BEIRUT/TEL AVIV (dpa-AFX) - Ein Militärexperte für den Nahen Osten hält die Theorie, dass der tödliche Raketenangriff auf dem Golan von Israels Abwehrsystem ausging und nicht von der Hisbollah, für sehr unwahrscheinlich. Der Gründer des Militärinstituts INEGMA in Dubai, Riad Kahwadschi, sagte der dpa, die große Explosion im Ort Madschal Schams deute auf einen "großen Sprengkopf" hin.
Nach israelischen Angaben schlug eine Rakete iranischer Bauart in Madschdal Schams ein, wobei zwölf Menschen im Alter von 10 bis 20 Jahren getötet wurden, die meisten davon Kinder und Jugendliche. Israel machte die Hisbollah im Libanon verantwortlich, die jede Beteiligung vehement abstritt. Unter Hisbollah-Anhängern kursierte die Theorie, dass eine israelische Rakete des Abwehrsystems Iron Dome auf dem belebten Fußballplatz einschlug.
Die beim Iron Dome eingesetzten Sprengköpfe seien meistens kleiner, sagte Kahwadschi. "Ihr Ziel ist, bei einem Angriff auf israelisches Gebiete eine Rakete schon in der Luft zur Explosion zu bringen." Die Explosion in Madschdal Schams sei aber deutlich größer gewesen, sagte Kahwadschi. Zudem sei ihm bisher kein Vorfall bekannt, bei dem eine israelische Abwehrrakete so viele Menschen getötet habe. Möglich sei dieses Szenario höchstens dann, wenn viele Menschen nah beieinander stünden.
Die Hisbollah soll gegenüber den Vereinten Nationen erklärt haben, dass eine israelische Abwehrrakete die Explosion verursacht habe. Dies berichtete die Nachrichtenseite Axios unter Berufung auf US-Regierungsvertreter.
Der geschäftsführende libanesische Außenminister Abdullah Bou Habib sagte, er glaube nicht, dass die Hisbollah für den Angriff verantwortlich sei. Die Miliz habe seit Beginn der erneuten Kämpfe mit Israel im vergangenen Oktober keine zivilen Ziele angegriffen, sagte Bou Habib der Staatsagentur NNA zufolge. Es könne sich aber um ein Versehen der Hisbollah oder auch Israels handeln - oder um einen Angriff einer anderen Gruppierung.
Die israelische Militärexpertin Sarit Zehavi verwies darauf, dass die Schiiten-Miliz zuvor Angriffe auf eine israelische Militärbasis auf dem Berg Hermon für sich reklamiert habe. "Es ist sehr leicht, die Basis auf dem Berg Hermon mit ungenauen Raketen, wie etwa der Falak, zu verfehlen", meinte sie. Madschdal Schams liege unmittelbar darunter./jot/DP/men