DJ MARKT-AUSBLICK/Lagarde hat es in der Hand - nächste Rally-Runde voraus
Von Herbert Rude
FRANKFURT (Dow Jones)--Christine Lagarde hat es in der Hand: Mit klaren Hinweisen auf weitere Zinssenkungen könnte sie die Rekordjagd am deutschen Aktienmarkt in die nächste Runde treiben. Die Chancen dafür sind gut: Die Inflation ist auf dem Rückzug, und mit Deutschland hat gerade die nach wie vor immer noch größte Volkswirtschaft der Eurozone weitere Zinssenkungen nötig. Im Unterschied zu den mediterranen Ländern ist die Zinskurve immer noch deutlich invers: Damit bremst die Geldpolitik die deutsche Wirtschaft und zementiert die rezessiven Tendenzen. An der inversen Zinskurve wird auch die für kommenden Donnerstag weithin erwartete Zinssenkung um 25 Basispunkte noch nicht allzu viel ändern.
Daneben ist das Umfeld für den DAX relativ gut: Der S&P-500 probt mit den überwiegend günstigen Wirtschaftsdaten bereits den nächsten Ausbruch auf der Oberseite, und in China werden weitere Stimuli vorbereitet. Inwieweit sie die Erwartungen der Marktteilnehmer zufriedenstellen, wird sich bereits am Samstag zeigen, wenn sich das Finanzministerium zu fiskalpolitischen Stützungsmaßnahmen äußert. Dass die deutsche Wirtschaft nicht aus der Schwächephase herauskommt, sollte die Marktteilnehmer nicht zu sehr beunruhigen. Denn die DAX-Unternehmen erwirtschaften den größten Teil ihrer Umsätze und Gewinne im Ausland.
Zudem sind die Erwartungen an die bevorstehende Berichtssaison bereits stark zurückgeschraubt worden. Beim Gewinn je Aktie rechnen die Analysten im Konsens für Europa nur noch mit einem Plus von 2,6 Prozent und für die USA mit 4,7 Prozent, wie es bei Barclays mit Blick auf das dritte Quartal heißt. Die Pre-Announcements seien ungewöhnlich schwach ausgefallen, und viele Regionen hätten bei den Wirtschaftsdaten eher negativ überrascht. Barclays zeigt sich trotzdem überzeugt, dass die Berichtssaison die neuen Erwartungen übertreffen kann.
Für den DAX rechnet der Konsens laut Commerzbank nach den jüngsten Gewinnwarnungen vor allem aus der Autoindustrie nun sogar mit einem Gewinnrückgang von umgerechnet etwa 1.440 auf 1.400 DAX-Punkte. Im kommenden Jahr könnten es dann bei einem moderaten Wachstum etwa 10 Prozent Plus sein, gerade wenn sich die Lage in China bessern sollte und die US-Wirtschaft auf Wachstumskurs bleibt. Mit etwa 1.540 Gewinn-Punkten wäre der DAX im historischen Vergleich weder billig noch teuer, gemessen an den Renditen aber nach wie vor günstig.
Geopolitik bleibt größtes Risiko
Das größte Risiko für die Märkte bleibt damit eine weitere Eskalation im Nahen Osten. Sollte Israel die iranischen Ölanlagen attackieren und der Iran im Gegenzug die Straße von Hormuz sperren, könnte der Ölpreis schnell über 100 Dollar je Barrel steigen. Das Weltwirtschaftswachstum könnte dann in diesem Jahr um 0,4 Prozentpunkt gedrückt werden, wie es in Schätzungen heißt.
Aus technischer Sicht bleibt die Lage aussichtsreich: Nachdem die ehemalige Ausbruchszone zwischen 19.000 und 18.800 in den vergangenen Tagen Pull-Back-Versuchen standgehalten hat, ist sie nun zur Unterstützungszone geworden. Auf der Oberseite wäre ein neues High über 19.500 ein Signal für eine Fortsetzung der Rally.
Auf der Makroseite steht neben der Entwicklung in China und der EZB der Konjunkturindex der Notenbankfiliale in Philadelphia im Blick. Der so genannte Philly-Fed wird am Donnerstag veröffentlicht. Dann stehen auch neue Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen auf der Agenda.
Bei den Unternehmen nimmt die Berichtssaison auch in Europa Fahrt auf, am Dienstag mit den Zahlen des Redcare-Konkurrenten Docmorris, von Rio Tinto und von Ericsson. Am Mittwoch stehen die Zahlen von ASML und von Just Eat Takeaway im Blick, am Donnerstag berichten unter anderem Sartorius, Nestle, Essilor-Luxottica, Nokia und ABB. In den USA legen neben weiteren Großbanken auch Johnson & Johnson sowie Procter & Gamble ihre Zahlen auf den Tisch.
DJG/hru/cln
-0-
(MORE TO FOLLOW) Dow Jones Newswires
October 11, 2024 05:04 ET (09:04 GMT)
Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.