Duisburg (ots) -
Mit dem jetzt veröffentlichten Positionspapier "Pragmatismus statt Farbenlehre" zum Wasserstoff-Markthochlauf für die Region Rhein-Ruhr stellt Prof. Graham Weale, Energieökonom an der Ruhr-Universität Bochum und langjähriger Chefvolkswirt bei RWE, die entscheidenden Chancen und Herausforderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Industrie vor. Das von der Wirtschaftsentwicklung Duisburg Business & Innovation GmbH (DBI) in Auftrag gegebene Papier adressiert zentrale Fragen rund um die Finanzierung, Beschaffung und Organisation des Wasserstoffmarktes und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für dessen Hochlauf.
Auftraggeber Prof. Dr. Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der DBI: "Die Dekarbonisierung ist eine zwingende Herausforderung für die industrielle Zukunft von Duisburg und der Rhein-Ruhr-Region. Ohne Wasserstoff wird es keine wettbewerbsfähige Roheisenproduktion in der deutschen Stahlindustrie mehr geben. Daher müssen wir beim Hochlauf verstärkt auf bezahlbaren und verfügbaren blauen Wasserstoff setzen. Die Rhein-Ruhr-Region hat das Potenzial, zur Blaupause für den erfolgreichen Einsatz von Wasserstoff in Europa zu werden - diese Chancen müssen wir aber jetzt auch nutzen."
Autor Prof. Graham Weale: "Trotz Fortschritten in Finanzierung und Projektrealisierung bleiben Finanzierungslücken und die Sicherstellung der Wasserstoffversorgung bis 2030 zentrale Herausforderungen. Rhein-Ruhr kann jedoch eine Schlüsselrolle in der nationalen Wasserstoffstrategie spielen, wenn die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt werden."
Die Studie von Prof. Weale zeigt, dass die Region Rhein-Ruhr prädestiniert ist, sich als Zentrum der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa zu etablieren. Trotz bedeutender Fortschritte in der jüngeren Vergangenheit wie der Gewährung von Zuschüssen für 23 wichtige Wasserstoffprojekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI), bedarf es jedoch erheblicher Anstrengungen, um die ambitionierten Ziele bis 2030 zu erreichen.
Die Studie kritisiert diesbezüglich an der derzeitigen Wasserstoffstrategie zwei zu Grunde liegenden Annahmen, die mittlerweile überholt sind:
1. Die Ökobilanz von grünem Wasserstoff ist nicht emissionsfrei, sondern beträgt 0,8 bis 1,6 kg CO2 pro kg H2, im Vergleich zu 2,0 bis 3,5 kg CO2 pro kg H2 bei blauem Wasserstoff.
2. Außerdem wurden die Kosten für grünen Wasserstoff ursprünglich auf 2,5 bis 4,0 EUR/kg geschätzt, doch die jüngste Versteigerung der European Hydrogen Bank ergab durchschnittliche Produktionskosten von 11,6 EUR/kg in Deutschland.
Daraus ergeben sich drei zentrale Herausforderungen für Politik und Wirtschaft:
1. Finanzierungslücke schließen: Die Mehrkosten für grünen Wasserstoff im Vergleich zu grauem Wasserstoff werden auf 9 Mrd. EUR im Jahr 2030 geschätzt, während derzeit nur 2 bis 4 Mrd. EUR von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden.
2. Versorgungssicherheit erhöhen: Noch ist unklar, ob die erforderlichen Gesamtwasserstoffmengen im Umfang von 953.000 bis 1,329 Mio. Tonnen pro Jahr bis 2030 zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen werden.
3. Vertragsorganisation angehen: Derzeit decken die Abnehmer nur 20 bis 25 % der benötigten Mindestmengen ab, was die Vertragsgestaltung erschwert.
Die Studie bietet hier vier zentrale Lösungsansätze:
1. Einstieg mit Kompromissen durchführen: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird ein Kompromiss vorgeschlagen, der neben grünen auch blauen Wasserstoff als Übergangslösung beinhaltet. Blauer Wasserstoff ist günstiger und bietet eine effizientere CO2-Einsparung pro Euro.
2. Ökobilanz statt Farben beachten: Wasserstoff sollte anhand seiner CO2-Bilanz klassifiziert werden, anstatt ausschließlich auf den Produktionsprozess (grün/blau) zu schauen. Blauer Wasserstoff bietet in der aktuellen Marktlage eine zwanzigmal höhere CO2-Einsparung pro investierten Euro als grüner Wasserstoff.
3. Gründung eines Midstream-Unternehmens fördern: Zur Sicherstellung langfristiger Lieferverträge und Mengenbündelung wird empfohlen, ein nationales Midstream-Unternehmen wie die ehemalige Ruhr-Gas zu gründen, das Preise stabil hält und Ausfallrisiken minimiert.
4. EU-Vorgaben und Realisierbarkeit synchronisieren: Die EU-Ziele für grünen Wasserstoff werden nur schwer zu erreichen sein. Es bedarf eines dringenden Kompromisses zwischen der Einhaltung von Umwelt- und Wettbewerbsregeln und dem Erreichen der Dekarbonisierungsziele.
Pressekontakt:
Marc Oliver Hänig
HUB-Manager Unternehmenskommunikation & Standortmarketing
Tel. +49 (203) 36 39 353
Mobil. +49 (177) 81 30 813
haenig@duisburg.business
Duisburg Business & Innovation GmbH
Calaisplatz 5
47051 Duisburg
Original-Content von: Duisburg Business & Innovation GmbH, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/171676/5877446
Mit dem jetzt veröffentlichten Positionspapier "Pragmatismus statt Farbenlehre" zum Wasserstoff-Markthochlauf für die Region Rhein-Ruhr stellt Prof. Graham Weale, Energieökonom an der Ruhr-Universität Bochum und langjähriger Chefvolkswirt bei RWE, die entscheidenden Chancen und Herausforderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Industrie vor. Das von der Wirtschaftsentwicklung Duisburg Business & Innovation GmbH (DBI) in Auftrag gegebene Papier adressiert zentrale Fragen rund um die Finanzierung, Beschaffung und Organisation des Wasserstoffmarktes und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für dessen Hochlauf.
Auftraggeber Prof. Dr. Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der DBI: "Die Dekarbonisierung ist eine zwingende Herausforderung für die industrielle Zukunft von Duisburg und der Rhein-Ruhr-Region. Ohne Wasserstoff wird es keine wettbewerbsfähige Roheisenproduktion in der deutschen Stahlindustrie mehr geben. Daher müssen wir beim Hochlauf verstärkt auf bezahlbaren und verfügbaren blauen Wasserstoff setzen. Die Rhein-Ruhr-Region hat das Potenzial, zur Blaupause für den erfolgreichen Einsatz von Wasserstoff in Europa zu werden - diese Chancen müssen wir aber jetzt auch nutzen."
Autor Prof. Graham Weale: "Trotz Fortschritten in Finanzierung und Projektrealisierung bleiben Finanzierungslücken und die Sicherstellung der Wasserstoffversorgung bis 2030 zentrale Herausforderungen. Rhein-Ruhr kann jedoch eine Schlüsselrolle in der nationalen Wasserstoffstrategie spielen, wenn die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt werden."
Die Studie von Prof. Weale zeigt, dass die Region Rhein-Ruhr prädestiniert ist, sich als Zentrum der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und Europa zu etablieren. Trotz bedeutender Fortschritte in der jüngeren Vergangenheit wie der Gewährung von Zuschüssen für 23 wichtige Wasserstoffprojekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI), bedarf es jedoch erheblicher Anstrengungen, um die ambitionierten Ziele bis 2030 zu erreichen.
Die Studie kritisiert diesbezüglich an der derzeitigen Wasserstoffstrategie zwei zu Grunde liegenden Annahmen, die mittlerweile überholt sind:
1. Die Ökobilanz von grünem Wasserstoff ist nicht emissionsfrei, sondern beträgt 0,8 bis 1,6 kg CO2 pro kg H2, im Vergleich zu 2,0 bis 3,5 kg CO2 pro kg H2 bei blauem Wasserstoff.
2. Außerdem wurden die Kosten für grünen Wasserstoff ursprünglich auf 2,5 bis 4,0 EUR/kg geschätzt, doch die jüngste Versteigerung der European Hydrogen Bank ergab durchschnittliche Produktionskosten von 11,6 EUR/kg in Deutschland.
Daraus ergeben sich drei zentrale Herausforderungen für Politik und Wirtschaft:
1. Finanzierungslücke schließen: Die Mehrkosten für grünen Wasserstoff im Vergleich zu grauem Wasserstoff werden auf 9 Mrd. EUR im Jahr 2030 geschätzt, während derzeit nur 2 bis 4 Mrd. EUR von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden.
2. Versorgungssicherheit erhöhen: Noch ist unklar, ob die erforderlichen Gesamtwasserstoffmengen im Umfang von 953.000 bis 1,329 Mio. Tonnen pro Jahr bis 2030 zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen werden.
3. Vertragsorganisation angehen: Derzeit decken die Abnehmer nur 20 bis 25 % der benötigten Mindestmengen ab, was die Vertragsgestaltung erschwert.
Die Studie bietet hier vier zentrale Lösungsansätze:
1. Einstieg mit Kompromissen durchführen: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wird ein Kompromiss vorgeschlagen, der neben grünen auch blauen Wasserstoff als Übergangslösung beinhaltet. Blauer Wasserstoff ist günstiger und bietet eine effizientere CO2-Einsparung pro Euro.
2. Ökobilanz statt Farben beachten: Wasserstoff sollte anhand seiner CO2-Bilanz klassifiziert werden, anstatt ausschließlich auf den Produktionsprozess (grün/blau) zu schauen. Blauer Wasserstoff bietet in der aktuellen Marktlage eine zwanzigmal höhere CO2-Einsparung pro investierten Euro als grüner Wasserstoff.
3. Gründung eines Midstream-Unternehmens fördern: Zur Sicherstellung langfristiger Lieferverträge und Mengenbündelung wird empfohlen, ein nationales Midstream-Unternehmen wie die ehemalige Ruhr-Gas zu gründen, das Preise stabil hält und Ausfallrisiken minimiert.
4. EU-Vorgaben und Realisierbarkeit synchronisieren: Die EU-Ziele für grünen Wasserstoff werden nur schwer zu erreichen sein. Es bedarf eines dringenden Kompromisses zwischen der Einhaltung von Umwelt- und Wettbewerbsregeln und dem Erreichen der Dekarbonisierungsziele.
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