(durchgehend aktualisiert nach X-Post Puigdemonts, er sei wieder in Belgien
BARCELONA/WATERLOO (dpa-AFX) - Der per Haftbefehl gesuchte katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont ist nach eigenen Angaben nach seinem Auftritt in Barcelona wieder in sein Exil im Belgien zurückgekehrt. "Heute bin ich nach ein paar äußerst schwierigen Tagen in Waterloo", schrieb der 61-Jährige am Abend auf der Plattform X. Er habe in "wenigen Tagen Tausende Kilometer" zurückgelegt und brauche noch etwas, um sich auszuruhen. Zur Frage seiner politischen Zukunft äußerte sich Puigdemont zunächst nicht.
Zugleich kritisierte der per Haftbefehl in Spanien gesuchte Politiker die katalanischen Sicherheitsbehörden, die eine "Hexenjagd" gegen ihm nahestehende Menschen in Katalonien veranstalteten. Der Generalsekretär von Puigdemonts Partei Junts, Jordi Turull, hatte schon zuvor gesagt, Puigdemont sei wieder in Belgien. Die katalanische Polizei hatte jedoch betont, sie wisse nicht, wo sich Puigdemont aufhalte und Zweifel an Turulls Aussage geäußert.
Puigdemont bezeichnete die Großfahndung, die nach seinem Verschwinden unmittelbar nach einer kurzen Rede vor Anhängern im Zentrum Barcelonas am Donnerstag ausgelöst worden war, als völlig unverhältnismäßig. Damit seien nur unschuldige Bürger belastet und öffentliche Gelder verschwendet worden. Der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, einer Art Landespolizei, die ihn festnehmen sollte, warf er vor, wie die spanische Polizei vorgegangen zu sein.
Die Führung der Mossos d'Esquadra hatte bei einer Pressekonferenz zusammen mit Kataloniens Landesinnenminister Joan Ignasi Elena ein Versagen bei der Festnahme Puigdemonts in Barcelona eingeräumt. Der Minister betonte jedoch, niemand habe das "unangemessene" Verhalten Puigdemonts vorhersehen können.
Puigdemont war nach seiner Rede nicht wie angekündigt zum Parlament gegangen, wo der Sozialist Salvador Illa zum neuen Ministerpräsidenten Kataloniens gewählt werden sollte. Illa ist seit langem der erste Regionalregierungschef in Barcelona, der gegen eine Abspaltung der Region von Spanien ist.
Stattdessen stieg Puigdemont in ein Auto und fuhr mit unbekanntem Ziel davon. Dabei sollen ihm zwei Polizisten geholfen haben, die festgenommen wurden. Die Polizei löste eine Großfahndung mit Straßensperren aus. Tausende Autofahrer saßen bei hochsommerlicher Hitze in kilometerlangen Staus fest.
Puigdemont bekräftigte in dem X-Post, dass er nie die Absicht gehabt habe, sich zu stellen oder seine Festnahme zu ermöglichen, weil er aus politischen Gründen verfolgt werde und darüber hinaus das Amnestiegesetz auch für ihn gelten müsse. Der spanische Ermittlungsrichter Pablo Llarena wirft Puigdemont jedoch vor, 2017 im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum öffentliche Gelder zu seinem eigenen Vorteil unterschlagen zu haben. Das aber ist von der Amnestie ausgenommen.
Puigdemont hatte die meiste Zeit seit seiner Flucht ins Ausland am 30. Oktober 2017 nach der von ihm betriebenen gescheiterten Abspaltung Kataloniens von Spanien in Belgien gelebt. Zuletzt hatte er sich jedoch auch zeitweise in Südfrankreich aufgehalten.
Anwalt mit eigener Sicht auf Kampfrede und Verschwinden
Puigdemonts Rechtsanwalt Gonzalo Boye hatte sich am Vorabend eher lapidar über die Aufregung über den Auftritt seines Mandanten und dessen anschließende erneute Flucht geäußert. Die Rückkehr seines Mandanten am Vortag aus fast sieben Jahren Exil nach Barcelona, seine kurze Kampfrede vor etwa 3.500 Anhängern und sein anschließendes Verschwinden unter den Augen der Presse und der Polizei stellte er als normalen Arbeitsalltag dar. "Er hat seine politische Arbeit erledigt und ist nach getaner Arbeit nach Hause gegangen, wie das jeder tut", sagte er Journalisten. Auf jeden Fall werde sich Puigdemont "niemals stellen".
Die Führung der katalanischen Polizei räumte ein Versagen bei der Festnahme Puigdemonts in Barcelona ein. Zugleich warb Chefkommissar Eduard Sallent bei der Pressekonferenz um Verständnis. Wichtigste Ziele seien am Donnerstag die Wahrung der öffentlichen Ordnung und die Absicherung der Neuwahl eines katalanischen Ministerpräsidenten im Parlament gewesen, sagte er. Diese Aufgaben seien erfüllt worden. Warum die Festnahme Puigdemonts nicht gelungen sei, müsse noch eingehender analysiert werden./ro/DP/he