Berlin (ots) -
Eine bis vor Kurzem noch tief deprimierte Partei wachzuküssen und binnen eines Monats eine aufs ganze Land überschwappende Euphoriewelle zu erzeugen, ist ein politisches Kunststück mit Ewigkeitswert. Aber gute Laune allein macht noch keine Regierungen. Ob sich der Geist von Chicago in 270 Stimmen im Wahlmänner-Gremium übersetzen lässt, nur darauf kommt es an bei US-Präsidentschaftswahlen, ist eine weitaus kompliziertere Aufgabe.
Kamala Harris und die Demokraten haben am Michigan-See mit viertägigem Anlauf, Bravour und ansteckend fröhlicher Hollywood-Perfektion eine gewaltige Antriebsrakete in die politische Umlaufbahn geschickt. Der amtierenden Vizepräsidentin ist es nach Joe Bidens Jahrhundert-Verzicht gegen alle Zweifler und Gegner gelungen, eine verschüttete Sehnsucht nach Normalität, nach einem pragmatischen, nicht aufgedunsenen Patriotismus und nach sozialer, wirtschaftlicher Chancengerechtigkeit zu wecken, die Donald Trump nie bedienen wollte. Das ist keine schlechte Ausgangsposition für einen nachhaltigen Aufbruch. Auch wenn Umfragen, die ihr ein leichtes Plus bescheinigen, noch mit größter Zurückhaltung zu genießen sind.
Chicago hat Donald Trump dank herausragender Beiträge (die Obamas, die Clintons, "Coach" Walz, Harris selbst und viele andere mehr) kurz und klein geredet. Trump ist schwach wie nie, aber noch nicht besiegt. Entzaubert von einer indisch-afroamerikanischen Frau, die seiner Politik der Dunkelheit das strahlende Licht entgegensetzt. Zum ersten Mal seit neun Jahren liegt etwas in der Luft: die Chance, den Demokratiezermürber und Lügenbaron durch einen über jeden Zweifel erhabenen Wahlsieg endgültig auszurangieren. Noch im Frühjahr war daran nicht mal zu denken.
Das nennt man Momentum. Momentum ist jedoch vergänglich. Wenn Kamala Harris gewinnen will, muss sie mit allen klugen Mitteln verhindern, dass Trump in den nächsten 70 Tagen wieder groß werden kann. Mit vage gehaltenen Versprechen allein, etwa dem, eine "Wirtschaft der Gelegenheiten für alle" aufzubauen, kann das schiefgehen.
Sicher, Kamala Harris hat sich mit ihrer faszinierenden Lebensgeschichte im Rücken, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund begann wie bei Trump, als authentische und empathische Kümmerin für die Alltagssorgen von Mittelschichtsamerika ausgewiesen. Und als unbeirrbare Vollstreckerin von Recht und Gesetz. Aber das wird nicht reichen.
Parteiunabhängige, Politikverdrossene und von Trump angewiderte Konservative in den wahrscheinlich sieben entscheidenden Bundesstaaten wollen ein Gefühl dafür bekommen, ob es ihnen vor allem finanziell unter einer Harris-Regierung besser gehen würde.
Harris muss sich durch dosierte Konkretisierung ihrer Vorstellungen in der Wirtschafts-, Umwelt-, Steuer- und Gesellschaftspolitik aus der Deckung wagen, auch wenn sie sich damit angreifbar macht. Und das zügig. Erst in der TV-Debatte gegen Trump in drei Wochen damit herauszurücken, wie sie die Dauerbrenner wie illegale Einwanderung, Teuerung, Kriminalität und Wohnungskrise angehen will, wirkte wie Feigheit vor dem Feind. Trump hätte leichtes Spiel, alles in Stücke zu reißen.
Wenn die Jubeltränen von Chicago getrocknet sind, ab Montag also, muss Kamala Harris die zweite Stufe ihrer Mission zünden. Dann kann das was werden mit der Punktlandung im November.
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Eine bis vor Kurzem noch tief deprimierte Partei wachzuküssen und binnen eines Monats eine aufs ganze Land überschwappende Euphoriewelle zu erzeugen, ist ein politisches Kunststück mit Ewigkeitswert. Aber gute Laune allein macht noch keine Regierungen. Ob sich der Geist von Chicago in 270 Stimmen im Wahlmänner-Gremium übersetzen lässt, nur darauf kommt es an bei US-Präsidentschaftswahlen, ist eine weitaus kompliziertere Aufgabe.
Kamala Harris und die Demokraten haben am Michigan-See mit viertägigem Anlauf, Bravour und ansteckend fröhlicher Hollywood-Perfektion eine gewaltige Antriebsrakete in die politische Umlaufbahn geschickt. Der amtierenden Vizepräsidentin ist es nach Joe Bidens Jahrhundert-Verzicht gegen alle Zweifler und Gegner gelungen, eine verschüttete Sehnsucht nach Normalität, nach einem pragmatischen, nicht aufgedunsenen Patriotismus und nach sozialer, wirtschaftlicher Chancengerechtigkeit zu wecken, die Donald Trump nie bedienen wollte. Das ist keine schlechte Ausgangsposition für einen nachhaltigen Aufbruch. Auch wenn Umfragen, die ihr ein leichtes Plus bescheinigen, noch mit größter Zurückhaltung zu genießen sind.
Chicago hat Donald Trump dank herausragender Beiträge (die Obamas, die Clintons, "Coach" Walz, Harris selbst und viele andere mehr) kurz und klein geredet. Trump ist schwach wie nie, aber noch nicht besiegt. Entzaubert von einer indisch-afroamerikanischen Frau, die seiner Politik der Dunkelheit das strahlende Licht entgegensetzt. Zum ersten Mal seit neun Jahren liegt etwas in der Luft: die Chance, den Demokratiezermürber und Lügenbaron durch einen über jeden Zweifel erhabenen Wahlsieg endgültig auszurangieren. Noch im Frühjahr war daran nicht mal zu denken.
Das nennt man Momentum. Momentum ist jedoch vergänglich. Wenn Kamala Harris gewinnen will, muss sie mit allen klugen Mitteln verhindern, dass Trump in den nächsten 70 Tagen wieder groß werden kann. Mit vage gehaltenen Versprechen allein, etwa dem, eine "Wirtschaft der Gelegenheiten für alle" aufzubauen, kann das schiefgehen.
Sicher, Kamala Harris hat sich mit ihrer faszinierenden Lebensgeschichte im Rücken, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund begann wie bei Trump, als authentische und empathische Kümmerin für die Alltagssorgen von Mittelschichtsamerika ausgewiesen. Und als unbeirrbare Vollstreckerin von Recht und Gesetz. Aber das wird nicht reichen.
Parteiunabhängige, Politikverdrossene und von Trump angewiderte Konservative in den wahrscheinlich sieben entscheidenden Bundesstaaten wollen ein Gefühl dafür bekommen, ob es ihnen vor allem finanziell unter einer Harris-Regierung besser gehen würde.
Harris muss sich durch dosierte Konkretisierung ihrer Vorstellungen in der Wirtschafts-, Umwelt-, Steuer- und Gesellschaftspolitik aus der Deckung wagen, auch wenn sie sich damit angreifbar macht. Und das zügig. Erst in der TV-Debatte gegen Trump in drei Wochen damit herauszurücken, wie sie die Dauerbrenner wie illegale Einwanderung, Teuerung, Kriminalität und Wohnungskrise angehen will, wirkte wie Feigheit vor dem Feind. Trump hätte leichtes Spiel, alles in Stücke zu reißen.
Wenn die Jubeltränen von Chicago getrocknet sind, ab Montag also, muss Kamala Harris die zweite Stufe ihrer Mission zünden. Dann kann das was werden mit der Punktlandung im November.
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