch wenn er mit einem staatsmännischen Auftritt alles versuchen wird, genau diesen Eindruck zu vermeiden. Doch mit einem Parlament zu Hause, das über den Haushalt abstimmt und wichtige Reformen blockieren kann, ist Macron ein gefesselter Präsident, der nicht mehr viel bewegen kann. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er mit seiner vorschnellen Entscheidung, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, am Ende doch Marine Le Pen den roten Teppich in den Élysée-Palast ausgerollt hat.
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