17.07.2024 -
Die meisten Anlageklassen verzeichneten im ersten Quartal einen stetigen Aufwärtstrend. Das zweite Quartal verlief eher durchwachsen. Zum Start in das zweite Halbjahr bietet sich jedoch insgesamt ein positives Bild. Unter der Oberfläche allerdings lauern zahlreiche Risiken für die Finanzmärkte. Dazu gehören eine nachlassende konjunkturelle Dynamik, Höchststände technischer Indikatoren, ein etwas schwächerer Technologiesektor und Unsicherheiten durch Wahlen. Auch die nun anlaufende Berichtssaison dürfte nicht gerade hilfreich sein. Ist das die Ruhe vor dem Sturm, und stehen uns noch viele Turbulenzen bevor? Das ist definitiv nicht unser Basisszenario. Dennoch sehen wir die Voraussetzungen für eine Sommerpause an den Finanzmärkten gegeben.
Volkswirtschaften zeigen Anzeichen von Schwäche
In den USA dürften die Zahlen vermutlich etwas weniger erfreulich ausfallen. Die jüngsten Trends zeigen eine nachlassende Dynamik bei den Wachstumserwartungen. Der US-Index für Konjunkturüberraschungen ist in den negativen Bereich abgeglitten. Die US-Arbeitslosenquote ist indes auf 4,1 % gestiegen und liegt damit erstmals seit der Corona-Krise über dem gleitenden 36-Monats-Durchschnitt. In früheren Konjunkturzyklen folgte darauf meist ein rascher Anstieg der Arbeitslosenquote. In Europa gibt es Anzeichen für die Fragilität des einsetzenden Aufschwungs: die Einkaufsmanagerindizes sind im Juni deutlich gesunken (45,8 für den verarbeitenden Sektor), der IFO-Geschäftsklimaindex in Deutschland ist gefallen und die Unternehmens- und Verbraucherumfrage der Europäischen Kommission ist leicht rückläufig. Dazu kommt die wenig hilfreiche politische Unsicherheit in Frankreich. Zudem haben die Behinderungen im Schiffsverkehr im Roten Meer und im Panamakanal globale Auswirkungen. Der Welthandel steht angesichts steigender Frachtkosten und dem Potenzial für häufigere Störungen der Lieferketten unter starkem Druck. Das wird sich letztlich auch auf das globale BIP-Wachstum auswirken.
Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten... Vorerst
Trotz der sich abschwächenden Konjunktur ("schlechte Nachrichten") sind die Kurse an den Finanzmärkten insgesamt gestiegen. Dies erscheint unlogisch. Doch eine schwächelnde Wirtschaft erhöht die Aussichten auf Zinssenkungen durch die Zentralbanken ("gute Nachrichten"). Solange sich die Fed die Tür für eine erste Zinssenkung im September offenhält, werden die Märkte im Vertrauen darauf den schwachen Daten etwas Positives abgewinnen. Enttäuschungen sind jedoch nicht auszuschließen, wenn bis Ende 2024 nicht mindestens zwei Zinssenkungen erfolgen. Dies ist unser zentrales Szenario, das von einer Normalisierung der Preispolitik der Unternehmen, einem langsameren Lohnwachstum und stabilen Energiepreisen ausgeht. Für die EZB stellt sich die Lage deutlich anders dar: Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone ist nach wie vor schwach und die Inflation nähert sich weiter der 2 %-Marke. Insofern sind schlechte Nachrichten gute Nachrichten.
Gegenwind durch politische Risiken
2024 ist ein Superwahljahr, in dem fast die Hälfte der Weltbevölkerung an die Urnen gehen wird. Die damit verbundene Unsicherheit belastet die wirtschaftlichen Aussichten und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer volatileren Marktentwicklung im zweiten Halbjahr ohne klare Richtung. Als nächstes stehen die Wahlen in den USA an, die sicherlich für Schlagzeilen sorgen und die Märkte beschäftigen werden. Wir sind davon überzeugt, dass ein Wahlsieg von Donald Trump ein Risiko für Europa darstellt und US-Aktien (Small Caps, zyklische Unternehmen, Banken, Technologie, Gesundheitswesen, Energie) begünstigen würde. Europäische und chinesische Aktien könnten in einem solchen Szenario hingegen zu den Verlierern gehören, insbesondere exportorientierte Sektoren wie die Automobil- und Halbleiterindustrie. Im Zusammenhang mit der US-Politik stellt sich noch eine weitere makroökonomische Frage: Was geschieht, wenn durch eine Drosselung des Zustroms an Arbeitsmigranten das Angebot an US-Arbeitskräften sinkt?
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