HANNOVER (dpa-AFX) - Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck will seinen Elektro-Lkw für die Langstrecke ab Ende November in Serie herstellen. Der Mercedes-Benz eActros 600 soll mit einer Batteriekapazität von über 600 Kilowattstunden (kWh) eine Reichweite von 500 Kilometern ohne Zwischenladen ermöglichen, wie das Unternehmen am Sonntag auf einer Vorabendveranstaltung der Internationalen Automobilausstellung IAA Transportation in Hannover mitteilte. Am Tag seien damit Reichweiten von mehr als 1.000 Kilometer möglich, wenn in den vorgeschriebenen Fahrerpausen zwischengeladen werde. Daimler Truck hat die Reichweite eigenen Angaben zufolge mit einem Gesamtzuggewicht von 40 Tonnen erreicht.
Das Fernverkehrssegment steht dem Dax -Konzern zufolge für zwei Drittel der Abgasemissionen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) im Lkw-Verkehr. Bisher konzentrieren sich die Anbieter auf Elektro-Nutzfahrzeuge für den innerstädtischen Lieferverkehr oder die Mittelstrecke. In diesem Verkehr spielt die Reichweite keine so große Rolle wie für den Langstreckenverkehr. Für diesen gelten wegen des hohen Gewichts der Elektroakkus auch Brennstoffzellen-Lkw als aussichtsreich. Daimler Truck treibt die Brennstoffzelle als Antrieb im Gemeinschaftsunternehmen Cellcentric mit dem schwedischen Rivalen Volvo zusammen voran.
Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten haben sich Anfang des Jahres auf verschärfte Abgasregeln für schwere Nutzfahrzeuge über 7,5 Tonnen geeinigt, die ab 2030 auf den Markt kommen. So sollen die CO2-Emissionen in der neu verkauften Lkw-Flotte zwischen 2030 und 2034 um 45 Prozent gegenüber 2019 sinken. 2035 und 2040 werden die Anforderungen noch härter. Für Stadtbusse und gewerbliche Fahrzeuge wie Mülllaster oder Betonmischer gelten teils andere Regeln. Bereits kommendes Jahr müssen besonders schwere Trucks über 16 Tonnen im Schnitt mindestens 15 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 2019.
Damit die Branche die Ziele im Jahr 2030 schaffen kann, muss der Anteil emissionsfreier Lkw an den neuen Verkäufen - ob mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb - nach Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey auf 40 Prozent steigen. Zuletzt lag er unter zwei Prozent. Ein großes Problem ist laut den Experten wie beim Pkw auch das Ladenetz: Hier seien bis 2035 rund 900.000 privat finanzierte Ladepunkte nötig, dafür müssten rund 20 Milliarden US-Dollar (18 Mrd Euro) investiert werden. Schleppende Genehmigungsverfahren und Netzanschlüsse von Lkw-Ladeparks sind dabei aber große Hindernisse.
Den Mercedes-Benz eActros 600 hatte Daimler Truck bereits vor zwei Jahren auf der IAA angekündigt. Die IAA Transportation 2024 stehe für Daimler Truck nun im Zeichen der Umsetzung, sagte Noch-Vorstandschef Martin Daum. "Wir liefern batterieelektrische Serienfahrzeuge in den Mengen, die unsere Kunden nachfragen." Daimler Truck hat seit Verkaufsstart Ende letzten Jahres 2.000 Bestellungen für den eActros 600 verzeichnet, auch die Absichtserklärungen liegen im vierstelligen Bereich. Mit seiner hohen Energieeffizienz werde der Lkw für Flottenbetreiber profitabel sein, warb Mercedes-Benz-Lkw-Chefin Karin Radström. Die Schwedin übernimmt Anfang Oktober den Vorstandsvorsitz im Konzern von Daum./men/he