Düsseldorf (ots) -
Für viele Kreise und Kommunen war die Nachricht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), die am Freitag verschickt wurde, ein Schock: Nur zwei Monate vor Ende des aktuellen Förderaufrufs kürzte das BMDV die zur Verfügung stehenden Mittel um rund 30 %, von drei auf nur zwei Milliarden Euro. Noch schlimmer sieht es für das nächste Jahr aus, wo der Bund statt der erwarteten drei Milliarden wohl nur rund eine Milliarde Euro für neue Glasfaserausbauprojekte bereitstellen will. Das würde eine Kürzung der Mittel für die nächsten zwei Jahre um 50 % bedeuten, von sechs auf nur noch drei Milliarden Euro.
Besonders hart wird dies ländliche Regionen und Bundesländer mit weniger attraktiver Demographie treffen, in denen auch in den nächsten Jahren kein privatwirtschaftlicher Ausbau zu erwarten ist. Für diese ist das Ziel eines flächendeckenden Ausbaus bis 2030 jetzt kaum noch zu erreichen.
Sebastian Fornefeld, Geschäftsführer der MICUS Strategieberatung GmbH, beantwortet die wichtigsten Fragen:
Was bedeutet die spontane Entscheidung des BMDV für den geförderten Ausbau?
Zunächst einmal bedeutet das eine große Enttäuschung für all die Kreise und Kommunen, die bereits seit Monaten auf die Förderantragstellung hinarbeiten. Das Verfahren erfordert Branchendialoge mit allen Netzbetreibern und ein mehrwöchiges Markterkundungsverfahren - die Vorbereitungen für die Antragstellung bis Ende September laufen also häufig schon seit dem Frühjahr. Für eine große Zahl der interessierten Antragsteller haben sich die Erfolgsaussichten jetzt deutlich verschlechtert - hinzu kommen Millionen Euro an Verfahrenskosten, die längst angefallen sind.
Und für den Ausbaufortschritt insgesamt?
Für diesen ist das eine noch schlechtere Nachricht, insbesondere für ländliche Regionen. Zunächst einmal deshalb, weil die Kürzung des Bundesmittel eine "doppelte" Auswirkung hat: Der Bund stellt mit diesen Mitteln stets nur 50 % eines Projekts, die anderen 50 % werden von Land und Kreis/Kommune kofinanziert. Kürzt der Bund jetzt eine Milliarde, fehlen für den Ausbau also zwei Milliarden, da auch die Kofinanzierung der Bundesländer nicht fließt.
Dabei ist die Förderung ein elementarer Teil für einen gleichmäßigen Ausbau über das ganze Bundesgebiet. Zwar ist es richtig, dass die privatwirtschaftlichen Netzbetreiber, ob Telekom oder alternative Netzbetreiber, in den Ausbau investieren. Aber das Wachstum der privaten Investitionen in den Glasfaserausbau ist längst zu Ende, so sind die Sachinvestitionen Telekommunikation 2023 erstmalig in der Erfassung seit 2013 zum Vorjahr leicht gefallen, von 13,4 Milliarden Euro auf 13,2 Milliarden Euro. Insgesamt nimmt die Zurückhaltung angesichts gestiegener Zinsen und Baukosten eher zu als ab. Es wäre der richtige Zeitpunkt für den Staat antizyklisch einzuspringen.
Sie sprachen den gleichmäßigen Ausbau an, was meinen Sie damit?
Die privaten Netzbetreiber investieren vor allem da, wo es sich wirtschaftlich am ehesten lohnt. Der Ausbau rechnet sich dann eher, wenn ich für jeden Meter Kabelbau möglichst viele Kunden bekomme. Das ist regelmäßig eher in urbanen oder suburbanen Regionen mit höherer Bevölkerungsdichte der Fall, hilfreich ist es auch, wenn das Einkommensniveau höher und das Durchschnittsalter niedriger ist. Weniger investiert wird auf dem Land und dort, wo das Alter hoch und die Einkommen niedriger sind: Nicht einmal 3 % aller kleinen Gemeinden in Deutschland sind mit Glasfaser erschlossen, in Saarland und Thüringen haben weniger als 15 % der Haushalte Glasfaser. Die Ausbaukosten dort liegen laut unseren Untersuchungen regelmäßig um das 3-5 fache über dem Betrag, der sich wirtschaftlich rechnen würden. Diese Gemeinden werden überproportional stark von der Kürzung betroffen, da hier kein privatwirtschaftlicher Ausbau stattfinden wird.
Zur Illustration kann man sich gut die größten Fördermittelempfänger aus 2023 anschauen: Das waren der Erzgebirgskreis, die Uckermark sowie die Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, wo über 500 Millionen Euro für den Ausbau notwendig sind. Solche Regionen werden unter den Tisch fallen.
Welche Auswirkungen hat das für das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 einen flächendeckenden Ausbau Deutschlands mit Glasfaser sicherzustellen?
Dieses Ziel ist spätestens jetzt hinfällig, insbesondere für die gerade angesprochen Regionen. Förderverfahren, die in 2026 oder später starten, werden angesichts der notwendigen Vergaben, Mittelzuweisungen etc. nicht mehr vor 2030 ausgebaut werden können. Zusammen mit dem zurecht kritisierten Netzausbaugesetz, was Glasfaserausbau weiterhin der Naturschutzprüfung unterwirft, kann man fast denken, dass die Ampelkoalition das Ziel auch nicht mehr wirklich verfolgt.
Kann der privatwirtschaftliche Ausbau hier noch Boden gut machen?
Nein. Zwar ist der privatwirtschaftliche Ausbau tatsächlich schneller als der Ausbau im sehr formellen Förderverfahren. Die von ihm adressierten Regionen sind aber schlicht andere als die, die der geförderte Ausbau ins Ziel nimmt. Ein gewisser Anteil der deutschen Haushalte, wahrscheinlich rund 20 %, sind einfach nicht wirtschaftlich zu erschließen. Und tatsächlich sehen wir, dass der Ausbau mit jedem Jahr teurer wird, während die Endkundenpreise nicht im gleichen Maße steigen. Wenn ich länger warte und später fördere, wird es für den Staat eher teurer als günstiger.
Was würden Sie sich von den politischen Akteuren wünschen?
Zunächst einmal die Erkenntnis, dass der privatwirtschaftliche und geförderte Ausbau nicht in Konkurrenz stehen, sondern synergetisch sind - finden sie parallel statt, sind mehr Regionen schneller erschlossen. Darüber hinaus würde ich mir aber einen gesamthaften Ansatz wünschen: Wenn Bauministerin Geywitz sich z.B. wünscht, dass mehr Menschen aufs Land ziehen, um die Wohnungsnot zu mildern - dann wäre der erste Schritt doch, eine attraktive Infrastruktur mit schnellem Internet auf dem Land zu schaffen. Stattdessen kürzt das BMDV die Förderung - diese widersprüchlichen Handlungen kann man kaum nachvollziehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Über MICUS
MICUS Strategieberatung GmbH ist eines der deutschlandweit führenden Beratungsunternehmen in den Bereichen Breitbandausbau, Glasfasernetzplanungen, Geschäftsfeldentwicklungen sowie Digitalisierungsstrategien mit über 3 Mrd. EUR begleitetem Ausbauvolumen und mehr als 300 begleiteten Förderprojekten. Wir unterstützen und beraten unsere Kunden in ihren wichtigsten Entscheidungsprozessen.
Pressekontakt:
Herr Sebastian Fornefeld
Geschäftsführer MICUS Strategieberatung GmbH
Pempelforter Str. 50
40211 Düsseldorf
Tel.: +49(0)211 49769111
Email: info@micus.de
Original-Content von: MICUS Strategieberatung GmbH, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/126959/5833000
Für viele Kreise und Kommunen war die Nachricht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), die am Freitag verschickt wurde, ein Schock: Nur zwei Monate vor Ende des aktuellen Förderaufrufs kürzte das BMDV die zur Verfügung stehenden Mittel um rund 30 %, von drei auf nur zwei Milliarden Euro. Noch schlimmer sieht es für das nächste Jahr aus, wo der Bund statt der erwarteten drei Milliarden wohl nur rund eine Milliarde Euro für neue Glasfaserausbauprojekte bereitstellen will. Das würde eine Kürzung der Mittel für die nächsten zwei Jahre um 50 % bedeuten, von sechs auf nur noch drei Milliarden Euro.
Besonders hart wird dies ländliche Regionen und Bundesländer mit weniger attraktiver Demographie treffen, in denen auch in den nächsten Jahren kein privatwirtschaftlicher Ausbau zu erwarten ist. Für diese ist das Ziel eines flächendeckenden Ausbaus bis 2030 jetzt kaum noch zu erreichen.
Sebastian Fornefeld, Geschäftsführer der MICUS Strategieberatung GmbH, beantwortet die wichtigsten Fragen:
Was bedeutet die spontane Entscheidung des BMDV für den geförderten Ausbau?
Zunächst einmal bedeutet das eine große Enttäuschung für all die Kreise und Kommunen, die bereits seit Monaten auf die Förderantragstellung hinarbeiten. Das Verfahren erfordert Branchendialoge mit allen Netzbetreibern und ein mehrwöchiges Markterkundungsverfahren - die Vorbereitungen für die Antragstellung bis Ende September laufen also häufig schon seit dem Frühjahr. Für eine große Zahl der interessierten Antragsteller haben sich die Erfolgsaussichten jetzt deutlich verschlechtert - hinzu kommen Millionen Euro an Verfahrenskosten, die längst angefallen sind.
Und für den Ausbaufortschritt insgesamt?
Für diesen ist das eine noch schlechtere Nachricht, insbesondere für ländliche Regionen. Zunächst einmal deshalb, weil die Kürzung des Bundesmittel eine "doppelte" Auswirkung hat: Der Bund stellt mit diesen Mitteln stets nur 50 % eines Projekts, die anderen 50 % werden von Land und Kreis/Kommune kofinanziert. Kürzt der Bund jetzt eine Milliarde, fehlen für den Ausbau also zwei Milliarden, da auch die Kofinanzierung der Bundesländer nicht fließt.
Dabei ist die Förderung ein elementarer Teil für einen gleichmäßigen Ausbau über das ganze Bundesgebiet. Zwar ist es richtig, dass die privatwirtschaftlichen Netzbetreiber, ob Telekom oder alternative Netzbetreiber, in den Ausbau investieren. Aber das Wachstum der privaten Investitionen in den Glasfaserausbau ist längst zu Ende, so sind die Sachinvestitionen Telekommunikation 2023 erstmalig in der Erfassung seit 2013 zum Vorjahr leicht gefallen, von 13,4 Milliarden Euro auf 13,2 Milliarden Euro. Insgesamt nimmt die Zurückhaltung angesichts gestiegener Zinsen und Baukosten eher zu als ab. Es wäre der richtige Zeitpunkt für den Staat antizyklisch einzuspringen.
Sie sprachen den gleichmäßigen Ausbau an, was meinen Sie damit?
Die privaten Netzbetreiber investieren vor allem da, wo es sich wirtschaftlich am ehesten lohnt. Der Ausbau rechnet sich dann eher, wenn ich für jeden Meter Kabelbau möglichst viele Kunden bekomme. Das ist regelmäßig eher in urbanen oder suburbanen Regionen mit höherer Bevölkerungsdichte der Fall, hilfreich ist es auch, wenn das Einkommensniveau höher und das Durchschnittsalter niedriger ist. Weniger investiert wird auf dem Land und dort, wo das Alter hoch und die Einkommen niedriger sind: Nicht einmal 3 % aller kleinen Gemeinden in Deutschland sind mit Glasfaser erschlossen, in Saarland und Thüringen haben weniger als 15 % der Haushalte Glasfaser. Die Ausbaukosten dort liegen laut unseren Untersuchungen regelmäßig um das 3-5 fache über dem Betrag, der sich wirtschaftlich rechnen würden. Diese Gemeinden werden überproportional stark von der Kürzung betroffen, da hier kein privatwirtschaftlicher Ausbau stattfinden wird.
Zur Illustration kann man sich gut die größten Fördermittelempfänger aus 2023 anschauen: Das waren der Erzgebirgskreis, die Uckermark sowie die Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, wo über 500 Millionen Euro für den Ausbau notwendig sind. Solche Regionen werden unter den Tisch fallen.
Welche Auswirkungen hat das für das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 einen flächendeckenden Ausbau Deutschlands mit Glasfaser sicherzustellen?
Dieses Ziel ist spätestens jetzt hinfällig, insbesondere für die gerade angesprochen Regionen. Förderverfahren, die in 2026 oder später starten, werden angesichts der notwendigen Vergaben, Mittelzuweisungen etc. nicht mehr vor 2030 ausgebaut werden können. Zusammen mit dem zurecht kritisierten Netzausbaugesetz, was Glasfaserausbau weiterhin der Naturschutzprüfung unterwirft, kann man fast denken, dass die Ampelkoalition das Ziel auch nicht mehr wirklich verfolgt.
Kann der privatwirtschaftliche Ausbau hier noch Boden gut machen?
Nein. Zwar ist der privatwirtschaftliche Ausbau tatsächlich schneller als der Ausbau im sehr formellen Förderverfahren. Die von ihm adressierten Regionen sind aber schlicht andere als die, die der geförderte Ausbau ins Ziel nimmt. Ein gewisser Anteil der deutschen Haushalte, wahrscheinlich rund 20 %, sind einfach nicht wirtschaftlich zu erschließen. Und tatsächlich sehen wir, dass der Ausbau mit jedem Jahr teurer wird, während die Endkundenpreise nicht im gleichen Maße steigen. Wenn ich länger warte und später fördere, wird es für den Staat eher teurer als günstiger.
Was würden Sie sich von den politischen Akteuren wünschen?
Zunächst einmal die Erkenntnis, dass der privatwirtschaftliche und geförderte Ausbau nicht in Konkurrenz stehen, sondern synergetisch sind - finden sie parallel statt, sind mehr Regionen schneller erschlossen. Darüber hinaus würde ich mir aber einen gesamthaften Ansatz wünschen: Wenn Bauministerin Geywitz sich z.B. wünscht, dass mehr Menschen aufs Land ziehen, um die Wohnungsnot zu mildern - dann wäre der erste Schritt doch, eine attraktive Infrastruktur mit schnellem Internet auf dem Land zu schaffen. Stattdessen kürzt das BMDV die Förderung - diese widersprüchlichen Handlungen kann man kaum nachvollziehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Über MICUS
MICUS Strategieberatung GmbH ist eines der deutschlandweit führenden Beratungsunternehmen in den Bereichen Breitbandausbau, Glasfasernetzplanungen, Geschäftsfeldentwicklungen sowie Digitalisierungsstrategien mit über 3 Mrd. EUR begleitetem Ausbauvolumen und mehr als 300 begleiteten Förderprojekten. Wir unterstützen und beraten unsere Kunden in ihren wichtigsten Entscheidungsprozessen.
Pressekontakt:
Herr Sebastian Fornefeld
Geschäftsführer MICUS Strategieberatung GmbH
Pempelforter Str. 50
40211 Düsseldorf
Tel.: +49(0)211 49769111
Email: info@micus.de
Original-Content von: MICUS Strategieberatung GmbH, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/126959/5833000
© 2024 news aktuell