DJ Verbände: EU-Kommission überfordert Europa mit Klimaziel 2040
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die Europäische Union (EU) kann das von der EU-Kommission vorgeschlagene Klimaziel 2040 nicht erreichen. Das ergibt eine Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), die sich mit dem vorgeschlagenen Ziel einer einer 90-prozentigen Reduzierung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2040 beschäftigt hat. Die EU-Kommission sollte bei den Klimazielen auf mehr Realitätssinn setzen, denn das Ziel von 90 Prozent weniger Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 sei "voreilig und riskant", so der VKU. Der Kommissionsvorschlag für ein Klimaziel 2040 würde nach Vorstellung beider Verbände Deutschland und Europa überfordern.
Derzeitige Emissionsprognosen der EU-Mitgliedstaaten zeigen der Studie zufolge, dass bereits das für 2030 gesetzte Ziel einer 55-prozentigen Reduktion des Kohlendioxidausstoßes (CO2) in Europa verfehlt werde. Das Erreichen eines 2040-Ziels von minus 90 Prozent, das auf der Zielerreichung 2030 aufbaut, gerate somit außer Reichweite.
Außerdem kritisierten die Verbände, dass das vorgeschlagene Klimaziel 2040 auf vielen optimistischen Annahmen beruhe, wie etwa in Bezug auf die Verfügbarkeit von Technologien, Fachkräften, Rohstoffen und den Mitteln für Investitionen. Wenn diese nicht eintreten, drohen aus Sicht und DIHK und VKU Überregulierung, steigende Kosten sowie politische und wirtschaftliche Verwerfungen.
"Es ist kontraproduktiv, langfristige Ziele zu verschärfen, wenn man kurzfristigere nicht erreicht. Der Fokus sollte stattdessen darauf liegen, wie das Ziel für 2030 kosteneffizient und wirtschaftlich tragbar angestrebt wird", erklärten DIHK und VKU in einer gemeinsamen Erklärung.
Erhebliche Belastung befürchtet
Sollte das Reduktionsziel von minus 55 Prozent bis 2030 verfehlt werden, würden der Studie zufolge Unternehmen und private Haushalte für den Zeitraum 2031-2040 erheblich stärker belastet werden, weil ein wesentlich schnelleres Tempo der Treibhausgasminderung erforderlich wäre.
Insbesondere Sektoren, die bisher wenig zur Minderung beitragen (in Deutschland vor allem Verkehr und Gebäude), müssten mehr in den Fokus der Klimapolitik. "Die Formulierung immer neuer höherer Klimaziele führt zu einer tiefen Verunsicherung in der Breite der Wirtschaft. Denn wir sehen schon jetzt, dass beispielsweise die für 2030 formulierten Ziele nur schwer erreichbar sein werden", sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer, Achim Dercks. "In vielen Unternehmen vergrößert sich die Sorge, dass die politischen Einsparziele zu noch mehr Regulierungen und weiteren Preiserhöhungen für Energie führen. Dabei sind die Kosten für Strom und Gas bereits heute schon problematisch hoch."
Er verwies auf das aktuelle DIHK-Energiewende-Barometer. Während in früheren Jahren viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb gesehen hätten, überwögen seit zwei Jahren deutlich die Risiken. "Die Politik sollte daher aufpassen, dass nicht ganze Branchen bei den Themen Energiewende und Klimaschutz fast völlig die Zuversicht verlieren. Denn ohne private Investitionen wird die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft nicht gelingen", mahnte Dercks.
Weg zur Klimaneutralität kann nicht verkürzt werden
Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer betonte, es sei wichtig, die Klimaziele möglichst schnell zu erreichen. "Aber der Weg zur Klimaneutralität kann nicht beliebig verkürzt werden, insbesondere in 'trägen' Sektoren wie Verkehr und Gebäude", so Liebing. "Wir müssen die Realität endlich zur Kenntnis nehmen. Der Blick auf die Wirklichkeit zeigt, dass die Klimaziele 2030 heute schon in vielen EU-Staaten, einschließlich Deutschland, derzeit kaum erreichbar scheinen - insbesondere in den Bereichen Verkehr und Gebäude."
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